Harburg . Für das neue Jahr und das neue Jahrzehnt hoffen Harburgs Kulturschaffende auf mehr kulturpolitischen Mut vom Bezirk.

Für das neue Jahr und das neue Jahrzehnt wünschen sich Harburgs Kulturschaffende mehr kulturpolitischen Mut vom Bezirk. Das ist der Tenor, wenn man bei Künstlern, Veranstaltern und Kulturorganisatoren fragt. Geld sei dabei höchstens zweitrangig. Das ließe sich mit Ideen und Begeisterung auch außerhalb staatlicher Quellen erschließen.

„Wichtig ist meiner Meinung nach, dass den Kulturschaffenden in Harburg Freiräume gegeben und geschaffen werden“, sagt Werner Pfeifer, Journalist, Galerist, Musiker und Veranstalter im Binnenhafen. „Aber ich habe nicht das Gefühl, dass das passiert. Im Gegenteil: Wenn jemand mit neuen Ideen kommt, wird er erst einmal misstrauisch beäugt.

Statt eine Idee dann weiterentwickeln zu können muss man immer erst einmal dicke Bretter bohren. Vielen geht dabei die Luft oder die Lust aus.“ Als ein Beispiel nennt Pfeifer die Diskussion um die kulturelle Nutzung der Dreifaltigkeitskirche. „Ganz Harburg hat interessiert auf das Projekt Dreifalt geschaut. Und auch über Harburg hinaus fand das Projekt Anklang. Die Bezirkspolitik und das Bezirksamt haben sich in der Öffentlichkeit vornehm zurückgehalten“, sagt er.

Dreifaltigkeitskirche ist immer noch im Blick.

Die Dreifaltigkeitskirche haben Harburgs Kulturmacher auch immer noch im Blick. Noch bis Ende Februar läuft ein Interessenbekundungsverfahren der Kirchengemeinde, im Zuge dessen zukünftige Pächter oder Käufer der Kirchengebäude nicht nur tragfähige Finanzen nachweisen sondern auch Nutzungskonzepte vorlegen sollen.

Aus dem Kreis derer, die von Sommer 2018 bis Frühjahr 2019 dort verschiedene Möglichkeiten der kulturellen Nutzung erprobten, hat sich eine Genossenschaft gegründet, die sich an dem Bieterwettbewerb beteiligt. „Das haben wir aus verschiedenen Gründen getan“, sagt Carsten Lünzmann, Architekt, Musiker und einer der Ansprechpartner der Genossenschaft „Dreifalt“.

„Erstens war das alte Dreifalt-Projekt spannend, aber für Außenstehende oder Verhandlungspartner nicht wirklich greifbar. Das ändert sich jetzt und baut eventuell auch Misstrauen ab. Zweitens müssen wir eine juristische Körperschaft bilden, um bieten zu können und drittens bietet eine Genossenschaft, der viele beitreten können, eine breite Basis in Harburg.“

„Vielleicht bewegt sich dann auch etwas in der Politik.“

Für ihr Konzept hat die Genossenschaft die Elemente ausgewählt, die sich in der Erprobung bewährt haben. Veranstaltungen im Kirchenschiff und im Gemeindesaal, Probenräume, eine Galerie, möglicherweise Gastronomie dazu. „Wir sind nicht die einzigen Bewerber für das Gebäude, aber wir hoffen, möglichst viele Harburger – durchaus auch aus der Wirtschaft – bei uns begrüßen zu dürfen. Vielleicht bewegt sich dann auch etwas in der Politik.“

Dort, so Lünzmann, säßen nämlich die Bremser. Die Verwaltung sei in kulturellen Angelegenheiten sehr kooperativ, aber personell unterbesetzt. „Wenn kein politischer Wille ausgesprochen wird, das zu ändern, bleibt es auch so. Dabei gibt es neben der Dreifaltigkeitskirche noch einige andere Stätten, die kulturell entwickelt werden könnten, wie die beiden ehemaligen WC-Anlagen am Schwarzenberg oder der eine oder andere Bunker. Das muss man aber wollen!“

Marion Göhring von der Harburger Kunstleihe sieht das ähnlich: „Als Künstler oder Kulturanbieter fühlt man sich von der Bezirksversammlung meist bestenfalls ignoriert“, sagt die Malerin und Publizistin. „Bei so wenig offiziellem Rückhalt bleibt auch die öffentliche Unterstützung gering und die Lust am Schaffen leidet darunter.“ Auch die Kunstleihe war im Rahmen des Dreifalt-Projektes entstanden und danach im Nachbarschaftstreff des Eisenbahnbauvereins untergekommen – aber nur tageweise. Um Nutzungskonflikte künftig zu vermeiden zieht die Ausleih-Galerie gerade nach Heimfeld.

„Junge Leute ins Theater bekommen!“

Der Förderkreis Harburger Theater wünscht sich ebenfalls mehr Mut. Allerdings nicht so sehr von der Bezirkspolitik, wie von der Theaterleitung: „Es muss uns gelingen, einen breiteren Bevölkerungsquerschnitt, vor allem mehr junge Leute in unser Theater zu bekommen“, sagt Freundeskreisvorsitzende Angela Scholz. „Das schaffen wir nur mit Angeboten, die auch auf die Harburger Zielgruppen zugeschnitten sind. So etwas vermisse ich allerdings derzeit.“