Seevetal/Neugraben. Unterschiede in Niedersachsen und Hamburg sollen laut niedersächsischer Staatskanzlei angeglichen werden. Das ist der Grund.
Bilder wie am Mittwoch gab es seit einigen Tagen immer wieder zu sehen, wenn man zwischen Niedersachsen und Hamburg pendelte: Kurz nach 18 Uhr, auf dem Parkplatz am Obi-Baumarkt in Neugraben standen die Pkw dicht gedrängt, viele mit STD- oder WL-Kennzeichen – Besucher aus den beiden niedersächsischen Nachbar-Landkreisen Stade und Harburg.
Nur wenige Kilometer weiter beim Toom-Baumarkt in Buxtehude herrschte gleichzeitig gähnende Leere auf dem Parkplatz.
Corona-Krise: Regeln werden angeglichen
Der Grund: Unterschiedliche Regeln in beiden Bundesländern zur Öffnung von Baumärkten und Gartencentern in der Corona-Krise. Doch jetzt sollen diese Unterschiede in beiden Ländern wieder angeglichen werden, wie die niedersächsische Staatskanzlei dem Abendblatt auf Anfrage bestätigte.
Danach sollen die Baumärkte und Gartencenter ab Sonnabend in Niedersachsen und damit auch in den Landkreisen Harburg und Stade wieder für Privatleute geöffnet sein. Eben so wie in Hamburg auch.
Einkaufs-Tourismus nach Harburg und Neugraben
In der vergangenen Woche hatte das Land noch verfügt, dass den Betreibern solcher Märkte die „Abgabe von Waren“ nur noch an gewerbliche Kunden erlaubt sei, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen. Niedersachsen verlangt bisher sogar, dass Baumarkt-Kunden explizit nachweisen müssen, dass sie ein angemeldetes Gewerbe betreiben.
Baumärkte dürfen in Hamburg geöffnet bleiben
Nur Fernbestellung und Auslieferung sind hier sonst wie bei vielen anderen Geschäften erlaubt. Handwerker dürfen also direkt im Baumarkt einkaufen, Heimwerker müssen per Telefon oder Internet bestellen und liefern lassen. In der Folge reduzierten viele Baumärkte ihre Öffnungszeiten.
In Hamburg indes gilt eine andere Anweisung: Baumärkte sind dort zur „Materialversorgung ausdrücklich zugelassen“ und dürfen für den üblichen Kundenverkehr geöffnet bleiben, ebenso Gartencenter oder Blumenläden. Das führte im Umland offensichtlich zu einem regelrechten „Einkaufstourismus“ nach Hamburg und auch Bremen, wo es eine ähnliche Regelung wie in Hamburg gibt.
Risiko von zunehmenden Besucherzahlen verringern
Einen solchen Tourismus habe man mit der Hamburger Lösung zwar „nicht gewollt“, sagt der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Dennis Krämer, gleichwohl werde die Versorgung mit Produkten aus solchen Geschäften als systemrelevant gewertet.
Offiziell angekommen ist die neue niedersächsische Baumarkt-Regelung bei den Landkreisen unterdessen noch nicht, aber man warte darauf, hieß es bei den beiden Verwaltungen in Winsen und Stade.
Tatsächlich wird in Hannover der Staatskanzlei zufolge „ohnehin gerade“ an einer neuen Rechtsverordnung zur Corona-Krise gearbeitet, in die die geänderte Baumarkt-Regelung dann aufgenommen werde.
Ziel dieser Maßnahme sei, dass an anderen Orten das Risiko von zunehmenden Besucherzahlen verringert wird, wie die Staatssekretärin und Sprecherin der Landesregierung Anke Pörksen dem Abendblatt sagte: „So haben beispielsweise einige Supermärkte ihr Sortiment in den vergangenen Tagen um ein größeres Angebot an Pflanzen erweitert, was zu einem Anstieg der Besucherzahl führte.“
Unterschiede führen bei Kunden zu Verärgerung
Außerdem sei zu beobachten gewesen, dass Bürger aus Niedersachsen in benachbarte Bundesländer gefahren sind und die Besuchszahlen in Baumärkten oder Gartencentern dort relativ hoch waren.
Eines der von den bisher unterschiedlichen Regelungen extrem betroffenen Unternehmen ist das Gartencenter Matthies, das erst im Februar mit einem Neubau in Emmelndorf in der Gemeinde Seevetal das größte Center seiner Art in Deutschland eröffnet hatte. In den vergangenen Tagen durfte dort nur noch die Abteilung mit Tier- und Zoobedarf und die Werkstatt geöffnet bleiben, nicht aber das Gartencenter in der 200 Meter langen neuen Halle.
Ein Mitbewerber im nur etwa fünf Kilometer entfernten Marmstorf durfte hingegen seinen Betrieb für Privatkunden geöffnet lassen. „Wenn eine Schließung für die Gesundheit von allen notwendig ist, dann ist das eben so“, sagt Geschäftsführerin Andrea Matthies. Dafür habe sie Verständnis, auch wenn man als Betrieb jetzt zu kämpfen habe.
Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen
- Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Hände waschen
- Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
- Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
- Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten
- Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen
Kein Verständnis aber habe sie dafür, dass benachbarte Bundesländer dabei unterschiedliche Regelungen treffen. Im Übrigen seien auch bei ihren Kunden diese Unterschiede auf Verärgerung gestoßen. „In solchen Situationen muss es einfach eine Gleichbehandlung geben“, so Matthies.
Die wird nun aller Voraussicht nach ab Sonnabend wieder hergestellt sein im niedersächsischen Umland von Hamburg. Gleichwohl gilt dann in allen Baumärkten und Gartencentern weiter, dass besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.
Hamburg erstellt „Auslegungshilfe“ für Corona-Krise
Weil es bei den Beschränkungen in der Corona-Krise oft noch zu Missverständnissen kommt, hat Hamburg dazu eine „Auslegungshilfe“ erstellt – mit einigen feinen Unterschieden: Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte sind beispielsweise gestattet, Geschäfte mit nur einigen wenigen Lebensmitteln wie Ein-Euro-Läden oder Woolworth aber nicht.
Der Autoverkauf ist nicht gestattet, die Autovermietung aber schon. Bei Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen sind keine Übernachtungen zu „touristischen Zwecken“ erlaubt, Geschäftsreisende oder „Gestrandete“ dürfen rein. Bei Eis-Dielen ist der Außerhaus-Verkauf zulässig, nicht aber der Verzehr an Ort und Stelle, ähnliches gilt natürlich für Gaststätten.
Fahrradwerkstätten dürfen geöffnet sein, Fahrradverkauf ist nicht gestattet. Und auch bei der Haarpflege gibt’s Unterschiede: Der Frisör muss schließen, der Hundesalon kann weiter geöffnet bleiben.