Buchholz . Raus in die Natur – ohne anderen zu nahe zu kommen! Das Abendblatt stellt Wanderrunden vor. Heute: Corinna Panek an der alten Bahn in Buchhholz
Eine Faszination des Bahnfahrens liegt insbesondere auf Nebenstrecken darin, dass die Züge oft fernab des übrigen Verkehrs mitten durch scheinbar unberührte Landschaften fahren. Dieses Gefühl lässt sich auch zu Fuß nachempfinden: bei einer Wanderung auf der ehemaligen Bremervörder Bahn in Buchholz.
Obwohl hier schon seit 50 Jahren kein Zug mehr fährt, kann man an manchen Stellen doch erahnen, dass hier eine Bahntrasse war: Die Strecke verläuft schnurgeradeaus und hält dank der Dammaufschüttung das Niveau. Kunst und Bahngeschichte verbindet diese kleine Tour in den Buchholzer Ortsteilen Sprötze und Trelde. Und ein bisschen Neckisches aus den Dörfern, die früher eigenständig waren und deren Einwohner dies manchmal auch heute noch gern betonen.
Früher, so erzählen die Einheimischen, hätten sich die Jungs aus beiden Dörfern gerne Schlägereien geliefert, vor allem, wenn es um die Mädels aus dem Nachbardorf ging. Auf der anderen Seite hielten die Sprötzer, Trelder, Drestedter und Kakenstorfer als „Vierdörfer-Gemeinschaft“ auch gegen die aufstrebende Stadt Buchholz zusammen. Vergebens, wie wir heute wissen: Die Gebietsreform von 1972 machte sie zu Bürgern der Stadt Buchholz.
Am Sprötzer Bahnhof begrüßt uns die Tunnelgalerie
Am Sprötzer Bahnhof begrüßt uns die Tunnelgalerie – Gemälde von Sprötzer Künstlern, Schulklassen und Kindergartengruppen, die mal einen lokalen Bezug haben und mal einfach der Fantasie oder Kinderbüchern entsprungen sind. Kleiner Hinweis: Das Bild mit den kleinen roten Fischen, die einen großen Fisch bilden, gehört um 90° nach links gedreht (für den Fall, dass die Galerie mal wieder renoviert werden sollte).
Der Bahnhofsvorplatz ist zurzeit leer, denn der Mai ist noch nicht gekommen und das Maibaumaufstellen wurde gerade abgesagt. Im Juni wird hier normalerweise das beliebte Dorffest gefeiert. Nun schlagen wir den Weg nach links in die Sprötzer Bahnhofstraße ein. Dort grüßt von rechts ein Baumgesicht, dessen „Haare“ die Namen der Vierdörfer Sprötze, Trelde, Kakenstorf und Drestedt bilden. Erschaffen hat es die Sprötzer Künstlerin Sylvia Itzen. Gegenüber befindet sich das Atelier „Licht und Leinwand“ von Anne Beecken. Dort gibt es im Schaufenster Kunst zu sehen. Am Ende der Straße biegen wir nach rechts ab in die Niedersachsenstraße. Eine unübersichtliche Kreuzung, ein kurviger Verlauf – Vorsicht bei der Überquerung!
Wir gehen dann nach links in die Schmiedegasse, an deren Ende sich zwei Lädchen fürs dekorative Gestalten von Haus und Garten gibt. Die „Brocanterie“ war einst eine Tankstelle, die ihren Glamour-Moment hatte, als Prinz Charles dort einen Zwischenstopp einlegte. Das ist allerdings schon 50 Jahre her. Wir überqueren die Bundesstraße 3 und kommen auf den Sprötzer Bachweg, eine Schotterstraße. Hinter einem dekorativen Garten endet der „Kunstteil“ des Ausflugs. Rechts von uns ist auf der Anhöhe unser eigentliches Ziel, der alte Bahndamm der Bremervörder Bahn, zu sehen.
Eine kleine Kuriosität gibt es am letzten Weidezaun links
Doch bis wir dort ankommen, gibt es noch vieles zu entdecken – wenn man nur genau hinschaut. Zwar wirkt der Weg noch ein bisschen farblos, da die Bäume ja gerade erst zu knospen beginnen und das Gras noch nicht grün ist. Doch der Blick nach links in die Bachniederung lässt erahnen, wie schön es hier im Sommer sein wird.
Eine kleine Kuriosität gibt es am letzten Weidezaun links: Aus einem Holzpfosten wächst ein Stachelbeerstrauch. Bald darauf geht der Sprötzer Bachweg in den Kahlenbergweg über, wir befinden uns jetzt bereits in Trelde. Am Ende des Weges ist links eine kleine Parkanlage zu sehen, aber wir gehen rechts herum über die Alte Bahnhofstraße bis zum Spielplatz, der etwas versteckt rechterhand liegt.
Hier befand sich einst ein Bahnhof. Direkt daneben verläuft der ehemalige Bahndamm. Von hier aus wandern wir zurück nach Sprötze. Den Schlenker zum westlichen Ende des Bahndamms lassen wir diesmal aus. Möchte man ihn einbeziehen, legt man am besten eine Schleife über den Ahornweg und den Brückenstieg zurück zur Alten Bahnhofstraße. Hier nimmt man dann den Faden wieder auf. Bis 1968 war die eingleisige Bahnstrecke in Betrieb, danach wurde sie zurückgebaut und als Wanderweg hergerichtet.
Da der Bahndamm auch Höhenunterschiede ausgleicht, befindet man sich nun plötzlich „über den Häusern“ und hat, dort wo die Bäume und Büsche weniger dicht stehen, auch Weitblick. Zum Bespiel auf die neue Stabbogenbrücke, die im Zuge der B3 die Bahn Hamburg-Bremen überquert. Vom Verkehrslärm ist hier wenig zu hören, bis wir uns der B3 wieder annähern. Nachdem wir die Bundesstraße überquert haben, setzen wir die Route fort, aber zuvor lohnt ein Blick auf die Infotafel: Der alte Bahndamm ist heute Teil der Freizeitrouten im Regionalpark Rosengarten. Es gibt eine Übersichtskarte und eine kurze Geschichte der Bremervörder Bahn zu lesen.
Lebensmittelmarkt, Hofladen, Bäckerei und Imbiss
Weiter geht es die Bahntrasse entlang. Vor etwa fünf Jahren gab es den kuriosen, von seinem Verfasser, dem Verkehrsclub Deutschland, aber ernst gemeinten Vorschlag, die Trasse zu reaktivieren, als Alternative für die sogenannte Y-Trasse. Schwer vorstellbar, wie das hätte funktionieren sollen. Denn am Ende dieser Trasse hätte eine neue Brücke über die Haupt-Bahnlinie gebaut werden müssen und ihr weiterer Verlauf wäre mitten durch dicht bebaute Wohnsiedlungen gegangen. Rechts liegen jetzt eine Obstwiese und eine Schafweide. An der nächsten Umlaufsperre kann man den Weg beenden und zurück nach Sprötze wandern.
Dann passiert man den Friedhof und steuert auf das Nahversorgungszentrum mit Lebensmittelmarkt, Hofladen, Bäckerei und Imbiss zu – Gelegenheit für eine Stärkung. Oder man setzt seinen Weg fort und kommt nach einigen 100 Metern an eine steile Treppe, die zu einem Trampelpfad nach Sprötze führt. Wir beenden die Bahndamm-Tour an der Kopfsteinpflasterstraße Buchholzer Weg, die in die Siedlung Brumhagen führt. Diese gehört zu Trelde, das wir ja eigentlich längst hinter uns gelassen haben. Aber zu Trelde gehört auch das Gewerbegebiet Trelder Berg, das an Brumhagen grenzt. Hat also alles seine Ordnung.
Die seltsamen Zuschnitte der Ortschaften rühren daher, dass man bei der Gebietsreform auf die gerechte Verteilung von Wald und Weideland unter den Ortschaften achtete. Das letzte Stück Bahndamm schenken wir uns, da es wie auch der Buchholzer Weg nur an die recht viel befahrene Straße, den Sprötzer Weg, führen würde. Er ist die Hauptverbindung zwischen Buchholz und Sprötze. Diesen erreichen wir auch über die denkmalgeschützte Kopfsteinpflasterstraße.
Til Schweiger verfolgte hier einen Schwerverbrecher,
Rechts herum geht es wieder in den Ort hinein. An der Fußgängerampel überqueren wir die Sprötzer Weg und kommen auf die Neue Brückenstraße. An der nächsten Einmündung rechts folgen wir dem Hubertusweg, der uns direkt zum Sprötzer Bahnhof führt. Durch den Tunnel gelangt man zum Bahnsteig oder zurück in die Ortsmitte mit den Läden.
Übrigens war der Bahnhofsvorplatz schon einmal Tatort-Kulisse: Til Schweiger verfolgte hier einen Schwerverbrecher, der die örtliche Bank überfallen hatte. Die „Sprötzerbank“ ist in Wirklichkeit ein Bestattungsinstitut. Schweiger und der Flüchtende besteigen dann den Metronom nach Hamburg – aber nur im Film. Die Sprötzer wissen natürlich, dass am Gleis 1 nur Züge nach Bremen fahren, und das auch nur in Ausnahmefällen. Aber das ist eine ganz andere Bahn-Geschichte…