Hamburg. Jury ist voll des Lobes – für vielseitiges Profil und das große Engagement des Kollegiums für vorbildlich praktizierte Inklusion.
Wer diese Schule besucht, kommt an der „Freudigen Nachricht“ nicht vorbei. Gleich an mehreren Stellen hängen die Zettel gut sichtbar aus: „Die Grundschule An der Haake ist unter den 15 nominierten Schulen für den Deutschen Schulpreis!“, ist da zu lesen. Ein beachtlicher Erfolg schon jetzt. Denn keine andere Hamburger Schule ist noch im Rennen. Gleichzeitig ist diese Platzierung das Ticket zur Preisverleihung am 5. Juni in Berlin – Auszeichnung der besten Sechs durch Bundeskanzlerin Angela Merkel inklusive.
Eine Reise, die sich auch finanziell lohnen könnte. Denn mit dem ersten Platz ist ein Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro verbunden, Rang zwei bis sechs verspricht immerhin noch je 25.000 Euro. Doch selbst wenn die Harburger Grundschule, die eine von insgesamt 59 Hamburger Schwerpunktschulen für Inklusion ist, den Sprung an die Spitze nicht schaffen sollten, leer geht sie auf keinen Fall aus: „Ein Anerkennungspreis von 5000 Euro, den haben wir schon mal sicher“, sagt Gudrun Wolters-Vogeler, Leiterin der Schule, an der 380 Kinder von einem multiprofessionellen Team aus 55 Lehrern, Sonder- und Sozialpädagogen sowie Erziehern und seit neuestem auch zwei Therapeuten unterrichtet, gefördert und begleitet werden.
78 Bewerber aus ganz Deutschland
Für den Deutschen Schulpreishaben sich insgesamt 78 Schulen aller Arten aus 15 Bundesländern sowie Deutsche Auslandsschulen beworben. Eine Vorjury hatte Ende vergangenen Jahres die Schule An der Haake unter die bundesweit besten 20 gewählt. Im Februar folgte dann der Besuch eines Expertenteams. Zwei Tage lang sahen sich die Juroren alles genau an, sprachen mit Kindern, Kollegium und Eltern. Ihr Fazit ist auf der Website des Deutschen Schulportalportals nachzulesen. „Hier werden Kinder verschiedenster kultureller Herkunft in einem schwierigen sozialen Umfeld unterrichtet. Multiprofessionelle Teams sorgen dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler an der inklusiven Bildungseinrichtung effektiv lernen können“, heißt es da zum Beispiel. Und an anderer Stelle: „Dass hier Kinder trotz all der komplizierten sozialen und städtebaulichen Rahmenbedingungen erfolgreich lernen, sich entfalten und ihre Persönlichkeit entwickeln können, ist (. . .) schon mal besonders.“
Jury zeigt sich nach Besuch begeistert
Hervorgehoben wird auch das besonders große Engagement des Kollegiums, ohne dass das selbstverständliche Miteinander und gemeinsame Lernen von Kindern mit ohne Behinderung so gar nicht möglich wäre.
Seit 2011 Haben Eltern in Hamburg das Recht zu entscheiden, ob sie ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf an einer Regel- oder Sonderschule anmelden. Schüler mit speziellen Förderbedarf werden hingegen an einer der Schwerpunktschulen unterrichtet, wie die Grundschule An der Haake eine ist. Konkret werden hier Kinder mit geistigen und körperlich-motorischen Förderbedarf sowie Autismus beschult. „Da können wir auf langjährige Erfahrung zurückgreifen“, sagt Gudrun Wolters-Vogeler. Ihr Anspruch ist, „dass die Schüler hier dieselbe Qualität erfahren wie sonst an einer speziellen Sonderschule“. Das stelle ihr Kollegium vor besondere Herausforderungen. Deshalb hat sie sich auch für die Teilnahme bei „möglichmacher“ beworben, ein auf drei Jahre angelegtes Modellprojekt für inklusive Bildung, das die Hamburger Schulbehörde jetzt gestartet hat.
Grundschule für Modellprojekt ausgewählt
Tatsache ist: Es läuft gerade ziemlich gut für die Schule An der Haake – sie ist als einzige aus Harburg eine von elf Schulen, die die Behörde für die Teilnahme an dem Projekt ausgewählt hat. Das bedeutet vor allem eine noch bessere personelle Ausstattung (seit kurzem beschäftigt die Schule auch zwei Therapeuten aus den Bereichen Logopädie und Physiotherapie) sowie Fortbildungen für die Lehrer und das Leitungsteam. Außerdem werden Experten vom Lehrerinstitut An der Haake hospitieren, um die schulische Weiterentwicklung als externe Berater voranzutreiben. Außerdem sollen sich die Hamburger Schwerpunktschulen untereinander besser vernetzen, um gegenseitigen Erfahrungsaustausch zu profitieren. Die Schulleiterin wähnt sich in jedem Fall auf einem spannenden Weg. Und sie weiß das Kollegium an ihrer Seite: „Mein ganzes Personal ist offen, sich Fachwissen anzueignen.“
Dem Lernen Flügel verleihen
Die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung haben den Deutschen Schulpreis im Jahr 2006 ins Leben gerufen, Motto: „Dem Lernen Flügel verleihen!“ Im Mittelpunkt steht die Schulpraxis. Zur Zielsetzung heißt es: „Vielen Schulen in Deutschland gelingt es, für Lernen zu begeistern. Sie setzen Kreativität frei, lassen Lust an Leistungen entstehen, stärken Lebensfreude und Lebensmut und erziehen zu Fairness und Verantwortung.“ Es sind solche Konzepte, die im Wortsinn Schule machen sollen. Mit dem Schulpreis sollen pädagogische Leistungen gewürdigt und für die Schulentwicklung in Deutschland insgesamt nutzbar gemacht werden.
„Wie geht gute Schule? – Forschen für die Praxis“ ist der Titel eines zusätzlich aufgelegten Forschungsprogramms, das die Praxis der Preisträgerschulen unter die Lupe nimmt, um die Lücke zwischen Schulpraxis und Bildungsforschung zu schließen. Zusätzlich gibt es das Entwicklungsprogramm, an dem Vertreter von Bewerberschulen teilnehmen, die keinen Preis gewonnen haben. Sie arbeiten zwei Jahre lang gemeinsam und mit Experten an ihrer Schulentwicklung.