Harburg. Investor plant Bau eines 280-Betten-Hauses im hinteren Bereich des Grundstücks. Rezeption und Frühstücksraum im Fachwerkhaus geplant.

Die Tage der Traditionsgaststätte Goldener Engel an der Harburger Schloßstraße 7 sind gezählt: Zum 30. Juni läuft der Pachtvertrag der Gastwirtin Waltraut Hörlberger aus, sie muss den Betrieb einstellen. Ein Investor, die Harburg aestate GmbH, wird das denkmalgeschützte Fachwerkhaus zum Empfangs- und Gastrogebäude eines 140-Zimmer-Hotels umbauen. Das Hotel wird auf dem Grundstücksteil zum Kaufhauskanal errichtet. Direkt nebenan gibt es bereits eine Großbaustelle. Dort baut Arne Weber (HC Hagemann) an seinem Projekt Weißes Haus (mit hellgrauer Fassade), in dem 35 Mietwohnungen entstehen.

„Der alte Eingang bleibt erhalten, ebenso die gesamte Außenfassade“, sagt Frank Andreas Kohl von Harburg aestate. Doch jenseits des gewohnten Straßenbildes wird nichts mehr so bleiben wie es aktuell ist. Kohl: „Im Laufe der Zeit wurde in die Gasträume viel Neues eingebaut. Wir haben bisher nur eine grobe Vorstellung davon, was wirklich alt und erhaltenswert ist. Das Erdgeschoss und das Obergeschoss mit seinen vielen kleinen Zimmern werden zunächst entkernt. Die Arbeiten führen wir in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz aus.“

Da noch nicht klar ist, welche Strukturen die heutige Gaststube und die hinteren Räumlichkeiten erhalten werden, gibt es noch kein ausgefeiltes Raumkonzept für den modernen Hotelbetrieb in dem altehrwürdigen Haus. Es werde ein Frühstücksrestaurant geben. Vielleicht auch eine Bar, sagt Kohl. Dies zu entscheiden, sei Sache des künftigen Hotelbetreibers. Er ist schon gefunden, soll aber noch nicht genannt werden.

Der Bauplatz hinter dem Fachwerkgebäude ist weitgehend leergeräumt.
Der Bauplatz hinter dem Fachwerkgebäude ist weitgehend leergeräumt. © HA | Angelika Hillmer

Das Haus werde „weiterhin die traditionelle Funktion eines Gasthauses“ haben, so Kohl, „im Rahmen des Hotelbetriebs“. Ob eine mögliche Bar oder die Restauration für die Harburger Öffentlichkeit zugänglich sein werden, entscheide der zukünftige Betreiber. Weiterhin sollen in dem Fachwerkhaus ein Fitnessraum sowie Küche, Sanitär- und Personalräume untergebracht werden. Gäste sollen hier nicht übernachten.

Sie werden jenseits des denkmalgeschützten Gebäudeensembles untergebracht. Dort soll ein Hotel für 280 Gäste (140 Zimmer) gebaut werden. Dazu musste jetzt ein Werkstatt- und Garagentrakt weichen. Er ist bereits weitgehend abgerissen worden. Am Montag räumte ein Radlader noch Bauschutt vom Grundstück, und ein Bagger machte die letzten Garagen dem Erdboden gleich. Ein Bauantrag für das Projekt sei bereits gestellt, so Kohl.

Zu den Kosten mag der Investor noch nichts sagen. Denn es gibt einige Unbekannte, etwa im Bereich des Denkmalschutzes oder in Form von Auflagen im Rahmen der Baugenehmigung. Auch eine Untersuchung auf Altlasten im Baugrund stünde noch aus, sagt Kohl. Er geht davon aus, dass das Projekt im Jahr 2021 fertig wird. Erst im September 2018 hatte Waltraut Hörlberger den Goldenen Engel übernommen. Damals war bereits klar, dass sie voraussichtlich nur zehn Monate bleiben kann. Doch am liebsten wäre sie geblieben, sagte sie vor einigen Wochen dem Abendblatt.

Als bedauerlich schätzt auch Birgit Caumanns die Entwicklung ein. Die Stadtplanerin ist Vorstandsmitglied der Geschichtswerkstatt Harburg und arbeitet seit vielen Jahren zum Binnenhafen. „Der Goldene Engel ist ein Traditionsgasthaus. Es ist belegt, dass es an diesem Ort bereits 1730 eine Gastwirtschaft gab. Einstmals war der historische Kern Harburgs, vor allem der Kanalplatz und die Schloßstraße, voller Gaststätten. Der Goldene Engel ist die letzte, die im alten Stadtkern übrig geblieben ist.“

Über die neue Nutzung sei sicherlich im Einvernehmen mit dem Denkmalschutzamt entschieden worden, sagt Caumanns und ist nicht generell dagegen, dass denkmalgeschützte Gebäude anders als ursprünglich verwendet werden – „neue Nutzungen muss es geben, um den dauerhaften Erhalt zu sichern“. Dennoch gingen mit dem Hotelprojekt alte Strukturen verloren: „In dem Ende des 19. Jahrhunderts angebauten Saal gab es ab 1915 Filmvorführungen. Damit war der Goldene Engel auch eines der ersten Kinos in Harburg.“

Hinter dem Gebäudeensemble befand sich der Utspann, wo Pferde über Nacht ausgespannt wurden. Auch diese Struktur sei nun verloren und könne nicht mehr der „Spurensicherung der alten Nutzung“ dienen, so Caumanns. Ihr Vorstandskollege von der Geschichtswerkstatt Klaus Barnick bedauert das Ende des Gasthauses ebenfalls: „Der Goldene Engel ist fest verankert in den Köpfen der Harburger.“

Gasthaus-Chronik

Das Gebäude datiert aus den Jahren 1742/43 und ist eines der ältesten Gebäude in Harburg. Es steht unter Denkmalschutz. Anno 1888 wurde der Anbau mit einem Saal errichtet.


Eine Gastwirtschaft wurde von Anbeginn betrieben, im Jahr 1850 zog der Goldene Engel ein.

In den 1990er-Jahren residierte in dem Lokal eine kleine Privatbrauerei, die das beliebte Harburger Engelbräu produzierte und ausschenkte. 1998 wurde die Brauerei verkauft. Der neue Besitzer kam geschäftlich nicht zurecht und musste aufgeben.

Von 2003 bis 2018 bewirtschaftete der Harburger Gastwirt und Veranstaltungsmacher Heiko Hornbacher den Goldenen Engel. Zum September 2018 übernahm Waltraud Hörlberger den Betrieb.

Die Umbauarbeiten führen wir in enger Abstimmung mit demDenkmalschutz aus
Frank Andreas Kohl, Harburg Aestate GmbH