Harburg. Bundesgesundheitsminister inspizierte mit CDU-Parteikollegen die Notaufnahme und die Ausbildungsstätten der Harburger Asklepios-Klinik.
Es ist die „Henne-Ei-Problematik“, die ihn auch an diesem Donnerstagvormittag im Konferenzsaal der Asklepios Klinik beschäftigt. Die Frage, was denn nun zuerst da war in der Pflege: die Personalvorgabe oder das Personal. Was Jens Spahn damit meint ist, dass eine Klinik - auch wenn der politische Wille da wäre - nicht mehr Personal einsetzen kann, als auf dem Arbeitsmarkt vorhanden ist. „Wir können nicht etwas beschließen, was wir nicht erfüllen können“, erklärt der Bundesgesundheitsminister den Pflegekräften und Ärzten. „Zunächst brauchen wir mehr Fachkräfte. Daran arbeiten wir.“
Antworten wie diese versteht jeder. Die überarbeitete Pflegekraft genauso wie der entnervte Patient. Zustimmendes Nicken bei Betriebsrat und Klinikmanagement. Sie alle sind gekommen, um Spahn, diesen jungen, konservativen und ehrgeizigen Politiker, der bereits als Abiturient als Berufswunsch „Kanzler“ äußerte, live zu erleben.
André Trepoll hatte den Minister nach Harburg geladen
Spahns Parteikollege und Vorsitzende der CDU-Fraktion André Trepoll, hatte den Minister nach Harburg geladen. Und Spahn nutzte die Gelegenheit. Weil er es wichtig findet, dass Politiker den Menschen zuhören. „Sagen Sie mir, welche Themen ich in den Bundestag mitnehmen soll“, fordert er die Mitarbeiter auf. „Wir müssen nicht immer einer Meinung sein, aber wir müssen bereit sein, miteinander zu sprechen.“
Jens Spahn ist nach Hamburg gekommen, weil er seiner Partei Rückendeckung im Wahlkampfendspurt geben will. Die jüngsten Prognosen sehen schlecht aus. Die CDU liegt bei 13 Prozent. Das sind knapp drei Prozent weniger als 2015. Aber er ist auch gekommen, um das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückzugewinnen.
„Die Entwicklungen, die wir in der politischen Landschaft in Deutschland sehen - Beispiel Thüringen - hat viel damit zu tun, dass es ein großes Maß an Vertrauensverlust gibt“, sagt er. „Wir können das Vertrauen in die Politik nur zurückgewinnen, wenn alles ausgesprochen wird. Wir brauchen gesellschaftliche Debatten. Aber reden allen genügt nicht. Es müssen Entscheidungen folgen.“
„Er ist für die schnelle Umsetzung bekannt“
Eine davon hat er frisch aus Berlin mitgebracht. „Ärzte, Pfleger und Helfer in der Notfallversorgung sollen besser gegen Übergriffe geschützt werden“, sagt er. „Das haben wir gestern im Kabinett entschieden.“ Passt zu Spahn. „Er ist für die schnelle Umsetzung bekannt“, sagt die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver, die den Klinikbesuch begleitet. „Er kommt mit neuen, provokativen Ansätzen, das finde ich gut. Jens Spahn will wissen, was die arbeitende Bevölkerung vor Ort bewegt.“
60 Minuten hat der Minister dafür in Harburg eingeplant, bevor es weitergeht nach Uhlenhorst um „Klartext“ zu sprechen mit seinem Parteikollegen Ertan Toprak. 60 Minuten, in denen er so viel mitnehmen möchte, wie nur eben möglich. Also keine Zeit verlieren. Spahn, 1,91 groß, rennt förmlich durch die langen Krankenhausflure, um anzukommen bei denen, die ihm etwas zu sagen haben. Imke Schweens gehört dazu, Leiterin Station 13 A, in der Pflegeschüler praktisch ausgebildet werden.
„Wir bilden viele Menschen aus dem Ausland aus“, sagt sie. „Doch wenn sie abgeschlossen haben, gibt es Schwierigkeiten mit der Arbeitserlaubnis.“ Spahn kennt das Problem und die Lösung. „Wir haben kürzlich ein Pilotprojekt gestartet, das das Verfahren beschleunigen soll“, sagt er. „Drei Monate für das Visum, drei Monate für das Anerkennungsverfahren.“
Im Sauseschritt geht’s weiter zur neuen ZNA
Im Sauseschritt geht’s weiter zur neuen ZNA, laut Spahn „beispielhaft“ und schließlich in den Konferenzraum, in dem schon Ärzte und Pfleger mit ihren Themen warten: Pflegenotstand, Abrechnungsärger, Strukturwandel. Spahn hört zu, erklärt. Er sagt, dass man wegkommen müsse von der Idee, dass jedes Krankenhaus alle Leistungen anbieten muss.
Spahn will Zentralisierung und Spezialisierung. „Unser Problem ist eine nichteffiziente Versorgungsstruktur“, sagt er. Dann ist die Zeit um. Spahn muss weiter. Er will noch ein paar andere Hamburger Parteifreunde im Wahlkampf unterstützen. „Nur soviel“, sagt er zum Abschluss, „wir Politiker werden morgens nicht wach, um Sie zu ärgern, sondern um zu guten Lösungen zu kommen. Beliebtsein ist kein Kriterium für gute Politik. Es geht um Vertrauen. Wer beliebt sein will, sollte Sänger werden.“
Jens Spahn
Geboren und aufgewachsen ist Jens Spahn (Jahrgang 1980) in Ahaus im westlichen Münsterland.
Nach dem Abitur 1999 macht er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Anschließend studiert er Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen.
Seit seiner Kindheit engagiert er sich in der katholischen Jugendarbeit. 1995 tritt er in die Junge Union ein, gehört von 1999 bis 2009 dem Ahauser Stadtrat an.
Im September 2002 wird Jens Spahn zum ersten Mal in den Bundestag gewählt, ist zwischen 2009 und 2015 Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CDU-Bundestagsfraktion.
Seit 2012 ist er Mitglied des Bundesvorstandes der CDU, sowie seit 2014 auch Mitglied des CDU-Präsidiums. Von Juli 2015 bis März 2018 ist er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen. Am 14. März 2018 wird er als Bundesminister für Gesundheit vereidigt.
Seine Ziele für diese Legislatur: die Wartezeiten auf einen Arzttermin zu verkürzen, die Arbeitsbedingungen für die Pflegenden zu verbessern und die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben.