Fischbek. Investor plant im Neubaugebiet „Heidbrook“ ein Gesundheitszentrum. Doch vor allem Haus- und Kinderärzte winken ab.
Das Neubaugebiet „Heidbrook“ auf dem Gelände der früheren Röttiger Kaserne in Fischbek ist weitgehend bebaut, rund 1200 Wohneinheiten hat die städtische Entwicklungsgesellschaft IBA hier geplant. Genug Potenzial für neue Arztpraxen, sollte man meinen. Zumal die medizinische Versorgung im gesamten Süderelberaum offensichtlich eher dünn ist, wie Kommunalpolitiker immer wieder beklagen. Doch für ein im „Heidbrook“ geplantes Gesundheitszentrum erweist es sich für den Investor derzeit als schwierig, das geplante Gebäude komplett zu füllen.
700 Quadratmeter Fläche stehen zur Verfügung
Zusagen gebe es dort jetzt zwar für eine Physiotherapiepraxis und eine Zahnarztpraxis im ersten Obergeschoss, eine Naturheilkundepraxis sowie eine Praxis für Kinder- und Jugendpsychotherapie. Aber gerade die hier dringend gewünschten Kinder- und Allgemeinmediziner zeigen bisher kein Interesse, wie der Architekt Cyrill Rückner als Vertretung der Bauherren jetzt im zuständigen Ausschuss der Bezirksversammlung Harburg darstellte. „Das ist schwierig, dabei haben wir mehrfach sogar im Ärzteblatt das Projekt beworben“, so Rückner.
Erst 70 Prozent sind vermietet
Daher seien die vermietbaren 700 Quadratmeter Fläche im geplanten Gesundheitszentrum erst zu 70 Prozent vergeben. Allerdings sei der Bauantrag bereits gestellt, 2020 könne mit dem Bau begonnen werden, für 2021 sei die Fertigstellung geplant. Angestrebt werde damit die medizinische Versorgung der beiden neuen Fischbeker Quartiere „Heidbrook“ und „Reethen“. Auch eine Apotheke sollte ursprünglich im Erdgeschoss einziehen, aber auch dafür konnte zunächst kein Interessent gefunden werden.
Auch die IBA engagiert sich bei der Suche
Auch die städtische IBA hatte versucht, mehr Ärzte für das Gebiet zu interessieren. Unter anderem, indem Medizinern bevorzugt Grundstücke in den IBA-Gebieten in Neugraben und Fischbek zum Hausbau angeboten werden sollten. Doch dabei stieß man auf wenig Interesse. „Wir haben alles versucht, aber Ärzte wollen wohl gar nicht in der Nähe ihrer Praxen wohnen“, vermutete IBA-Projektkoordinatorin Philippa Dorow. Vielleicht könne man daher darüber nachdenken, das Angebot auf weiter entfernte IBA-Gebiete wie in Bergedorf auszuweiten, schlug sie vor.
Woran das mangelnde Interesse liegt, konnte im Ausschuss nur vermutet werden. Zumal der Bezirk erreicht hatte, dass die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung sich nicht nur an der aktuellen Bevölkerungszahl orientiert, sondern in diesem besonderen Fall auch an dem erwarteten Bevölkerungszuwachs in Fischbek-Neugraben. Offensichtlich würden sich Ärzte eher in gut situierten Stadtteilen niederlassen wollen als am Stadtrand, hieß es aus Reihen der Politik. Es gebe da eine „Fehlbedarfsplanung“, vermutete auch Fachamtsleiter Robert Wegner.
24.000 Euro als Anschubfinanzierung
Doch einen Ärztemangel kennt man auch im benachbarten Landkreis Harburg: Dort liegt der Versorgungsgrad mit Hausärzten unter dem Soll, zudem dürften in nächster Zeit viele ältere Ärzte ihre Praxen aufgeben. Die Landkreisverwaltung hat daher jetzt (wie berichtet) einen Vorschlag für ein finanzielles Anreizsystem auf den Tisch gelegt: Das sieht unter anderem für die Niederlassung eines Hausarztes eine Anschubfinanzierung von 24.000 Euro vor. Studenten sollen ein Stipendium von 500 Euro monatlich erhalten, wenn sie sich verpflichten, nach Abschluss ihrer Ausbildung als Hausarzt im Landkreis tätig zu sein. Die SPD im Landkreis schlägt indes vor, dass Kommunen selbst aktiv werden sollten, indem sie Medizinische Versorgungszentren (MVZ) aufbauen, wo Ärzte als kommunale Angestellte arbeiten. Hintergrund ist, dass junge Mediziner heute das Risiko eher scheuen, eine eigene Praxis mit der damit verbundenen großen Arbeits- und Finanzierungsbelastung aufzubauen.
Aber manchmal sind es auch Anwohner selbst, die die Niederlassung verhindern. Auch das berichtete im Ausschuss IBA-Projektkoordinatorin Dorow. So sei für das Neugrabener IBA-Neubaugebiet Vogelkamp angedacht gewesen, in einem Mehrfamilienhaus eine Augenarztpraxis anzusiedeln. Doch bei einer Nachbarschaftsbefragung hätten wohl viele diese Idee wegen der möglichen Störung abgelehnt. „Dann war uns das Klagerisiko zu hoch“, so Dorow.