LandkreIs Harburg. Schulentwicklung: Gymnasien und Gesamtschulen sind klar im Trend. Neues Angebot für Berufsschulen wird empfohlen.
Der Landkreis Harburg muss für die weiterführenden Schulen in den kommenden Jahren rund 4000 Plätze schaffen. Sie sollen vor allem für Gymnasiasten und Gesamtschüler eingerichtet werden. Das ist die wichtigste Erkenntnis von Wolf Krämer-Mandeau, dem Autor der Studie zum Kreis-Schulentwicklungsplan. Der ausgebildete Lehrer und Gutachter wies am Mittwoch in Hittfeld zum zweiten Mal auf die Herausforderungen hin, die sich für den Kreis aus der von April bis November 2019 erstellten Studie ergeben. Die Entscheidungen der Politik soll nun eine Arbeitsgruppe vorbereiten, die im Kreis-Schulausschuss mit Mehrheit getroffen wurde. Eine für Ende April geplante Sondersitzung des Ausschusses war durch die Corona-Krise ausgefallen.
Der Trend zu Gymnasien und Gesamtschulen bliebt im Landkreis ungebrochen. „Der Anteil der neun Gymnasien an allen Schülern liegt derzeit bei 45 Prozent und geht in Richtung 50 Prozent“, sagte der Experte, Inhaber des Bonner Gutachterbüros Biregio. Beide Schulformen würden zudem bis zur zehnten Klasse kaum mehr Schüler aufgrund nicht ausreichender Leistungen an andere Schultypen verlieren. In die Oberstufen der Gesamtschulen drängten zudem Schüler, die zuvor andere Schulen absolviert hätten. Die andere Seite des Trends ist ebenso deutlich: „Es gibt klare Entscheidungen der Eltern weg von den Oberschulen, die mit der zehnten Klasse abschließen.“
Für die Zukunft wären flächendeckend vier neue Integrierte Gesamtschulen (IGS) möglich, deren Standorte in Neu Wulmstorf/Rosengarten, Tostedt, Jesteburg/Hanstedt und für die Elbmarsch angesiedelt werden könnten. Es könnten aber auch zwei IGS und zwei Gymnasien entstehen. „Natürlich wären auch Ausbauten an bestehenden Schulen möglich. Dies würde jedoch dazu führen, dass für viele Baustellen geplant und dort später auch gebaut werden müsste“, sagte Krämer-Mandeau.
Auch andere Schulformen sollten sich stärker mit Inklusion befassen
Für die beste Lösung hält er jedoch, auf die Räume der Oberschulen zurückzugreifen, deren Anteil binnen sechs Jahren von 27 auf 21 Prozent aller Schüler zurückgegangen ist. „Diese Schulen für Gymnasien und Gesamtschulen weiter zu entwickeln und so vorhandene Räume zu nutzen, wäre erheblich günstiger als neu zu bauen.“ Ein Vorschlag, den auch Kreis-Finanzchef Kai Uffelmann zur Kenntnis nahm, der mit an den im Großen Saal der Burg Seevetal auf Abstand gestellten Tischen saß.
Für die Oberschulen warnte Krämer-Mandeau davor, dort immer mehr Schüler mit anerkanntem Förderbedarf aufzunehmen. „Dann würde aus der Regelschule eine Förderschule.“ Vielmehr sollten sich auch die anderen Schulformen stärker mit der Inklusion befassen.
Die Berufsbildenden Schulen in Winsen und Buchholz werden derzeit im Vergleich zur Bevölkerung im Landkreis unterproportional genutzt. Zwar rechnet Krämer-Mandeau für die kommenden zwei Jahre als Folge der Corona-Krise mit einer sinkenden Ausbildungsbereitschaft. Dennoch sollte das Angebot ausgeweitet und so attraktiver werden. Sein Vorschlag: Eine berufliches Gymnasium Informationstechnik oder Mechatronik mit zwei Parallelklassen einzurichten.
Schulen sollen für Schüler, Lehrer und Eltern attraktiv sein
Für die Schulen sollen nach Auffassung von Hans-Heinrich Aldag, Gruppenvorsitzender von CDU und Wählergemeinschaft im Kreistag, vor allem vier gleichberechtigte Ziele erreicht werden. „Die Schulen sollen für Schüler, Lehrer und Eltern attraktiv sein. In jeder Samt- Einheitsgemeinde oder Stadt soll es weiterführende Angebote geben. Die Inklusion muss gewährleistet und die Kosten im Auge behalten werden.“
Um diese Ziele zu erreichen, wird nun eine 21-köpfige Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie soll mit einem externen Moderator bis Ende Oktober ihre Schlüsse aus der Studie ziehen und möglicherweise eine Umfrage bei den Eltern in Auftrag geben. Über die Ergebnisse soll der Kreistag vor Weihnachten beschließen.
Die Entscheidung fiel mit Mehrheit, weil Elisabeth Meinhold-Engbers (Grüne) beantragte, CDU und SPD wie alle anderen Parteien nur mit einen statt wie vorgesehen mit zwei Sitzen auszustatten. Nach einem Hinweis von Aldag, dass die Arbeitsgruppe auch die Mehrheitsverhältnisse widerspiegeln müsse, blieb es bei zwei Sitzen für CDU und SPD und damit beim Vorschlag der Verwaltung.
Das empfohlene Ausbauprogramm ist nach Auffassung des Bonner Gutachters auch durch den erwarteten Zuzug in den Landkreis realistisch. „Unter den Menschen, die sich für einen Umzug entscheiden sind viele junge Familien“, sagte Krämer-Mandeau. Durch sie werde die Zahl der Grundschüler wieder von derzeit 9300 auf mehr als 10.000 steigen. Nach seiner Erfahrungen schätzen gerade mobile Familien ihren Nachwuchs als lernwillig ein. „Die Kinder sollen daher später natürlich auf ein Gymnasium.“
Schulentwicklung für 21.000 Schüler
Mit der Schulentwicklungsplanung wollen Schulträger wie hier der Landkreis Harburg eine bedarfsgerechte Entwicklung der Angebote aufstellen. Solche Planungsaufgaben haben ihre Rechtsgrundlage in den Landesgesetzen. Schulentwicklungspläne erlangen durch Gemeindevertretungen oder Kreistage ihre Rechtskraft. Ziel ist es, die erforderlichen Gebäude und Sachmittel rechtzeitig bereit zu stellen.
An den weiterführenden Schulen in Trägerschaft des Kreises lernen derzeit 21.000 Schüler. An den Grundschulen sind es 9300, an zwei Oberschulen der Städte Winsen und Buchholz knapp 700.