Fischbek . Handball-Oberliga-Mannschaft schickt Trainer Marius Kabuse und Teammanager Jens Kabuse – Marius’ Vater – auf das Abstellgleis
Es ist ein Szenario, das in dieser Form unvorstellbar war: Die Handballer des TV Fischbek bestreiten ein Heimspiel in der Arena Süderelbe, und weder Jens Kabuse noch sein Sohn Marius Kabuse sind in verantwortlicher Position involviert. Genau an dieses Bild wird man sich gewöhnen müssen. „Die erste Herrenmannschaft des TV Fischbek trennt sich mit sofortiger Wirkung von Trainer Marius Kabuse und dem langjährigen Teammanager Jens Kabuse“, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.
Der Wunsch nach personeller Veränderung sei aus dem Kreise der Mannschaft an die Abteilungsleitung herangetragen worden, berichtet deren Leiter Torsten Wulf. „Es gab zahlreiche Sitzungen. Wir haben uns mit einer Entscheidung sehr schwer getan, sind aber schließlich dem Wunsch der Mannschaft nach frischen Impulsen gefolgt“, so Wulf, der betonte, dass sich die Spieler geschlossen für eine Veränderung ausgesprochen hätten.
„Diese Einigkeit macht uns Mut, die kommenden Aufgaben und Herausforderungen voller Elan und Zuversicht angehen zu können“, so Abteilungsleiter Wulf. Vater und Sohn Kabuse wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Ohne dass sie die Möglichkeit hatten, noch mit der Mannschaft zu diskutieren, wurde ihnen die Entscheidung über die Trennung verkündet.
Meinungsverschiedenheiten über die Spielklasse
Vordergründig ist es zwischen den Spielern auf der einen sowie Jens und Marius Kabuse auf der anderen Seite zu Meinungsverschiedenheiten über die Spielklasse der kommenden Saison gekommen. Die Fischbeker Handballer gelten als Fahrstuhlmannschaft. Praktisch im jährlichen Wechsel folgte dem Aufstieg in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein der Wiederabstieg in die Hamburg-Liga. Im Sommer 2019 gelang unter Leitung von Trainer Marius Kabuse die Meisterschaft in der Hamburg-Liga und der Aufstieg in die Oberliga.
„Der Gewinn dieser Hamburger Meisterschaft wird in der Geschichte des TV Fischbek besonders in Erinnerung bleiben“, ist in einer Pressemitteilung zu lesen. In der aktuellen Oberligasaison war Fischbek als Tabellenletzter dem Abstieg geweiht. Doch nach dem coronabedingten Saisonabbruch entschied der Verband, dass es keine Absteiger geben wird. Der TV Fischbek hatte plötzlich die Wahl, in der neuen Saison 2020/2021 weiter in der Oberliga oder eine Klasse tiefer in der Hamburg-Liga anzutreten.
Jens und Marius Kabuse waren für die niedrigere Klasse, zumindest die älteren Akteure wollten weiter in der Oberliga spielen. „Wir wollten lieber runter gehen und mit jüngeren Spielern eine neue Mannschaft aufbauen. Das geht in der Hamburg-Liga besser“, sagte Jens Kabuse. Neben der personellen Situation spielt aus seiner Sicht auch die finanzielle Komponente eine zentrale Rolle. Für eine Oberligasaison kalkulierte der 60-Jährige mit einem Etat im unteren fünfstelligen Euro-Bereich.
Spieler erhalten kein Salär
Größter Posten sind Fahrtkosten zu Auswärtsspielen, Spieler erhalten kein Salär. Diesen Etat sieht Teammanager Kabuse nach dem Shutdown der vergangenen Wochen und den wirtschaftlichen Problemen der vielen kleinen Unternehmen im TVF-Sponsorenpool als nicht realisierbar an. „Ich halte es für Wahnsinn, in dieser Zeit Gelder für ein Engagement im Sport einwerben zu wollen“, sagte Jens Kabuse.
Das ist nun nicht mehr seine Aufgabe. „Ich habe mir in all den Jahren ein Netzwerk und viele persönliche Kontakte aufgebaut. Meine Nachfolger müssen sich dieses Vertrauen erarbeiten“, sagt der Mann, der sich seit 35 Jahren für den TV Fischbek, nicht nur in der Handballabteilung, engagiert. Zwei neue Manager präsentierte Abteilungsleiter Torsten Wulf schon.
Die Aufgaben werden sich der ehemalige Spieler und Torwarttrainer Michael Hägele und der langjährige Torhüter Azeez Oyewusi teilen. Und ein neuer Trainer? „Zusammen mit der Mannschaft wird unter Hochdruck daran gearbeitet, einen neuen Trainerstab zu präsentieren. Die Gespräche sind weit fortgeschritten, um zeitnah zukunftsweisendes Personal zu präsentieren“, sagte Torsten Wulf.
Jens Kabuse ist gleichzeitig Handball-Herrenobmann
Schmankerl am Rande: Jens Kabuse ist gleichzeitig Handball-Herrenobmann im TV Fischbek, also für alle Entscheidungen und Weichenstellungen im männlichen Erwachsenbereich zuständig. Originär hätte er sowohl in die Ablösung des alten Trainers als auch in die Suche und Verpflichtung neuen Personals einbezogen werden müssen – wurde er aber nicht. Sein Amt als Herrenobmann hat Jens Kabuse bisher nicht niedergelegt und hegt vorerst keinen Gedanken daran. „Ich lasse alles auf mich zukommen“, sagt er. Nach den jüngsten Entwicklungen sind Marius und Jens Kabuse überrascht, traurig und enttäuscht zugleich. Unisono erklären sie allerdings, dass sie keinen Groll hegen.
„Natürlich haben wir uns den Abschied anders vorgestellt. Die Art und Weise ist sehr unglücklich gelaufen. Wir hätten uns mehr Kommunikation von Mannschaft und Vorstand gewünscht“, sagte Marius Kabuse im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. „Ich bin aber nicht beleidigt und fühle mich nicht angegangen. Dafür ist der TV Fischbek viel zu sehr mein Verein. Der Verein, in dem ich groß geworden bin.“ Unmittelbar nach Bekanntwerden der Trennung habe er Anfragen von drei anderen Vereinen erhalten, darunter einem aus der Oberliga. „Das tut gut und ist ein schönes Feedback für meine Arbeit“, so der 33-Jährige, „aber ich tue gut daran, mir etwas Ruhe zu gönnen und ein paar Monate meine Freizeit zu genießen.“