Harburg. Im Gesundheitsausschuss gibt die neue Leitung der Helios-Klinik erstmals Auskünfte zu Personalschlüssel und Schichtplänen.

Es war die letzte Sitzung des Gesundheitsausschusses der laufenden Legislaturperiode. Besonders war sie aber auch deshalb, weil es immer wieder um ein hohes Gut ging: Vertrauen. Das vor allem will der neue Geschäftsführer der Helios Mariahilf Klinik an der Stader Straße wieder aufbauen. Schon deshalb war für Torge Koop (46), seit dem 1. April im Amt, die Einladung zur Sitzung eine willkommene Gelegenheit, sich Harburgs Politikern vorzustellen. Weil er aber noch ganz frisch auf diesem Posten ist, kam er nicht allein.

Olaf Kannt, wie Koop von Haus aus Mediziner und zudem Geschäftsführer Medizin für die Helios Region Nord, gab den Politikern endlich, was sie gerne schon vor Wochen gehabt hätten: Auskunft zur Stellenbesetzung in der Geburtshilfe. Sein Fazit vorweg: „Es gibt keine Klinik bei uns im Unternehmen, die besser besetzt ist.“

Kündigungswelle brachte Stein ins Rollen

Tatsächlich war Mariahilf Anfang des Jahres immer wieder in den Schlagzeilen. Der Stein war ins Rollen geraten, nachdem bekannt geworden war, dass die Chefärztin der Geburtshilfe sowie vier ihrer Oberärzte gekündigt hatten und zudem in einem Brandbrief die Zustände dort öffentlich kritisierten.

Ende Februar schließlich die Nachricht: Phillip Fröschle, zu dieser Zeit Geschäftsführer und sozusagen im Epizentrum der Kritik, räumt seinen Schreibtisch. Aber nicht, weil er dem Druck nicht mehr standgehalten hätte. Es hieß, er habe sich schon vor längerer Zeit zu einem beruflichen Wechsel entschlossen.

Regionalgeschäftsführer räumt Fehler ein

In öffentlichen Ausschusssitzungen hatte Fröschle konsequent Auskünfte über Stellenpläne und Personalschlüssel verweigert. Ein Fehler, das räumte Regionalgeschäftsführer Olaf Kannt nun ein. Zwar könne niemand ein Wirtschaftsunternehmen dazu zwingen, aber er stimmte wohl Eftichia Olowson-Saviolaki, Ärztin und Sozialdemokratin zu, die sagte: „Schade, dass wir die Zahlen nicht früher gekannt haben, das hätte uns viel ersparen können.“

Bezogen auf die Ärzte dokumentiert das statistische Zahlenwerk, das Kannt präsentierte, dass die Geburtshilfe seit 2016 um fünf Vollzeitkräfte (VK) aufgestockt wurde. Nach dem Wert des Sollplans für 2018 soll sie mit 14,6 Vollzeitkräften (VK) besetzt sein. Tatsächlich seien es aber immer mehr gewesen (bis zu 16,36 im Dezember). Nur im Februar 18 lag der Wert unter dem Soll, bei 13,65.

Anders ausgedrückt: Die Schichtbesetzung in der Geburtshilfe sieht laut Kannt vor, dass montags bis donnerstags tagsüber je drei Ober- und drei Assistenzärzte im Dienst sind. Nachts ist ein Oberarzt in Bereitschaft und zwei Assistenzärzte haben Dienst. Am Wochenende gilt: Ein Ober- und zwei Assistenzärzte haben tagsüber Dienst, nachts ist ein Oberarzt in Bereitschaft, zwei Assistenzärzte sind vor Ort. Zudem sind pro Schicht drei Hebammen eingeteilt – die Minimalbesetzung sieht zwei pro Schicht vor. Zeitweilige Kreißsaalschließungen, wie sie im Februar für Schlagzeilen gesorgt hatten, sollen die absolute Ausnahme bleiben, könnten aber nicht ausgeschlossen werden: Krankenstand ist nicht planbar. Kannt verspricht aber: „Notfälle werden immer aufgenommen.“ Im Bedarfsfall beschäftigt die Klinik Honorarärzte, die die Lücken auffüllen.

Warum es zu den Kündigungen kam, bleibt unklar

Bleibt die Frage, wer die Geburtshilfe künftig leitet. „Wir sind in finalen Gesprächen mit einem Kandidaten“, versicherte Kannt. Ist diese Personalie erst mal vom Eis, wird auch das Vertrauen in die Klinik zurückkommen, davon sind Koop und Kannt gleichermaßen überzeugt. Die Perspektiven der zuletzt krisengeschüttelten Station im Fokus, wagt Kannt gar den großen Wurf: „Wir können locker noch 1000 Geburten draufpacken.“ Ob’s stimmt? Vieles hängt jedenfalls am neuen Chef. Mit ihm gemeinsam müsse ein neues Team aufgebaut und Konzept entwickelt werden, sagte Geschäftsführer Torge Koop.

Ungeklärt blieb die Frage, wie es überhaupt zu den Kündigungen kommen konnte, die die Krise auslösten. Kannt vermutet, dass es an fehlender Kommunikation und daraus resultierenden Missverständnissen lag. „Schade“, sagte Olaf Kannt, „das war am Ende unnötig“. „Schade“, das trifft es auch für Gudrun Schittek (Grüne): „Dass wir dazu nie die Gegenseite befragen konnten, ist wirklich bedauerlich“, sagte sie gestern.