Jesteburg. Raus in die Natur – das Abendblatt stellt in der Serie „Wege, um Ruhe zu finden“ Wanderrunden vor. Heute: Der Märchenwanderweg im Klecker Wald.
Dreieinhalb Kilometer können für kurze Kinderbeine schon eine ganz schön lange Strecke sein. Und oft bedarf es großer Überredungskunst seitens der Eltern, um den Nachwuchs zum Spaziergang zu bewegen. Beim Märchenwanderweg ist das anders. Hier machen die Kleinen den Großen Druck, weil sie raus wollen, in den Wald, zu den Elfen, Zwergen und Kobolden. Diese leben glücklicherweise nur einen Steinwurf entfernt im Landkreis Harburg im Klecker Wald. Dort erzählen sie den Besuchern Kilometer um Kilometer ihre Geschichte, während sich der Weg bergauf, bergab zwischen idyllischen alten Bäumen des Mischwaldes schlängelt, vorbei an Farnen und Moosen, in denen sich Feen und Elfen zauberhaft begegnen.
Der Weg folgt einer Geschichte
Das Märchen, das diesen Wald zu einem ganz besonderen Ausflugsziel macht, handelt vom Trickser, der den Zauberstab eines Dorfes zerstört und damit einen Streit zwischen den Elfen, Zwergen und den Kobolden ausgelöst hat, die bisher einträchtig zusammenlebten. Drei Freunde, die Elfe Pinki, der Zwerg Zipfel und der Kobold Keril machen sich auf den Weg, einen neuen Zauberstab zu finden. Dazu müssen sie allerdings im Wald etliche Abenteuer bestehen – und der Spaziergänger am besten gleich mit.
Start ist am Lohhof in Jesteburg
Schon am Start des Abenteuers am Lohhof (Hauptstraße 24, Jesteburg) warten die ersten Märchenfiguren auf die Besucher. Doch wer ihre Geschichte von Anfang an verstehen will, sollte sich vorab mit dem zugehörigen Märchenbuch eindecken. Das gibt es zum Beispiel nebenan im Hofcafé, bei der Tourismuszentrale Jesteburg oder in den Büchereien der Region. Neben der Lektüre, die gar nicht erst im Rucksack verstaut werden sollte, da alle paar hundert Meter ein neues Kapitel aufgeschlagen werden muss, empfiehlt sich reichlich Proviant als Wegzehrung. Denn Wandern macht bekanntlich hungrig. Und es gibt jede Menge Bänke und Baumstümpfe, die zur Rast unter Laubbäumen einladen sowie einen Picknickplatz an den uralten, verwunschenen Fischteichen, in denen auch ein goldener Karpfen mit seinen Freunden wohnt.
Die Kinder übernehmen die Regie
Das Gute an dieser Wanderung ist, dass die Kleinen die Regie von Anfang an übernehmen. Zwar gibt es einen Wegeplan am Eingang des Märchenwanderwegs. Doch viel mehr Spaß macht es, wenn die kleinen Besucher die Route auf eigene Faust erkunden. Immer wieder weisen kleine Schilder mit zerbrochenen Zauberstäben den Weg zur nächsten Märchenstation, bei der es dann heißt: vorlesen, entdecken, klettern und kleine Mutproben bestehen. 15 interaktive Stationen zum Mitmachen und fünf Kletter- und Balancestationen müssen auf der rund drei Kilometer langen Strecke erschlossen werden.
Wundersame Schnitzereien in den Bäumen
Unterwegs begegnet der Wanderer immer wieder einzelnen Figuren und Teilen der Geschichte. An jeder Station wird ein neues Kapital gelesen und Aufgaben müssen gelöst werden, die nicht nur die kleinen Spaziergänger vor Herausforderungen stellen. Überall im Wald verstecken sich überdimensional hohe Pilzköpfe, die verwunschen aus dem Boden herauslugen. In den Bäumen hängen wundersame Schnitzereien und an den Wegen warten die Märchenfiguren, angefangen bei der weisen Schlange, die den Zwergen und Kobolden verrät, wie sie an einen neuen Zauberstab kommen können. Sieben Zutaten müssen sie finden und etliche Abenteuer bestehen.
Den Weg gibt es seit zwölf Jahren
Eingeweiht wurde der Märchenwanderweg vor zwölf Jahren. Damals hatte der Lionsclub Buchholz-Nordheide einen Wettbewerb ausgeschriebenen für ein Märchen das für einen Märchenwanderweg umgesetzt werden sollte. Ausgewählt wurde die Idee von Schülern der Klasse 6a der Realschule Hamburg - Neu Wulmstorf. Die Idee war: „Kinder weg vom PC in die Natur“ und „Familien mit kleinen Kindern (5 – 12 Jahre) die Verbindung von Bewegung an der frischen Luft mit altersgerechter Lektüre zu ermöglichen“. Mit viel Engagement und Spenden wurde der Märchenwanderweg schließlich ins Leben gerufen. Figuren wurden gestaltet und aufgebaut, das Märchenbuch illustriert und gedruckt. Es wird erzählt, dass seitdem der ein oder andere Besucher den „Trickser“ tatsächlich im Klecker Wald gesichtet hat.
Am Ende warten Kuchen und Limonade
Die Wanderung verläuft einmal im Uhrzeigersinn, vorbei an den hölzernen Märchenfiguren wie dem weißen Einhorn, dem Frosch mit der Münze und Coco, dem Eichhörnchen. Am Ende geht es, gewappnet mit allen Zutaten für den neuen Zauberstab, zurück in ein glückliches Dorf. Dort warten bereits die freilaufenden Hühner neben den alten Hofgebäuden. Im restaurierten Speicher gibt es frisch gebackenen Kuchen und eine kühle Limonade. Und wer nach dieser Märchenstunde an frischer Luft Zuhause weiterzaubern möchte, macht eben noch einen Abstecher nach Jesteburg. Dort gibt es in der Hauptstraße 24 Souvenirs zum Weg, darunter einen richtigen Zauberstab.
Länge: 3,2 Kilometer. Eine Stunde reine Gehzeit. Mit Vorlesen und Erkunden der Stationen dauert die Wanderung etwa zwei Stunden.
Charakter: Die Route verläuft durch den Klecker Wald mit seinen eiszeitlichen Reliefs und alten Buchen und Eichen. Der Aufstieg zum höchsten Punkt der Wanderung beträgt 59 Meter. Die Sandwege sind die gut begehbar, allerdings bedarf es einen geländegängigen Kinderwagen oder Bollerwagen, sollte der Nachwuchs eine Pause brauchen.
Anfahrt: Der Parkplatz zum Märchenwanderweg liegt direkt an der L 213 zwischen Bendestorf und Jesteburg. Angaben für das Navi: Lohof 1, 21266 Jesteburg. Von Hamburg-Harburg fahrt Ihr mit dem HVV-Bus 4148, Haltestelle „Lohhof“