Landkreis Harburg/Harburg. Tierheim, Tafel, Hospiz und Harburg-Huus verzeichnen Spendeneinbrüche. Doch es gibt auch Gewinner in der Krise.
Donnerstags ist es besonders schlimm. Dann kommen inzwischen fast ein Viertel mehr Kunden zur Tafel Harburg, als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Mehr als 100 Bedürftige sind es dann, die nicht genug zu essen haben, von Sozialhilfe leben und daher auf die Lebensmittelspenden angewiesen sind. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiter ist dieser Ansturm eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Doch viel belastender noch ist die Tatsache, dass mit Corona die Spendengelder massiv zurückgegangen sind. „Wir sind momentan selbst auf kleinste Beträge angewiesen“, sagt die zweite Vorsitzende des Vereins Carmen Wildeisen.
So wie der Tafel Harburg, die täglich mit ihren Lieferwagen Lebensmittelspenden von Händlern einsammelt und an den zentralen Ausgabestellen in Harburg, Buchholz, Winsen und Neuwie-denthal verteilt, geht es vielen Organisationen in Harburg und Umland, deren Arbeit durch Spenden finanziert wird. Soziale Einrichtungen und Hilfsorganisationen klagen über massive finanzielle Einbrüche.
Der Grund: In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit wird einerseits weniger gespendet, andererseits sind potenzielle Spender auch schwieriger zu erreichen. Denn die für die Spendenakquise wichtigen Veranstaltungen wie Tage der offenen Tür, Sommerfest und Weihnachtsbasar fallen in diesem Jahr aus. Sämtliche Benefizveranstaltungen sind abgesagt. Und auch die Präsentation der eigenen Arbeit bei den Wohltätigkeitsclubs im Hamburger Süden findet coronabedingt nicht statt.
Kleinere Beerdigungsfeiern, weniger Spenden
Von Spendenrückgängen betroffen sind unter anderem die Einrichtungen des DRK-Kreisverbandes Harburg wie die Obdachlosenunterkunft Harburg-Huus, der DRK-Kinderteller in Neuwiedenthal und das Hospiz für Hamburgs Süden. „Das Spendenaufkommen ist insgesamt geringer ausgefallen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres“, sagt Vorstand Harald Krüger. „Für eine Einrichtung wie das Harburg-Huus, die ausschließlich über Spenden und Zuwendungen finanziert wird, ist das eine sehr schwierige Situation. Es fehlen die Direktkontakte und Einnahmen aus der Spendendose.“
Auch die Hospize in Harburg und Buchholz haben finanziell zu kämpfen. „Von Januar bis heute sind die Spenden im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um einen fünfstelligen Betrag zurückgegangen“, sagt Britta True, Leiterin des DRK-Hospiz‘ für Hamburgs Süden. „Das ist zu einem guten Teil auf einen Rückgang der Kondolenzspenden zurückzuführen, weil Beerdigungen in kleinerem Rahmen stattfinden.“
Im Hospiz Nordheide sorgt der Wegfall anlassbezogener Spenden wie Kranzspenden, Spenden von Hochzeiten, Geburtstagen und Jubiläen für einen Rückgang von 25 Prozent. Das sind rund 35.000 Euro, die der Einrichtung damit fehlen. Die Folge: Besondere Therapieangebote müssen gestrichen werden. Und auch beim Neubau muss gespart werden. „Die geplanten Sonderausstattungen fallen weg“, sagt Geschäftsführer Peter Johannsen.
Das Tierheim Buchholz, das vor allem in den Sommermonaten mit seinen öffentlichen Veranstaltungen Spender gewinnt, beklagt einen Spendeneinbruch von rund 50 Prozent. „Wichtige Feiern wie unser Kinder- oder das Sommerfest mussten wir absagen“, sagt Leiterin Melanie Neumann. „Und auch der Weihnachtsbasar wird wohl nicht stattfinden.“ Weil aber auch die Spendendosen in den Geschäften leer bleiben, hat Melanie Neumann jetzt Spendenaufrufe gestartet, die gezielt die Unterstützung einzelner Tiere oder dringende Anschaffungen im Fokus haben. Offenbar mit Erfolg. „Wenn die Leute genau wissen, wofür sie spenden, fällt es ihnen leichter“, sagt sie. „Vor kurzem haben wir dazu aufgerufen, Katzenspielzeug zu spenden. Die Resonanz war großartig.“
Auch das DRK-Harburg-Huus sucht neue Wege, um die Finanzierung zu sichern. „Wir haben 10.000 Euro von der Initiative #WeKickCorona bekommen, einer Spendenaktion, die aus einer Initiative der Profifußballer Leon Goretzka und Joshua Kimmich hervorgegangen ist“, sagt Leiter Torben Goebel-Hansen. Darüber hinaus versuche man gezielt Stiftungen, Initiativen und Firmen auf die Unterstützung in Corona-Zeiten anzusprechen.
Carmen Wildeisen von der Tafel Harburg e.V. sieht aber nicht nur private Spender, sondern auch die Stadt in der Pflicht. „Die Arbeit der Tafel wird in Hamburg zu wenig anerkannt“, sagt die zweite Vorsitzende. „Unser Angebot ist für die Menschen in dieser Stadt sehr wichtig, nicht nur, um günstig Lebensmittel zu bekommen, sondern auch als sozialer Treffpunkt. Um das zu erhalten, brauchen wir auch politisch mehr Unterstützung.“
Bedeutung ehrenamtlicher Projekte wird anerkannt
Doch es gibt auch Gewinner in der Krise. Einer davon ist der Regionalverband Harburg der Johanniter-Unfall-Hilfe. „Die Pandemielage hat die Spendenbereitschaft sogar leicht erhöht“, sagt Sprecherin Berenike Matern. „Die Menschen reagieren auf die neue Situation im eigenen Land und erkennen die Bedeutung ehrenamtlicher Projekte wie Nachbarschaftshilfe oder Seniorenbesuchsdienste an.“ Ehrenamtliche Angebote wie der Kriseninterventionsdienst, der trauernde Menschen begleitet, die einen Angehörigen verloren haben, konnten mit einem angepassten Hygienekonzept weiterhin einsatzfähig bleiben. „In Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz der Johanniter wurde das hierfür erforderliche Schutzmaterial bereitgestellt“, sagt Berenike Matern. „So konnten die Ehrenamtlichen auch Menschen begleiten, bei deren Angehörigen Corona als mögliche Ursache im Raum stand.“
Über eine Zunahme der Spenden freut sich auch das Löwenhaus in Harburg. Die Einrichtung des ASB Ortsverbandes Harburg kümmert sich um Kinder und Jugendliche im Phoenix-Viertel , die durch ihre Familien nicht ausreichend unterstützt werden. Als klar war, dass die Kinder und Jugendlichen nicht mehr ins Löwenhaus kommen durften, entwickelte die Einrichtung mit Unterstützung einer Hamburger Firma eine digitale Plattform, damit die Löwenhauskinder ihre Zeit zu Hause sinnvoll gestalten können. Ein Pilotprojekt, das auch viele Spender überzeugte. „Die Spendensituation hat sich richtig gut entwickelt“, sagt Leiterin Houda Mbarek. „Aber wir haben dafür auch irre viel getan.“
Einfach mitmachen!
Die Tafel Harburg e.V. wird aktuell an allen vier Standorten von 120 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt. Sitz der Harburger Dependance ist in der Buxtehuder Straße 31.
Die Einrichtung, die Lebensmittelspenden von Händlern an Bedürftige weitergibt, sucht dringend Verstärkung.
Ob als Fahrer, in der Warenausgabe, im Lager, in der Verwaltung, als externer Berater, bei der Organisation von Veranstaltungen, als Dolmetscher für Geflüchtete oder bei der Gestaltung von Informationsmaterial: Die Möglichkeiten, ehrenamtlich bei den Tafeln mitzumachen, sind vielfältig.
Mitmachen kann jeder, ohne besondere Vorkenntnisse. Die Mitarbeiter bestimmen selbst, was und in welchem Umfang sie sich einbringen.
Die Tafel-Akademie schult darüber hinaus regelmäßig Ehrenamtliche und bildet sie weiter.
Interessenten können sich an die Tafel Harburg e.V., Telefon 040/77 11 08 97 wenden. Weitere Informationen gibt es im Internet unter der Adresse www.tafel-harburg.de