Buxtehude. Die Gründe für die Aufgaben unterscheiden sich. Und doch dürften beide Schließungen beispielhaft für deutsche Innenstädte sein.

Altländer Filigranschmuck, handgemachte Orden für die Schützenvereine, Schmuck für die Gattin oder auch der silberne Löffel zur Taufe – seit mehr als 170 Jahren schon ist dafür Goldschmied Brunckhorst in der Buxtehuder Altstadt eine der ersten Adressen in der Region.

Sechs Goldschmiede arbeiteten dort zuletzt in der eigenen Werkstatt, ein Uhrmacher kümmerte sich um den anderen Zweig des Juwelier-Geschäfts. Doch damit ist zum 31. Januar Schluss, bis dahin läuft bereits ein großer Räumungsverkauf.

Goldschmied in Buxtehude schließt aus Mangel an Nachfolge

Das Buxtehuder Traditionsgeschäft und zweitälteste der Stadt schließt dann endgültig: „Wir haben einfach keinen Nachfolger gefunden“, sagt Elke Brunckhorst-Päper, die das Familienunternehmen in fünfter Generation mit Unterstützung ihres Mannes Rainer Päper führt.

Das Paar hat keine Kinder, aus dem Mitarbeiterkreis gab es kein Interesse an der Übernahme und auch sonst habe sich niemand gefunden. Sie sei aber mittlerweile 64 Jahre alt, ihr Mann 67. „Und da wollen wir jetzt einfach in Rente gehen, reisen, Zeit für uns haben nach so vielen Jahren der Selbstständigkeit“, sagt Elke Brunckhorst-Päper, die ihre Ausbildung bei Uhren-Becker in Hamburg absolviert hat und sich in Idar-Oberstein zur Diamant- und Edelstein-Gutachterin ausbilden ließ.

„Früher gab es zur Silberhochzeit ein Collier, heute eine Kreuzfahrt“

Aber gerade Schmuck habe nicht mehr so den Stellenwert wie früher, vermutet sie. „Früher schenkte man der Frau zur Silberhochzeit ein Collier, heute eine Kreuzfahrt mit Aida.“

Und auch das klassische Einzelhandelsgeschäft sei nicht mehr so leicht, was die Nachfolgesuche wohl auch erschwert habe. Mit Corona habe der Entschluss zur Schließung indes nichts zu tun, die Pandemie habe die Sache allenfalls etwas beschleunigt, sagt sie.

"Paulsen Männermode" startet Räumungsverkauf

Ein paar Kilometer weiter im kleinen Neugrabener Geschäftszentrum befindet sich unterdessen ebenfalls ein alteingesessenes Geschäft der Region im Räumungsverkauf. Seit nun fast 40 Jahren schon gibt es dort bei „Paulsen Männermode“ Herrenbekleidung verschiedener Marken.

Wer im Stadtteil einen neuen Anzug brauchte, ging meist hier hin. „Wir sehen in Neugraben aber keine Perspektive mehr“, sagt Geschäftsführer Frank Laporte. Viele andere Bekleidungsgeschäfte seien schon verschwunden, stattdessen immer mehr Bäcker und Friseure gekommen, der frühere Mix fehle einfach.

Das Männermodegeschäft Paulsen an der Neugrabener Marktpassage im Räumungsverkauf.
Das Männermodegeschäft Paulsen an der Neugrabener Marktpassage im Räumungsverkauf. © AT | Axel Tiedemann

„Wir fühlen uns als Überbleibsel einer anderen Zeit“, so Laporte. Doch hohe Mietforderungen und schließlich Corona hätten den Entschluss zur Aufgabe endgültig besiegelt. Gerade als die Sommerkollektion gekommen war, musste das Geschäft fünf Wochen in den Lockdown.

Und auch danach lief es nur noch schleppend. „Heute sitzen alle im Homeoffice, da werden keine Anzüge mehr gekauft“, sagt Laporte. Noch bis Februar etwa laufe der Räumungsverkauf, dann ist Schluss. Laporte: „Ich falle aber weich, bin eigentlich schon in der Rente.“

Buxtehuder Altstadtverein plant „lokales Google“

Nun mögen die Altstadt Buxtehude und das in den 60er und 70er Jahren gebaute Neugrabener Zentrum auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Auch die Gründe der Geschäftsaufgaben unterscheiden sich in Details. Und doch dürften beide Schließungen gerade beispielhaft für deutsche Innenstädte sein, die sich immer stärker einer Online-Konkurrenz ausgesetzt sehen.

Schon vor Corona zeichneten sich Probleme des Einzelhandels ab, die Pandemie hat diese Entwicklung teilweise nur verstärkt. Allein in den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl der Standorte im deutschen Einzelhandel um rund 29.000 zurückgegangen, heißt es beispielsweise in einem Positionspapier des Deutschen Handelsverbands. Die Probleme der Händler könnten dabei ganze Innenstädte ins Wanken bringen.

Mit Sorge beobachtet daher auch der Altstadtverein in Buxtehude die Entwicklung, wie Vereinsvorstand Robert Kamprad sagt. Mit Goldschmied Brunckhorst schließt dort eben nun schon in jüngerer Zeit das dritte mehr als 100 Jahre alte Geschäft. Wo früher 160 Jahre lang bei Rulffs „Stahlwaren und Waffen“ verkauft wurden, sitzt nun eine überregionale Maklerkette.

280 Jahre alte Apotheke ist heute ein Brillen-Discounter

Und die gut 280 Jahre alte Rats- und Einhorn-Apotheke ist heute ein Brillen-Discounter. Wer nun in die Räume der 1848 gegründeten Goldschmiede Brunckhorst zieht, ist indes noch offen.

Mit dem Verschwinden solcher alteingesessener Läden verliere eine Innenstadt aber das eigenständige Erscheinungsbild, befürchtet auch Kamprad. Vor allem wenn vielfach die üblichen Ketten die Ladengeschäfte übernehmen. Um gerade mit Blick auf den Online-Handel etwas gegenzusteuern, plant der Altstadtverein daher derzeit ein ganz neues Projekt. So soll für den Buxtehuder Einzelhandel eine eigene Internet-Plattform geschaffen werden, damit Kunden zwar online, aber auch regional einkaufen könnten.

„Eine Art Google nur für Buxtehude“, so Kamprad. Noch stecke das Projekt allerdings in der Entwicklungsphase: „Aber wir sind auf dem Weg.“