Wilstorf. Das Harburger Quartier ist in die Jahre gekommen und entwickelt erste Problemecken. Eine Studie empfiehlt, jetzt gegenzusteuern.
Die Zeiten, in denen Wilstorf aus zwölf Bauernhöfen und einer Kirche bestand, sind lange vorbei. Knapp 18.000 Menschen – 5000 pro Quadratkilometer – leben zwischen Stadtpark und Rönneburg, Bahngleisen und Bergkuppe. Der Großteil der Häuser entstand zwischen den Kriegen.
Das Quartier ist in die Jahre gekommen und entwickelt erste Problemecken. Deshalb soll ein großer Teil Wilstorfs nun ins „Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung“ (RISE) aufgenommen werden, um ihn als lebenswerten Stadtteil zu erhalten. Die Kosten schätzt die Studie auf gute zwei Millionen Euro.
„Man muss einen Stadtteil ja nicht erst zum Brennpunkt werden lassen, bevor man lenkend eingreift“, sagt der Vorsitzende des Harburger Stadtentwicklungsausschusses, Frank Richter (SPD). Insofern sei es gerechtfertigt, Wilstorf jetzt zum RISE-Gebiet zu machen – und wahrscheinlich auch günstiger.
Am Mittwoch wird die Problem- und Potenzialanalyse (PPA), die einem RISE-Programm immer vorausgeht, im Regionalausschuss Harburg vorgestellt. Ein Teil Wilstorfs bleibt dabei außen vor: Zwischen Kapellenweg und Stadtpark sehen die Planer keinen Handlungsbedarf. In der ursprünglichen Planung sollte sogar die Winsener Straße schon die Gebietsgrenze sein.
Punkte mit Potenzial
Dann allerdings wäre auch das große Bauprojekt rund um den REWE-Markt ausgeklammert – und das ist einer der Punkte mit Potenzial. Hunderte neuer Wohnungen werden hier gebaut, mindestens ein Drittel davon Sozialwohnungen. Das ist deshalb wichtig, weil am anderen Ende des Quartiers, im Bereich zwischen Höpenstraße und Radickestraße im kommenden Jahr gut 300 Wohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen.
Weil dies überwiegend Genossenschaftswohnungen sind, sei mit großräumigen Verdrängungsprozessen zwar nicht unmittelbar zu rechnen, schreiben die Autoren der Studie, allerdings könnte die sehr gemischte Bebauung zu einer kleinräumigen Konzentration von Problemlagen führen.“
Potenziale für sozialen Wohnungsbau sollten deshalb erschlossen und entwickelt werden. Dazu zählen die ehemalige Ladenzeile an der Ecke Reeseberg/Mensingstraße, die Fläche östlich des Musilwegs, das Postgebäude am Trelder Weg und eben das Rewe-Gelände.
Kinderärzte und Hebammen fehlen
Die soziale Infrastruktur beurteilt die Studie als solide, aber ausbaufähig. Vor allem Kinderärzte und Hebammen fehlen, außerdem gibt es zu wenig Beratungsangebote für junge Eltern. Das Kinderzentrum Schneverdinger Weg soll deshalb um eine Eltern-Komponente erweitert werden. Ansonsten loben die Autoren die gute Vernetzung von Sozial,- Bildungs- und Freizeiteinrichtungen im Gebiet.
Die ungleiche Verteilung von Grünflächen wird in der Studie als problematisch angesehen. Dort, wo Grünflächen öffentlich zugänglich sind – etwa das Abstandsgrün zwischen Wohnblocks – seien sie zu monoton. Eine Aufwertung durch vielfältige Nutzung wird empfohlen. Konkrete Projekte dazu müssten noch entwickelt werden.
Auch Einkaufsmöglichkeiten sind im Gebiet ungleich verteilt. An der Winsener Straße und an der Rönneburger Straße sollen Nahversorgungszentren entstehen, ihre Entwicklung stockt aber derzeit. Das bestehende Einkaufszentrum am Trelder Weg wird, so die Studie, dem Bedarf nicht gerecht. Die Folge ist ein Abwandern der Einkäufer in die Harburger Innenstadt, was zum Schaden der kleineren Geschäfte in Wilstorf geschieht. Verbesserungen in diesem Nahversorgungszentrum würden dem ganten Quartier zugute kommen können.
Winsener Straße muss für Fußgänger attraktiver werden
Dringend etwas geschehen muss, so die Studie, beim Thema Verkehr. Die Winsener Straße müsse für Fußgänger attraktiver werden, beispielsweise durch mehr Querungsmöglichkeiten. Außerdem empfiehlt die Studie eine Belebung des dunklen Raums unter der Autobahnbrücke und die Wiedererrichtung einer Brücke über die Eisenbahngleise – zumindest für Fußgänger und Radfahrer.
„Dafür setzen wir uns schon lange ein“, freut sich der Wilstorfer SPD-Politiker Torsten Fuß. „Dann wäre man sehr schnell aus den Häuserschluchten in den Feldern.“