Neuenfelde. Dass die Werft auch in Zukunft in Neuenfelde produzieren wird, ist keinesfalls gesichert. Viel hängt am Schlick in Elbe und Este.

Als die Pella-Sietas-Werft vor drei Wochen ankündigte, die insolvente Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) übernehmen zu wollen, klingelten bei den Anliegern im Alten Land die Alarmglocken: In der Mitteilung hieß es nämlich auch, dass Pella Sietas in Flensburg den Vorteil sähe, permanenten Wasserzugang zu haben. Am Stamm-Standort in Neuenfelde hat sie das nämlich nicht. Das Werftbecken in der Estemündung muss für jeden Stapellauf aufwändig ausgebaggert werden.

Wirtschaftssenator schlägt anderen Standort in Hamburg vor

Prompt meldete sich Wirtschaftssenator Michael Westhagemann: Die Sietas-Arbeitsplätze müssten in Hamburg bleiben, sagte er. Vom Standort Neuenfelde sprach allerdings auch er nicht: Er schlug vor, dass Sietas brach liegende Kapazitäten von Blohm und Voss in Steinwerder nutzen sollte. Politiker und Bürger im Alten Land hingegen fordern: Die Werft muss in Neuenfelde bleiben, wo sie seit 365 Jahren ihren Standort hat. Um das zu ermöglichen, soll die Stadt Hamburg die Estemündung regelmäßig ausbaggern. Die Stadt fühlt sich hierfür jedoch nicht zuständig. „Nach Auffassung der örtlichen Bürgerschaft hat die Werft mit ihrer Leistungsfähigkeit sowie ihren strategischen Programmen deutlich gemacht, dass sie zukunftsfähiges Schiffsbaupotenzial besitzt“, sagt Manfred Hoffmann, Sprecher der Bürgervertretung Francop-Neuenfelde-Cranz. „Und all das spricht eindeutig für den Werftstandort Neuenfelde.

Verschlickung für die gesamte Este ein Problem

Die Verschlickung der Este ist nicht nur für die Werft ein Problem. Bis Buxtehude ist der Elbzufluss eine Bundeswasserstraße, aber oft können weder Fracht- noch Freizeitschiffer den Fluss befahren. Auch die HADAG-Fähre zwischen Cranz und Blankenese muss häufig passen und fährt entweder nur bis zum Anleger Neuenfelde, der vor dem Sperrwerk liegt, oder wird gar nach Finkenwerder umgeleitet, wenn auch in der Außeneste das Fahrwasser zu flach ist. Die Hafenbehörde Hamburg Port Authority sieht sich lediglich dafür verantwortlich, das Sperrwerk an der Este-Mündung von Sedimenten frei zu halten. Alle weitere flussaufwärts gelegenen Baggerarbeiten habe die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes vorzunehmen.

Werft will Standort ohne Schlickprobleme

Kam es allerdings wirklich darauf an, die Auslieferung eines Schiffes zu ermöglichen, war es in der Vergangenheit meist die HPA, die half. Darum musste die Werft aber auch immer lange bitten. Deshalb macht sich Werft-Geschäftsführerin Natalia Dean auch ohne, dass der FSG-Kauf in trockenen Tüchern ist, ernsthafte Standortgedanken. „Wir sind eine Werft“, sagt sie. „Wo wir produzieren, brauchen wir Wasser und keinen Schlick! Wenn uns Wasserzugang garantiert werden kann, behalten wir den Standort Neuenfelde gerne. Sonst brauchen wir Alternativen!“

Gerade stellt die Werft ein Baggerschiff für den Bund fertig. Das Schwimmdock mit dem Spezialschiff könnte derzeit nicht im Werftbecken abgesenkt werden. Das Schiff soll im Dock aus der Este geschleppt und dann im Hamburger Hafen zu Wasser gelassen werden. Allein dafür muss schon wieder gebaggert werden.

Rund 600 Arbeitsplätze sind betroffen

Es sind nicht nur die 350 Stamm-Arbeitsplätze, die von einer Verlagerung betroffen wären. Etwa 150 Leiharbeitnehmer kommen hinzu und in Hochzeiten mit weiteren Leihkräften sowie Monteuren von Fremdfirmen sind bis zu 600 Menschen bei Pella Sietas in Arbeit. Außerdem hat die Werft Untermieter, die stark auf die Nachbarschaft der Werft angewiesen sind; beispielsweise die „Este Project Service“ in den ehemaligen Hallen der einstigen Sietas-Tocher Norddeutsche Maschinenfabrik (NMF). „Unseren letzten großen Auftrag, ein schwimmendes Kraftwerk, das wir mit und für Siemens montiert haben, konnten wir nur in enger Zusammenarbeit mit der Werft bewältigen“, sagt Geschäftsführer Habbo Stark.

Die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek setzt sich dafür ein, dass Hamburg sich für seinen Teil der Este wieder verantwortlich sieht und handelt: „Wir brauchen ein nachhaltiges Sedimentmanagement im Mühlenberger Loch, der Estemündung und am Estesperrwerk zur Sicherung des Hochwasserschutzes für den Südwesten Hamburgs“, sagt sie, „der Schiffsverkehr auf der Este muss erhalten bleiben und der Fährverkehr der Fähre Cranz-Blankenese muss zuverlässig möglich sein!“

Was wird aus der Fährverbindung?

Schittek ist im engen Austausch mit der Werft auf der einen und der Stadt auf der anderen Seite. „Ich sehe die Freie und Hansestadt Hamburg in der Verantwortung, etwas gegen den Schlick in der Este zu unternehmen“, sagt sie, „denn meines Erachtens liegt es an Maßnahmen der Wirtschaftsbehörde, dass wir das Schlickproblem überhaupt haben. Da ist zum Beispiel die Zuschüttung von Teilen des Mühlenberger Lochs für die Airbus-Erweiterung und da ist das Phänomen, dass durch die Elbvertiefung mehr Sedimente mit den Gezeiten in die Hamburger Gewässer gepumpt werden.“

Ob sie damit bei der Wirtschaftsbehörde schnell etwas wird, ist fraglich: Zum einen hatte Wirtschaftssenator Westhagemann ohnehin schon den Sietas-Umzug nach Steinwerder vorgeschlagen, zum anderen „warten wir erst einmal ab, ob Sietas beim Kauf der FSG zum Zug kommt“, sagt Behördensprecher Christian Füldner.

Eine Stellungnahme des Wasser- und Schifffahrtsamts ist angefragt, sie lag aber bis Redaktionsschluss noch nicht vor.