Harburg. Neue Idee, um die notorisch überlastete S-Bahn im Hamburger Süden zu entlasten: Eine zweite Elbquerung per Bahn parallel zum Elbtunnel.
Der Vorschlag ist nicht ganz neu, hat aber seinen Reiz: Der Harburger Bezirkspolitiker Frank Wiesner (SPD), hauptberuflich Verkehrsplaner, hat eine Idee entwickelt um die notorisch überlastete S-Bahn im Hamburger Süden zu entlasten. Eine zweite Elbquerung parallel zum Elbtunnel. Die Grünen haben so etwas schon einmal gefordert, die CDU und zuletzt die FDP. Wenn es auf diese Vorschläge überhaupt Reaktionen gab, dann abschlägige. Die knapp 10 Kilometer lange Strecke zu bauen, würde immense Summen verschlingen.
Wiesners Idee greift den Kostennotstand auf und begegnet ihm mit Synergieeffekten: Ein großer Teil der Strecke bis zur Elbe könne auf Gleisen der Hafenbahn zurückgelegt werden, so Wiesner. Zwei-System-Züge hätte die S-Bahn ja und die Ausnutzung der Hafenbahnstrecke würde noch etwa 200 S-Bahn-Fahrten zulassen. Um auf diese Gleise zu kommen, müsste man allerdings schon in Bostelbek in Richtung Elbtunnel ausfädeln und nicht erst in Neugraben, wie es andere Politiker zuvor gefordert hatten.
Fahrzeit zwischen Neugraben und Altona würde sich um 19 Minuten verkürzen
Dann hätte man auch gleich eine S-Bahn-Station in Bostelbek. Weitere Halte im Süden wären Hausbruch Nord für das Gewerbegebiet und Waltershof. Optional könnten auch Haltepunkte in Moorburg und bei Eurogate dazugeplant werden. „Die Fahrzeit zwischen Neugraben und Altona würde sich dadurch um 19 Minuten verkürzen“, sagt Frank Wiesner, und die von „Harburg nach Altona immerhin noch um sechs Minuten.“
In der BWVI hält man die Kapazitäten auf der bestehenden Strecke für ausreichend und von solchen Plänen wenig, zumal mit einer dritten Linie auf der klassischen Route der Fahrtakt noch verdichtet werden soll: „Die Maßnahme einer weiteren Elbquerung aus dem Süderelberaum steht aktuell in keiner Planungsüberlegung oder Notwendigkeit“, formuliert BWVI-Sprecher Christian Füldner ein langes Nein.
Auch einem anderen langgehegten Bahn-Traum der Harburger Kommunalpolitik erteilt Füldner eine Absage: „Derzeit wird die Verlängerung der U4 über die Elbe auf den Kleinen Grasbrook geplant. Die Weiterführung von dort aus in Richtung Süden ist eine Perspektive, für die es aktuell keine Planung gibt.“
Sechs neue Haltestellen
Ob eine U4 Harburger Pendler schneller nach Hamburg befördern könnte, als eine fahrplantreue S3/31 ist aber auch ohnehin fraglich: Damit die U-Bahn-Linie in den Süden überhaupt Sinn ergibt, müsste sie S-förmig über die Elbinsel Wilhelmsburg verlaufen und so einerseits das Reiherstiegviertel und anderseits die Neue Mitte Wilhelmsburgs und die Großsiedlung Kirchdorf Süd anzubinden.
Zu diesem Schluss kommt eine Konzeptstudie der Hamburger Hochbahn AG, die im Zusammenhang mit der Hamburger Olympiabewerbung erstellt wurde und sechs neue Haltestellen empfiehlt. Frank Wiesner schätzt, dass eine Fahrt nach Hamburg mit der U4 10 Minuten länger dauern würde, als mit der S-Bahn.
Für Wilhelmsburg wäre die U4 allerdings immer noch von Vorteil. Und auch für Harburg rechnen sich Verkehrspolitiker von Grünen und SPD ganz neue Möglichkeiten durch die U4 aus – beispielsweise eine Verlängerung in Richtung Wilstorf und Langenbek, oder aber nach Eißendorf. Auch für die U4 fordern sie Koalitionäre deshalb eine neue Machbarkeitsstudie.
Bostelbeker erlebten eine Enttäuschung
Die Bostelbeker, die seit langer Zeit auf eine S-Bahn-Haltestelle hoffen, erlebten unterdessen im Harburger Mobilitätsausschuss eine Enttäuschung: Die Vorstellung einer entsprechenden Machbarkeitsstudie entfiel. Sie wurde auf Bitte der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) abgesagt.
Zuletzt, 2018, hatte die BWVI eine S-Bahn-Station in Bostelbek abgelehnt: Die Behörde rechnete sich nur ein geringes Nachfragepotenzial für den Haltepunkt aus – zu gering um die Kosten zu rechtfertigen, die ein Bahnhofsbau hier verursachen würde. Die würden sehr hoch ausfallen, weil für eine Station die Gleise verschwenkt werden müssten, damit der Bahnsteig dazwischen passt.
Kleiner Lichtspalt der Hoffnung in der fast geschlossenen Tür
Allerdings ließ die BWVI noch einen kleinen Lichtspalt der Hoffnung in der fast geschlossenen Tür: Wegen der Planungen zur Vergrößerung des hit-technoparks könne sich eine größere Nachfrage nach einem weiteren Bahnhof ergeben. Deshalb solle ein Mobilitätskonzept in Auftrag gegeben werden, das die vielen geplanten Technologieparks und -cluster im Bereich Harburg vernetzen soll. Dazu gehöre auch eine Machbarkeitsstudie für eine S-Bahn-Haltestelle Bostelbek.
In der Zwischenzeit wurde auch die Holsten-Brauerei in die Nähe Bostelbek verlegt und Daimler Benz plant die Erweiterung seines Bostelbeker Werkes. Der Bedarf steigt also tatsächlich. Warum die Vorstellung entfiel, ist nicht wirklich klar: Laut BWVI ist die Studie noch nicht fertig, laut Bezirksverwaltung ist sie sehr wohl fertig, allerdings wollte die BWVI sie durch einen ihrer Beamten vorstellen lassen und konnte an diesem Abend niemanden entbehren.