Bendestorf. Firma Cine Complete produziert neuerdings am Schierenberg und will junge Filmschaffende für das alte Studio begeistern.

Es ist der bislang größte Erfolg für die Initiatoren des Projektes Kulturraum Studio Bendestorf. Im alten Filmstudio Bendestorf, dort wo in den 1950er und 60er Jahren Weltstars wie Zarah Leander, Gustav Fröhlich und Johannes Heesters vor der Kamera standen, wird wieder für das Kino produziert. Die Hamburger Postproduktionsfirma Cine Complete ist neuer Partner des Freundeskreises Filmmuseum Bendestorf e.V. und wird künftig im ehemaligen Vorführkino des Studios nationale und internationale Spielfilmen digital nachbearbeiten. Damit ist ein wichtiger Schritt zum Erhalt der geschichtsträchtigen Filmstätte am Rande der Nordheide gelungen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Walfried Malleskat, der sich seit Gründung des Filmmuseum Bendestorf im Jahr 1989 für den Erhalt der Filmstudios am Schierenberg einsetzt, das Projekt „Kulturraum Studio Bendestorf“ ins Leben gerufen mit dem Ziel, in den kommenden Jahren Kulturarbeit für eine interessierte Öffentlichkeit zu gestalten. Dazu gehört neben einer Ausstellung und regelmäßigen Kinoabenden auch die Idee, die Räume für Kulturschaffende in der Film- und Fernsehbranche zu öffnen.

Dies ist mit der Kooperation der jungen Filmfirma nun erstmals gelungen. „Wir freuen uns sehr, dass wir Teil dieses kreativen und geschichtsträchtigen Ortes sein dürfen“, sagt Andreas Hellmanzik. „Das ehemalige Produzentenkino eignet sich hervorragend für unsere Arbeit.“ Der Geschäftsführer von Cine Complete, der in Hittfeld zu Hause ist, war über einen Zufall auf die alte Filmstätte und das darin befindliche Museum samt Produzentenkino gestolpert. Sein Unternehmen hatte die Postproduktion der Dokumentation „Als Hollywood in der Heide lag – die Filmstudios in Bendestorf“ übernommen.

Walfried Malleskat engagiert sich seit Jahren im Filmmuseum Bendestorf.
Walfried Malleskat engagiert sich seit Jahren im Filmmuseum Bendestorf. © HA | Hanna Kastendieck

„Bei der Sichtung des Materials war mir klar, diesen Ort musst du dir unbedingt einmal anschauen.“ Im vergangenen Sommer stattete er der alten Studiohalle und dem darin befindlichen Filmmuseum einen ersten Besuch ab. „Ich hatte Gänsehaut“, erinnert er sich. „Dieser Ort hat etwas Magisches. Hier ist Filmgeschichte spürbar.“ Kurze Zeit später nahm er Kontakt zu Walfried Malleskat auf. Seine Idee: Das ehemalige Produzentenkino und die große Leinwand für die Sichtung und Bearbeitung von Filmmaterial zu nutzen.

Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Cine Complete nutzt den Raum zur Sichtung des Filmmaterials sowie zum Schnitt, zur Tonbearbeitung, Sounddesign und Colour-Grading und hat eigens dafür die gesamte Technik des Kinos vom Projektor bis zum Soundsystem auf den neuesten Stand gebracht. Die Bildwand wurde ausgetauscht, Rechner, Monitor und Grading-Pult auf eigene Kosten angeschafft. „Damit haben wir in Bendestorf künftig die Möglichkeit, Kino-Grading im Kino auf Leinwand zu machen - und zwar auf höchstem technischen Niveau“, sagt Andreas Hellmanzik.

„Das ist in Niedersachsen einmalig.“ Cine Complete, die rund 50.000 Euro in das Projekt investiert haben, hofft nun auf Förderung durch die Nordmedia, der Medien-Fördereinrichtung, die den Ausbau und die Entwicklung der Medienbranche in Niedersachsen und Bremen zum Ziel hat. Wenn es nach den Plänen des Cine-Complete-Geschäftsführers geht, könnten künftig auch andere junge Filmschaffende den historischen Ort „Filmstudio Bendestorf“ mit neuem Leben erfüllen. „Damit kann sich das Land Niedersachsen im Filmgeschäft einen Namen machen“, schwärmt Andreas Hellmanzik.

Studio soll aktiv im Filmgeschäft bleiben

„Dem Filmmuseum Bendestorf kann nichts Besseres passieren“, sagt Walfried Malleskat. „Es ist unser großes Interesse, dass das Studio weiter aktiv im Filmgeschäft bleibt. Wir freuen uns sehr, dass nach der letzten TV-Produktion 2016 und dem Abriss der Filmhallen nun der verbliebene Raum wieder für das genutzt wird, wofür er eigentlich vorgesehen ist.“

Der erste Film, den Cine Complete im Produzentenkino Bendestorf bearbeiten wird, ist der deutsche Spielfilm „Das Fremde in mir“ von Emily Atef auf dem Jahr 2008. „Dabei handelt es sich um ein Filmdrama zum Thema postpartale Depression“, sagt Andreas Hellmanzik. „Wir werden den Film graden und in das Standard-Abspielformat für den Filmeinsatz im digitalen Kino umwandeln.“

Möglich, dass der Film auch im Bendestorfer Kino laufen wird. Denn anders als in den Vorjahren, soll das ehemalige Produzentenkino nicht mehr nur dazu genutzt werden, alte Produktionen aus Bendestorfer Studiozeiten zu zeigen. „Künftig gibt es bei uns auch aktuelle Kinofilme zu sehen, die sonst nur in den ganz großen Häusern laufen“, sagt Walfried Malleskat. Möglich wird das durch eine Kooperation mit dem Movieplexx Kino Buchholz, dessen Betreiber Carsten Reck Mitglied im Verein Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V. ist. Die Filme, die in Buchholz an den Start gehen, werden in der Zweitverwertung zeitversetzt dann auch in Bendestorf laufen.

Peter Justen hat 40 Jahre lang als Techniker in Hamburger Kinos gearbeitet. Jetzt engagiert er sich ehrenamtlich im Filmmuseum Bendestorf.
Peter Justen hat 40 Jahre lang als Techniker in Hamburger Kinos gearbeitet. Jetzt engagiert er sich ehrenamtlich im Filmmuseum Bendestorf. © HA | Hanna Kastendieck

Damit die neue digitale Technik auch einwandfrei funktioniert, hat Kinotechniker Peter Justen ein paar Extraschichten im Filmmuseum einlegen müssen. Der 76-Jährige, der 45 Jahre lang im Außendienst für die Filmtheater in Norddeutschland im Einsatz gewesen ist, kennt sich sowohl mit der alten Analogtechnik und Mono-Röhrenverstärken als auch mit Dolby-Surround-Verfahren und digitalen Projektoren aus. Auch wenn er sich für die neue Technik durchaus begeistern kann, bleibt er im Herzen doch dem analogen Film treu. „Film lebt“, sagt er. „Und das tut er nur, wenn er auf Zelluloid aufgenommen ist.“

Für die Zukunft können sich die Cineasten alter und neuer Schule auch vorstellen, gemeinsam Projekte auf die Beine zu stellen. Das erste könnte bereits am 9. April starten. Dann nämlich zeigt das Filmmuseum den Streifen „Lindenberg! Mach dein Ding“. Malleskat hat anlässlich der Vorführung den musikalischen Leiter Lindenbergs, Jean-Jacques Kravetz, ins Kino geladen. Und Andreas Hellmanzik könnte sich vorstellen, ebenfalls einen Gast einzuladen. „Ich habe einen guten Draht zu Udo Lindenberg“, sagt er. „Wäre doch toll, wenn er vorbeikommen würde.“

Das Kinoprogramm

Die Kinosaison in Bendestorf beginnt am 5. März mit dem Film „Alles außer gewöhnlich“, einer auf Wahrheit beruhenden, französischen Tragikkomödie.

Weiter geht es immer donnerstags mit Filmen wie „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, „Suchkind 312“, „Das Vorspiel“, „Lindenberg! Mach dein Ding“, „1917“, „Little Women“, „Parasite“, „Der wunderbare Mr. Rogers“, „Jojo Rabbit“, Narziss und Goldmund“, „Keine Zeit Zu Sterben“ sowie „Professor Nachtfalter“

Alle Filme im Kulturraum Studio Bendestorf /Produzentenkino (Am Schierenberg 2) beginnen um 19 Uhr.

Erwachsene zahlen 8,50 Euro, Kinder und Vereinsmitglieder 6 Euro. Weitere Infos: www.film-bendestorf.de