Hamburg. Wie sich die Sicherheitsbranche neu sortiert – und was der Security-Mann Heiko Gerken in seinem neuen Alltag erlebt.

In seiner leuchtend blauen Kleidung ist Heiko Gerken am Eingang des großen Harburger Baumarkts kaum zu übersehen: Immer einmal wieder hebt er die Hand, die mit dem ebenfalls blauen Handschuh dann wie eine Polizeikelle wirkt. „Halt“ – bedeutet das auch hier: die Kunden in der Warteschlange vor dem Gebäude müssen dann warten. Der hochgewachsene Sicherheitsexperte macht nun in Zeiten von Corona und Kontaktbeschränkungen ganz neue Erfahrungen als Türsteher, wie sie vor allem etliche Baumärkte und Discounter in der Region engagiert haben.

Sicherheitsdienste achten jetzt dort darauf, dass die vorgeschriebene Maximalzahlen von Kunden in den Geschäften eingehalten werden. Ebenso auf den geforderten Sicherheitsabstand von minimal 1,5 Metern zwischen den Menschen. Was an diesem sonnigen Vormittag in Harburg aber nicht ganz einfach ist, so viele drängt es nun bei sonnigem Wetter zu Blumenzwiebeln, Schraubenziehern oder Gartenstühlen.

Doch mit freundlichen aber bestimmten Gesten bringen Gerken und sein Kollege Ordnung in den Andrang auf den Eingang.

Ihr Hauptwerkzeug sind zwei kleine Handzähler

Bald schon steht eine lange Schlange davor, die Einkaufswagen bilden so etwas wie Abstandhalter. „Zwei kann ich noch“, ruft Gerken fröhlich, nachdem er sich kurz mit dem Kollegen am Ausgang verständigt hat. Ihr Hauptwerkzeug sind jetzt zwei kleine Handzähler wie sie auch bei Verkehrszählungen genutzt werden. 150 Kunden dürfen sich nur noch gleichzeitig in dem Markt aufhalten, mit den Zählern und dem Klick per Daumen an Ein- und Ausgang haben die beiden Sicherheitsleute im Blick, ob die Zahl stimmt.

Andere Unternehmen arbeiten mit Kärtchen, die man bei Betreten in die Hand gedrückt bekommt und beim Verlassen wieder abgeben muss – die dann aber immer wieder desinfiziert werden müssen. Es ist eben noch eine ganz neue Erfahrung für die Branche, die eigentlich heftig unter den Corona-Beschränkungen leidet. Kaum Flugverkehr, keine Veranstaltungen, Clubs und Diskos geschlossen – das wirkt sich auch heftig auf Sicherheitsdienste aus.

Rund 267.000 Beschäftigte zählt die Sicherheitswirtschaft in Deutschland. 9,3 Milliarden Euro Umsatz machte sie im vergangenen Jahr. Vier Prozent davon aber nur im Einzelhandel.

Türsteher in der legendären Groß-Disko „Mic Mac Moisburg“

Das dürfte sich nun geändert haben, Gerken schätzt den Anteil mittlerweile bei seinem Unternehmen auf 80 Prozent der alten Umsätze, die anfangs der Krise fast zu 100 Prozent eingebrochen waren, wie er sagt. 2001 bereits hatte der Buxtehuder mit seinem Partner Maik Krickemeyer den Buxtehuder Sicherheitsdienst gegründet, beide hatten zuvor vor allem als Türsteher in der legendären Groß-Diskothek „Mic Mac Moisburg“ Erfahrungen gesammelt.

Diskotheken in der südlichen Metropolregion sind immer noch eines ihrer Haupteinsatzgebiete, aber auch Objekt- und Personenschutz oder eben das Sicherheits-Management bei großen Veranstaltungen.

„Die erste Zeit war manchmal chaotisch“

Fünf feste Mitarbeiter haben die beiden mittlerweile, hinzu kommen 450-Euro-Kräfte. Tanz-in-den-Mai-Feste standen als große Events nun eigentlich im Terminkalender. „Alles weggebrochen“, sagt Gerken. Doch dann kamen die Discounter, Baumärkte und vielleicht bald auch weitere Einzelhändler als neue Kunden für Türsteher und Sicherheitskräfte hinzu. Was eben nicht nur für die Experten eine neue Erfahrung war. Gerade zu Beginn der Beschränkungen habe sich gezeigt, dass vor allem viele ältere Kunden über 65 Jahren in die Einschränkungen wenig Einsicht zeigten.

„Dabei sollen die damit doch besonders geschützt werden“, sagt Gerken, der dann in den ersten Tagen viel Erklärungsarbeit leisten musste, wie er sagt. Jüngere Kunden hingegen seien in der Regel unproblematisch gewesen und hätten sich schnell an die neuen „Spielregeln“ angepasst. Oftmals wussten viele aber zu Anfang noch nicht genau, wie denn so ein Abstand im Supermarkt einzuhalten ist.

Nicht Aufpasser, eher Verkehrspolizisten

„Die erste Zeit war manchmal chaotisch“, sagt Gerken. Inzwischen sind vielerorts Markierungen auf den Fußböden angebracht und die bisher ungewohnte Bedrohungssituation durch das nichtsichtbare Virus hat sich offenbar gut eingespielt: Wer Gerken und seinem Kollegen eine Weile zuschaut, dort am Baumarkt-Eingang, registrierte eher eine entspannte und routinierte Szene, weniger die spannungsgeladenen Situationen, wie man sie vielleicht mal an Clubeingängen vom Kiez erlebt.

Gerken und sein Kollege wirken am Eingang eben nicht wie zwei Aufpasser, sondern eher wie Verkehrspolizisten, die dafür sorgen, dass alle sicher über die Kreuzung kommen. „Die Masse zieht jetzt mit“, sagt Gerken.