Rosengarten. Das Freilichtmuseum hat geschlossen, Veranstaltungen fallen aus. Allein der Pflanzenmarkt lockt sonst 20.000 Besucher.

„Am Sonntag bin ich bei strahlendem Sonnenschein mutterseelenallein durch das Gelände gelaufen – das war schon gespenstisch“, sagt Stefan Zimmermann, Geschäftsführer des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Im Frühling sei auf dem Museumsgelände sonst besonders viel Betrieb: „Die Leute machen Ausflüge, und die Jungtiere, die jetzt geboren werden, sind vor allem für Kinder absolute Magnete“, so Zimmermann. Doch in diesem Jahr ist alles anders.

Für fast alle Mitarbeiter ist Kurzarbeit beantrag worden

Am 14. März musste das Museum im Rahmen der Corona-Präventionsmaßnahmen schließen. „Der leere Kiekeberg ist ein komplett unbekanntes Bild für uns und schmerzt alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, sagt Klaus-Wilfried Kienert, Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg. Zimmermann musste für fast alle der 70 Mitarbeiter zum 1. April Kurzarbeit anmelden. „Das hat zunächst für Ängste und Irritationen gesorgt“, sagt er. „Wir haben viele Gespräche geführt und betont, dass die Entscheidung alternativlos ist. Und sind damit letztendlich auf Verständnis gestoßen.“ Schließlich fehlen allein für die Zeit vom 14. März bis 20. April, in der das Museum auf jeden Fall geschlossen ist, rund 300.000 Euro Einnahmen.

Dem Museum entgehen jetzt rund 35.000 Besucher

Zimmermann schätzt, dass dem Museum in dieser Zeit rund 35.000 Besucher entgehen, darunter mehrere Tausend Schüler, die am pädagogischen Programm teilgenommen hätten. Auch die Publikums-trächtigste Veranstaltung des Jahres, der für den 18./19. April geplante Pflanzenmarkt, musste abgesagt werden. Allein an diesem Wochenende kommen in gewöhnlichen Jahren bei gutem Wetter bis zu 20.000 Menschen zum Kiekeberg. Insgesamt wurden sieben größere Veranstaltungen mit Terminen bis in den Mai hinein abgesagt. Die Saisoneröffnung der vier Außenstellen des Museums am 1. Mai und die Eröffnung einer neuen Dauerausstellung im Siedlungsdoppelhaus des Projekts Königsberger Straße (geplant für den 8. Mai) wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.

Kunsthandwerkermarkt lässt sich nicht verschieben

„Großveranstaltungen, die einen längeren zeitlichen Vorlauf brauchen, sind bis zum 17. Mai abgesagt, kleinere Veranstaltungen wie Führungen, Vorführungen, Kurse oder Familienfeiern zunächst bis zum 30. April“, sagt Marion Junker. Sie leitet die Öffentlichkeitsarbeit des Museums und gehört zum dreiköpfigen Krisenstab, zusammen mit Stefan Zimmermann und seiner Geschäftsführer-Kollegin Carina Meyer. Junker bedauert sehr, dass das Museum den Kunsthandwerkermarkt am 21./22. März nicht durchführen konnte: „140 Kunsthandwerker aus ganz Deutschland wären gekommen. Da hängen häufig Existenzen dran, denn auch andere Märkte finden in diesen Zeiten nicht statt.“ Die Verschiebung in den Herbst sei keine Alternative: „Die Kunsthandwerker haben Frühjahrs- und Osterdekorationen vorbereitet. Außerdem haben wir im Herbst andere Veranstaltungen geplant.“

Zeit für Pflege- und Reparaturarbeiten

Er befinde sich im Spannungsfeld des täglichen Krisenmanagements und der langfristigen Planung für die Zeit, in der das Museum wieder öffne, sagt Zimmermann. Dazu gehöre, dass sämtliche Pflege- und Reparaturarbeiten weiterlaufen. Schließlich soll alles tipptopp sein, wenn die Besucher wiederkommen. Wege und Zäune werden instand gesetzt, die Schaugärten bepflanzt und in Ordnung gehalten, zwei neue Dauerausstellungen gebaut. Im Doppelhaus im Museumsbereich Königsberger Straße entsteht eine Ausstellung zur Nachkriegsgeschichte des Landkreises Harburg (1945–1970), in der historischen Scheune aus Tespe die neue Dauerausstellung „Haus des Handwerks. Zwischen Tradition und Herausforderung“. Zur Vorbereitung gehört auch die Erarbeitung der jeweiligen Ausstellungsinhalte. Sie geschieht derzeit in Homeoffice.

Nutztiere des Museums müssen täglich betreut werden

Natürlich kommen auch die zahlreichen Nutztiere des Museums nicht ohne tägliche Betreuung aus. Das liebe Vieh muss morgens aus den Ställen und abends wieder hinein gelassen werden. Die einzelnen Tierarten haben feste Betreuer, die erkennen können, wenn ein Schaf lahmt oder eine Ferkelgeburt ansteht. Ab und an übernehmen aber auch andere Kollegen, die ohnehin gerade auf dem Gelände arbeiten, einzelne Tätigkeiten. „Anders als in Wildparks und Zoo vermissen unsere Tiere die Besucher nicht, denn sie werden weder gefüttert noch gestreichelt – es sind Nutztiere“, sagt Marion Junker auf dem Spaziergang durch das Museumsgelände.

Stefan Zimmermann geht aber dennoch zu den neugierigen Hausziegen, die am Lattenzaun ihres Auslaufs Stellung genommen haben, und verteilt ein paar Streicheleinheiten. Fast scheint es so, als hätten sich die Rollen verkehrt: Ziegen und Schafe schauen sich aufmerksam die wenigen „Besucher“ an.

Viele Menschen treten dem Förderverein bei

„Der Förderverein des Freilichtmuseums ist seit 31 Jahren der starke Rücken des Kiekebergs. So eine einschneidende Situation wie diese hatten wir allerdings noch nie“, sagt Heiner Schönecke, Vorstandsvorsitzender des Fördervereins. Er sieht aber einen Silberstreif am Horizont: „Zahlreiche Menschen treten jetzt bewusst in den Verein ein. Sie setzen damit ein nachhaltig wirkendes Zeichen für die Kultur.“

Zur Wiedereröffnung gibt es Sonderaktionen

Auch der Krisenstab des Museums schaut optimistisch nach vorn. „Wir sind ja nicht komplett verschwunden, sondern im Internet präsent – auf Facebook und Instagram lassen wir viele Follower an unserer Arbeit hinter den Kulissen teilhaben und geben Praxistipps. Auch die Basteltipps für leere Klorollen seien gut angekommen, sagt sie und kündigt an: „Zur Wiedereröffnung wird es Sonderaktionen für die Besucher geben.“