Langenbek. Der Siemens T100 ist nur eines von unzähligen Geräten, die Fernmeldemechaniker Frank Pawlowski vor der Digitalisierung bei Post und Bahn rettete.

Acht Stufen sind es, die in die jüngere Vergangenheit führen. Sie liegt im Keller eines Mittelreihenhauses in Langenbek und wird vom Hauseigentümer höchstpersönlich fein säuberlich bewahrt. Es sind zumeist technische Geräte, die ihre Hoch-Zeit hinter sich haben. Maschinen, die in den 1990ern durch Computer, Internet und E-Mail abgelöst worden sind. Und die plötzlich keiner mehr haben wollte – außer Frank Pawlowski, 62 Jahre alt, Fernmeldemechaniker und Angestellter der Deutschen Bahn.

War damals der Renner in Haushalten und Büros: das Drehscheibentelefon, Farbe Beige.
War damals der Renner in Haushalten und Büros: das Drehscheibentelefon, Farbe Beige. © HA | Hanna Kastendieck

Er erinnert sich noch genau, wie nach und nach die schwarzen Wählscheibentelefone, Schreibmaschinen und Prüfschränke zum Durchmessen der Leitungen aus der Bahnhofszentrale in Harburg verschwanden. Als seinem mechanischen 10.000er-Wählamt mit zirka 30.000 Relais und Wählschaltern 2002 durch ein Rollkommando mittels Winkelschleifer der Garaus gemacht werden sollte, griff Frank Pawlowski zu und bewahrte das Fernschreibgerät des Typs Siemens T100 vor dem Schrotttod. Es landete bei ihm im Reihenhauskeller.

„Der T100 ist im Prinzip eine größere Schreibmaschine mit einer Tastatur zur Eingabe des zu sendenden Textes und mit Typenhebeln zum Schreiben des empfangenen Textes“, erklärt Pawlowski. „Die Texte wurden auf einem 5-Kanal-Lochstreifen gespeichert, jedes Zeichen wurde also mit 5 Bit codiert. Diese wurden dann auf die Leitung geschickt.“ 400 Zeichen pro Minute konnten auf diese Weise über den Fernschreiber versendet werden. Bis in die 1990er Jahre waren Fernschreiber wie dieses Gerät im Einsatz. Dann lösten Internet und Email die Technik ab.

Die Registrierkasse von Adler hat Frank Pawlowski auf dem Sperrmüll gefunden.
Die Registrierkasse von Adler hat Frank Pawlowski auf dem Sperrmüll gefunden. © HA | Hanna Kastendieck

Pawlowski selbst kennt sich mit den alten Geräten und ihren Funktionen bestens aus. 20 Jahre hat er das große Amt der Deutschen Bahn im Harburger Bahnhofsgebäude zwischen Gleis 3 und 4 betreut, Drehwähler und Schaltkreise betreut, gewartet und entstört. „Zwölf Stellwerke mussten miteinander kommunizieren“, erinnert er sich. „Das war ein tolles, sehr personalintensives Geflecht. Täglich wurden 2000 Rangierungen von den Stellwerken gesteuert.“

Funk, Fernsehtechnik, Weitverkehr- und Fernschreibwesen fielen in seinen Aufgabenbereich. So auch die Fernschreibgeräte wie der Siemens T100. Als aufgrund der Dauerbelastung eines solchen Geräts mit dem Standort Sylt einmal der Buchstabe „M“ abbrach, machte sich der Fernmeldemechaniker mit dem Metallbuchstaben bewaffnet mit dem Zug auf den Weg nach Nordfriesland. Der Austausch dauerte fünf Minuten. „Schön war die Zeit, als Mechaniker noch gebraucht wurden“, sagt er heute rückblickend.

Das alles hat mit der Digitalisierung ein Ende gefunden. Die Fernschreiber und Drehscheibentelefone samt Technik wurden ausgemustert – und auch das Personal wurde an dieser Stelle nicht mehr gebraucht. „Für einen ausgebildeten Fernmeldemechaniker wie mich war das nicht leicht“, sagt Frank Pawlowski, der sich neuen beruflichen Aufgaben stellen musste und sich seitdem als Servicetechniker am Harburger S-Bahnhof um Pumpen, Aufzüge und Rolltreppen kümmert.

Doch die alten technischen Geräte, deren Aufbau und Funktion Frank Pawlowski von der Pike auf gelernt hat, faszinieren ihn bis heute. Dazu gehört auch der Prüfschrank zum Prüfen von Leitungen, den er 15 Jahre lang beruflich genutzt hat und den er ebenfalls vor der Schrottpresse gerettet hat. Bewahren will er aber auch andere Dinge, Gegenstände, die noch bis in die 1990er Jahre zum Alltag gehörten und inzwischen nahezu ausgestorben sind.

Ein Kaugummi-Automat gehört dazu, der für einen Groschen eine bunte Süßigkeit ausspucken kann. Oder eine Adler Registrierkasse mit Kurbel, die Pawlowski vom Sperrmüll gerettet hat. Und natürlich sein Tornister, ein kleiner brauner Lederranzen mit zwei Riemen, gerade so groß, dass ein Heft und ein Buch hineinpassen. 55 Jahre ist die Tasche alt, die damals Jungen wie Mädchen gleichermaßen in die Penne trugen – ein einfacher Ranzen ohne ergonomisch geformtes Rückenpolster, mitwachsendes Tragesystem sowie Brust- und Rückengurt. „Das Ding ist tadellos“, sagt Frank Pawlowski. „Nur will ihn keiner mehr.“

„Hot Stuff“

Die Sonderausstellung „Hot Stuff“ im Archäologischen Museum Hamburg (AMH) zeigt begehrte Alltagsgegenstände aus den vergangenen Jahrzehnten, die inzwischen zum „alten Eisen“ gehören.

Haben Sie auch einen solchen Gegenstand? Dann schicken Sie uns bitte Ihren Vorschlag mit kurzer Begründung per E-Mail (Adresse unten). Fügen Sie gern ein Foto ihres alten Kultobjekts hinzu. Die interessantesten Gegenstände und Geschichten wollen wir im Hamburger Abendblatt präsentieren.

Das Museum hat angekündigt, allen Lesern, die mit der Abendblattseite (oder einem Online-Ausdruck) ihrer veröffentlichten Geschichte zur Museumskasse kommen, freien Eintritt zu gewähren.

Eine Jury aus Abendblatt- und Museumsmitarbeitern wird das beste Leser-Schätzchen küren. Es wird dann in die Ausstellung integriert.

Geöffnet ist die Ausstellung im AMH (Museumsplatz 2) noch bis zum 26. April, Dienstag bis Sonntag von zehn bis 17 Uhr.