Hamburg. Die Spieler des FC Süderelbe lehnen eine Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer ab. Doch das ist nur die Spitze eines Eisbergs.
Der christlichen Überlieferung nach feiern Christen an Ostern die Auferstehung Jesu. Der Hamburger Fußball-Oberligist FC Süderelbe erlebte am vergangenen Osterwochenende keine Auferstehung, sondern einen krachenden Untergang. Am Karfreitag sickerte durch, dass der gesamte Oberliga-Kader den Verein in diesem Sommer verlassen wird.
Die Spieler lehnen eine Zusammenarbeit mit dem kommenden Trainer Stefan Arlt (55) ab. Arlt trainierte bisher die zweite Mannschaft des FCS und übernimmt im Sommer den Trainerposten von Timucin Gürsan (28).
Nach Abendblatt-Information ist die Entscheidung der jetzigen Oberligamannschaft jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Seit rund einem halben Jahr gibt es interne Machtkämpfe, der gesamte Verein ist bis auf Vorstandsebene tief gespalten.
Spieler fürchtet Untergang des FC Süderelbe
„Stefan Arlt hat keine Gespräche mit der Mannschaft geführt. Wenn ein neuer Trainer kommt, sollte er erst mal mit der ganzen Mannschaft reden. Obwohl die Mannschaft ihre Gesprächsbereitschaft gezeigt hat, hat er mit absolut niemandem geredet. Es kam einfach keine Antwort. So was habe ich noch nie erlebt“, erklärt FCS-Spieler Isaak Hoeling (24) auf Abendblatt-Nachfrage. Gegenüber dem Online-Portal „fussi-freunde.de“ wird der 24-jährige Defensivspieler noch deutlicher: „Er wird dafür verantwortlich sein, dass der FC Süderelbe komplett untergeht.“
Anstatt zunächst mit der Mannschaft zu sprechen, habe Arlt entschieden, in der kommenden Saison fünf bis sechs Spieler aus der zweiten Mannschaft hochzuziehen. Zudem wolle Arlt fünf Neuzugänge aus der Landesliga verpflichten. „Das wissen wir aber nicht von Stefan Arlt, sondern persönlich von den einzelnen Landesliga-Spielern. Die haben uns das erzählt. Viele Spieler von uns sind mit denen befreundet“, erklärt Hoeling. Bei elf neuen Spielern könne sich jeder ausrechnen, dass in der kommenden Spielzeit viele Akteure den Verein verlassen müssten, so Hoeling.
Die Mannschaft fühlt sich hintergangen. Stefan Arlt wollte sich auf Abendblatt-Nachfrage nicht zu den Vorwürfen gegenüber seiner Person äußern. FCS-Teamchef Tobias Annuß erfuhr erst am Karfreitag von der Entscheidung der Mannschaft – nur ein Beispiel für die zerrütteten Beziehungen am Kiesbarg.
Mangelnde Kommunikation?
„Ich persönlich habe es am Freitagabend in einem Facebook-Artikel gelesen“, sagt Annuß gegenüber dem Abendblatt. Tatsächlich habe die Mannschaft die Entscheidung bereits vier Tage zuvor getroffen. Wie mehrere Quellen übereinstimmend bestätigen, ist die Süderelber Vereinsführung tief gespalten. Bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung übernahm Matthias Nehls das Amt des ersten Vorsitzenden von Joachim Stoltzenberg. Nehls versichert auf Nachfrage, dass Stoltzenberg aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht erneut angetreten sei.
Nach Abendblatt-Informationen soll dies jedoch nicht der alleinige Grund für Stoltzenbergs Rückzug gewesen. So wollte Stoltzenberg unter anderem nicht mit Stefan Arlt zusammenarbeiten. Dabei leistete Arlt in den vergangenen Jahren durchaus erfolgreiche Arbeit beim FC Süderelbe. Mit der A-Jugend-Mannschaft gelang ihm der Aufstieg in die Oberliga, mit der zweiten Herrenmannschaft in die Bezirksliga. Trotzdem konnte sich Stoltzenberg keine Zusammenarbeit mit Arlt vorstellen.
Nehls: Entscheidung der Mannschaft war abzusehen
Stoltzenberg führte den Neugrabener Verein seit April 2018. Seither leistete er einen gewissen Beitrag zur Finanzierung des Oberliga-Etats. Neben den fehlenden Einnahmen durch Stoltzenberg rechnet der FCS aufgrund der Folgen der Coronapandemie in der kommenden Saison mit einem deutlich geringeren Etat. „Ich glaube schon, dass es eine sehr schwere Phase für uns geben wird. Wir haben aber viele langjährige und treue Sponsoren, mit denen wir in Kontakt stehen“, sagt der FCS-Vorsitzende Matthias Nehls.
Nehls, der als enger Vertrauter von Stoltzenberg gilt, macht keinen Hehl daraus, dass er gerne Timucin Gürsan als Trainer behalten hätte. „Die Entscheidung der Mannschaft war für mich abzusehen. Die Spieler haben einen sehr engen Bezug zum Trainer“, sagt Nehls.
Doch warum hält der Verein nach derzeitigem Stand immer noch an Stefan Arlt als kommendem Trainer fest? Der gesamte FCS-Vorstand ist bei dieser Frage gespalten. So zählt nach Abendblatt-Informationen unter anderem der zweite Vorsitzende, Klaus Ulbricht, zu den Arlt-Befürwortern. Nehls hingegen sieht Arlt nicht unkritisch.
Was wird aus der Mannschaft?
„Stefan Arlt ist kein einfacher Typ. Man sollte ihm jetzt aber die Möglichkeit geben, seine Ideen umzusetzen“, erklärt Matthias Nehls. Die gesamte Entwicklung sei sehr bedauerlich, über einen Rücktritt denke er jedoch noch nicht nach. „Ich sehe dafür jetzt noch keinen Grund. Wir müssen die Lage in Zukunft immer neu bewerten“, sagt Nehls.
Teamchef Tobias Annuß kündigte derweil Gespräche innerhalb des Vorstands an. Grundsätzlich sei er davon überzeugt, dass der FC Süderelbe auch in der kommenden Saison wieder einen wettbewerbsfähigen Kader hat.
Und Isaak Hoeling? Der 24-Jährige steht vor einer sportlich ungewissen Zukunft. Ein paar Spieler hätten bereits neue Vereine gefunden. „Das sind alles ehrgeizige, ambitionierte Jungs. Ich hoffe für sie, dass viele Vereine anfragen werden“, sagt Hoeling zum Ende des Gesprächs. An einer möglichen Wiederauferstehung des Neugrabener Oberligisten wird er jedoch nicht mitwirken.