Company-Leiter Pascal F. Skuppe kombiniert für „Jesus Christ – Superstar? Eine Matthäuspassion“ Klassik mit Rock.

Der Künstler in ihm kann es nicht lassen. Äußerst redegewandt erzählt Pascal F. Skuppe von seinen Aufgaben als Geschäftsführer der Seevetaler Musical Company, von erfolgreichen Projekten und Stationen seiner bisherigen Laufbahn. Chic-leger im grauen Pulli und mit sorgfältig gestutztem dunklem Bart sitzt der 33-Jährige aufrecht auf einem ebenfalls grauen Sofa in den Räumen der Company in Maschen.
Der Dirigent und Sänger wählt seine Worte mit Bedacht und bringt seine Gedanken dennoch in einem beachtlichen Tempo zum Ausdruck. Und dann stoppt er kurz, es geht gerade um die musikalischen Gegensätze in der aktuellen Produktion. Eine E-Gitarre ertönt – zumindest klingt es so, als Pascal Skuppe die kreischend jaulenden Töne des Rock-Instruments schlechthin imitiert und dazu den Kopf zucken lässt.

Auf den Effekt der Spannung und des überraschenden Bruchs setzt auch das Musical „Jesus Christ – Superstar? eine Matthäuspassion“. Am Karfreitag wird das Stück über das Leiden und Sterben Jesu Christi auf der Bühne der Burg Seevetal zu sehen sein. Es ist eine Mischung aus der fast 300 Jahre alten Passion von Johann Sebastian Bach und dem modernen Musical von Andrew Lloyd Webber. Majestätische Chorgesänge wechseln sich ab mit derben Rocksongs.

Der Musicalleiter setzt bei „Jesus Christ“ auf Crossover

„Mit diesem Crossover-Ansatz spiegelt das Projekt, was mir besonders am Herzen liegt“, sagt Pascal Skuppe. Bei der Uraufführung des Musicals 2011 war er jedoch unsicher, ob der Mix auch beim Publikum ankommt. „Ich hatte bis zum Schluss Angst, dass die beiden Musiken auseinanderfallen, dass alle bei Webber klatschen und Bach ertragen.“ Es kam anders, die dramaturgisch erzeugte Spannung zog die Zuschauer in den Bann. Nach zwei Wiederaufnahmen und einer Aufführung in der Hamburger Laeiszhalle 2015 ist das Stück nun wieder in Seevetal zu sehen.

The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt
The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt "Jesus Christ - Superstar? eine Matthäuspassion". © The Musical Company | Fabian Busch

Der Gegensatz zwischen dem tiefen Glauben des klassischen Passionswerks und der fragenden Haltung des Judas in dem modernen Musical treffe offensichtlich einen Nerv bei den Zuschauern, meint Pascal Skuppe, der Schulmusik, Erziehungswissenschaften und Theologie studiert hat. „Viele Menschen wollen nicht mehr unbedingt glauben, sondern eher wissen, zweifeln und das Andere verstehen.“

Bei ihm rufen auch die alten Klänge allein tiefe Gefühle hervor. „Klassik gibt mir unglaublich viel“, sagt der klassisch ausgebildete Chorleiter, der unter anderem Klavier und Klarinette spielen kann. „In dieser Musik bin ich verwurzelt, aber mit den Musicals bewege ich mich dahin, wo die Menschen sind.“ Und die seien nun einmal immer seltener mit Bach und Co. aufgewachsen, hätten keinen Schlüssel zu dieser Art von Musik. Pascal Skuppe will sie ihnen nicht aufdrängen, er setzt vielmehr auf die Vermittlung durch dramaturgisches Werkzeug. Seine Produktionen erzählen stets starke Geschichten mit spannungsreicher Musik, einer intensiven Handlung und viel Gefühl. Dann sei es auch egal, in welcher Zeit ein Stück spiele, sagt er. „Emotionen ändern sich schließlich nicht.“

Die Idee des Crossover gilt auch für die Menschen, die an der aktuellen Großproduktion als Chorsänger oder Solisten beteiligt sind. Laien wirken ebenso mit wie Profis und Semi-Profis. Letztere singen und musizieren zwar auf hohen Niveau, haben dies jedoch nicht zu ihrem Beruf gemacht. Auch das Orchester besteht je zur Hälfte aus Profis und Amateuren, jedes Pult ist mit einem gemischten Paar besetzt.

Neun Monate intensive Probenzeit

Damit verfolge er ein pädagogisches Ziel, sagt Pascal Skuppe, der ursprünglich Lehrer werden wollte und lange an Schulen unterrichtet hat. „So können alle Beteiligten voneinander lernen.“ An den fünf Produktionen, die zurzeit durch die Musical Company einstudiert werden, sind rund 155 Kinder, Jugendliche und Erwachsene beteiligt. Für jedes Stück wird ein neues Ensemble zusammengestellt, am Anfang steht stets ein Casting. Viele Chorsänger bei „Jesus Christ“ sind dennoch von Anfang an dabei, andere sind nach einer Auszeit zur Musical Company zurückgekehrt.

The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt
The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt "Jesus Christ - Superstar? eine Matthäuspassion". © The Musical Company | Fabian Busch

Diese Flexibilität will Pascal Skuppe unbedingt erhalten, niemand soll aus reiner Gewohnheit zur Probe kommen. Deshalb setzt er auch jeweils nur neun Monate für die Proben an. „Das hält bei allen die Lust auf einem guten Level.“ Dafür investierten die Beteiligten drei bis vier Stunden Zeit pro Woche, die Solisten sogar sechs bis acht Stunden. Diese Projektphase sei der eigentliche Kern der Arbeit, sagt Pascal Skuppe. Die damit verbundene intensive Auseinandersetzung – mit der Musik, aber auch mit sich selbst – müsse man wollen.

Musical Company ist in der Musikschule groß geworden

Er selbst ist mit ganzer Leidenschaft dabei, seine Liebe zur Perfektion begleitet ihn auch außerhalb der Musical Company. „Zu Hause koche ich gern, dann wird das aber auch eine Sieben-Gänge-Show mit allem Drum und Dran.“ Außerdem fertigt der 33-Jährige, der mit seinem Ehemann in Maschen lebt, in seiner Freizeit mehrstöckige Torten an und verziert sie aufwendig. Das Handwerkliche fordert ihn ebenso wie die gedankliche Auseinandersetzung – sei es mit den Worten Jesu oder Kierkegaards, klassischer oder moderner Musik, der Chorleitung oder der Teamorganisation.

Nach neun Monate intensiver Proben mit dem Musicalensemble steht immer ein professionelles Stück, das mit viel Aufwand auf die Bühne gebracht wird. Ein 18-köpfiges Team aus angestellten Mitarbeitern und Ehrenamtlichen kümmert sich um Regie, Choreografie, Maske, Kostüme, Buchhaltung und Ticketverkauf. Für Licht und Ton arbeit die Musical Company mit einer Veranstaltungstechnikfirma aus Buchholz zusammen. Insgesamt sind rund 30 Menschen hinter den Kulissen tätig, Pascal Skuppe ist jedoch der einzige in Vollzeit tätige Angestellte.

The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt
The Musical Company in Maschen (Seevetal) probt "Jesus Christ - Superstar? eine Matthäuspassion". © The Musical Company | Fabian Busch

Nach drei erfolgreichen Jahren, in denen die Projekte der Musical Company immer größer und aufwendiger wurden, ist sie zum Jahresbeginn in eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft ausgegründet worden. Der Unterricht in der Probenphase läuft weiterhin über die Musikschule, als Veranstalter der Shows tritt nun jedoch The Musical Company auf. In seiner neuen Rolle als Geschäftsführer hat Pascal Skuppe sich gut eingefunden. Bis vor einem Vierteljahr hätte er sich auf die Frage nach seinem Beruf stets als Dirigent bezeichnet, sagt er. „Jetzt bin ich soweit, dass ich sage: Ich bin Geschäftsführer einer Musical Company. Und deren künstlerischer Leiter.“ In dieser Reihenfolge.

The Musical Company (TMC) wurde 2016 unter dem Dach der Musikschule Seevetal gegründet. Seit Beginn dieses Jahres ist sie als gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) selbstständig. Der Unterricht wird weiterhin über die Musikschule angeboten, die TMC fungiert als Veranstalter der Musical-Shows. Geprobt wird in Seevetal-Maschen, seit Kurzem in neuen Räumen in der Factory Maschen (Halle D), Hittfelder Kirchweg 21.

Die Finanzierung steht auf drei Säulen: den Einnahmen aus den Shows, dem Entgelt für den Unterricht sowie eingeworbenen Drittmitteln, Spenden und Sponsorengeld. Auch die Gemeinde Seevetal hilft finanziell.

„Jesus Christ – Superstar? eine Matthäuspassion“ ist am Karfreitag, 19. April, sowie am Sonnabend, 20. April, in Hittfeld zu sehen. Die Vorstellungen beginnen jeweils um 17 Uhr in der Burg Seevetal, Am Göhlenbach 11. Karten gibt es zum Preis von 25 Euro, ermäßigt 20 Euro, online auf www.themusicalcompany.de.

Vier weitere Produktionen werden an der Musical Company einstudiert: Die Kids- und Teens­produktion „Rotkäppchen, der Wolf und die sieben Zwerge“ (Aufführung am 25./26. Mai), die Operette „Im weißen Rössl“ (15./16./22. Juni), das Hippie-Musical „Hair“ im englischsprachigen Original (7./8./14./15. September) und das junge Broadway-Musical „Next to normal“.