Harburg. Der Ausweichstandort am Rathaus ist zwar schön, aber unpraktisch, finden viele Händler. Einige wollen dennoch bleiben.
Seit April befindet sich der Harburger Wochenmarkt im vorübergehenden Exil auf dem Rathausplatz. Noch bis Oktober wird der alte Marktplatz am Sand komplett neu gestaltet. In den nächsten Wochen geht der Umbau in die zweite Phase: Auch die Stichstraße am Ostende des Marktes wird dann neu gestaltet – und hinterher für den allgemeinen Straßenverkehr nicht mehr zugänglich sein. Marktbeschicker, die ihre Warenlager noch direkt am alten Marktplatz haben, fürchten, ab dann bis zur Rückkehr auf den Sand große Umwege machen zu müssen um ihre Stände aufzustellen und zu versorgen. Andere Marktleute hingegen sind mit der jetzigen Lage sehr zufrieden und regen an, vor dem Rathaus zu bleiben. Das war jedoch nie geplant, heißt es aus dem Bezirksamt.
Lange Wege beim Auf- und Abbau nerven
Marktbeschicker Otto Jürgens ist jetzt schon genervt: Er gehört zu den Markthändlern, die ihre Lagerhaltung nicht direkt im Lieferwagen haben. Stattdessen hat er Räume in direkter Marktnähe angemietet. 10 Tiefgaragenplätze neben dem Edeka-Markt sind für seine Ware und seinen Marktstand reserviert. So lange der Markt auf dem Sand war, eine praktikable Lösung. Jetzt, wo der Markt vor das Rathaus umgezogen ist, muss er sechs Tage in der Woche Eier, Kartoffeln und Gemüse sowie seinen Verkaufsstand durch den Fußgängertunnel unter dem Harburger Ring schieben, bergab und bergauf. Demnächst soll er dafür noch einen größeren Umweg machen: Wenn die Marktplatzsanierung in die zweite Phase geht, wird auch die Stichstraße vom Sand zur Hölertwiete neu gepflastert – bevor die Marktleute auf den alten Platz zurückziehen. Otto Jürgens wäre damit der Weg vom Lager zum Tunnel verbaut. „Ich brauche jetzt schon eine Stunde länger zum Auf- und Abbauen“, sagt er. „Ich weiß nicht, was das noch werden soll.“
Marktleute waren in die Planung eingebunden
Auch Obstbäuerin Ingrid Holst muss täglich durch den Tunnel. Bislang zog sie Stand und Ware mit einem elektrischen Gabelstapler zum Rathaus. Doch just jetzt ist die Anhängerkupplung gebrochen. „Das Gewicht der Äpfel und die Steigung waren wohl zuviel“, sagt sie, „ich bin froh, wenn wir auf dem Sand zurück sind.“
Aufwertung des Platzes am Sand
Nicht auf den Sand zurückzukehren, war im Vorwege des Umbaus und Umzugs auch nie ein expliziter Wunsch der Marktleute, die nach Angaben des Bezirksamtes von vornherein in die Planungen mit eingebunden waren. Danach gefragt hatte die AfD-Bezirksfraktion. Sie wollte wissen, warum der Markt nicht grundsätzlich vor das Rathaus verlagert wird. „Die Markthändler haben von Beginn an ihre Zustimmung zur Umgestaltung und Aufwertung des Marktes am Sand zum Ausdruck gebracht. Die Frage einer dauerhaften Verlegung des Marktes auf den Rathausplatz hat sich zu keinem Zeitpunkt gestellt“, lautet die Antwort aus dem Rathaus.
Viereinhalb Millionen Euro Kosten
Immerhin nimmt der Bezirk gut viereinhalb Millionen Euro in die Hand, um das gesamte Marktquartier aufzuwerten. Die wären in den Sand gesetzt, wenn auf dem Sand gar kein Markt mehr stattfände.
Mittlerweile gibt es allerdings auch Markthändler, die Gefallen am neuen Standort gefunden haben. Zum Einen, weil das architektonische Umfeld am Rathausplatz deutlich schicker ist, als die Ringbau-Bausünden, die den Sand an zwei Seiten prägen, zum Anderen, weil es hier mehr Laufkundschaft gibt als auf dem Sand, der eher gezielt angesteuert wird. Und es gibt noch einen weiteren Grund. „Ich weiß nicht, wie es auf dem Sand in zehn Jahren aussieht“, sagt Gärtnermeister Jörn Schlumbohm, der auf dem Markt saisonal wechselnde Pflanzen für Beet und Balkon sowie Gemüse aus eigener Produktion verkauft. „Viele der alteingesessenen Händler werden in nächster Zeit in den Ruhestand gehen und Nachfolger sind nicht in Sicht. Hier vor dem Rathaus könnte man auch kleiner aufbauen.“
Nur für begrenzte Nutzung geeignet
Der Rathausplatz ist aber eigentlich für zeitlich begrenzte Nutzungen, wie Weihnachtsmarkt, Lichterlauf und Vogelschießen vorgesehen. Und er hat einen entscheidenden Nachteil, wie die Bezirksabgeordnete und Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Harburg-Mitte Helga Stöver weiß. „So schön es hier ist“, sagt sie, „so unvorteilhaft ist die unebene Pflasterung auf dem Rathausplatz. Ich höre immer wieder von älteren Mitbürgern, dass sie hier Schwierigkeiten mit Gehhilfen oder Rollatoren haben. Und auf dem Sand wird alles schön gerade sein.“
Die Logistik der Marktleute soll sich in nächster Zeit zumindest nicht verschlechtern, heißt es aus dem Bezirksamt. „Mit dem Umbau der Stichstraße soll im Herbst begonnen werden“, sagt Bezirkssprecher Dennis Imhäuser. „Wir haben bei der Planung darauf geachtet, dass die Hölertwiete jederzeit fußläufig erreichbar ist.“