Berlin/Lüneburg. Das Schubboot wird ab Herbst gebaut und soll 2020 seinen Dienst aufnehmen. In Lüneburg ist eine Versorgungsstation vorgesehen.

Die Anstrengungen, Elektromobilität zu etablieren, machen vor den Wasserwegen nicht Halt. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (BEHALA) plant, zwischen Hamburg und Berlin Güter (vor allem Stückgut) auf Leichtern zu transportieren, die von einem E-Schubschiff bewegt werden. Das Schubboot „Elektra“ haben Forscher der Technischen Universität Berlin bereits fertig entwickelt. Voraussichtlich im Oktober soll es bei der Barthel-Werft in Derben an der Elbe (südlich von Tangermünde) auf Kiel gelegt werden.

„Wir gehen davon aus, dass der Neubau Ende 2020 fertiggestellt sein wird“, sagt Klaus Lichtfuß, Leiter der Logistik bei der BEHALA. „2021 wollen wir das Schubboot in den Berliner Gewässern im Regionalverkehr erproben. 2022 soll es dann auf Streckenfahrt nach Hamburg gehen.“ Einer von drei Anlaufpunkten zwischen Berlin und Hamburg wird der Hafen Lüneburg am Elbe-Seitenkanal werden. Dort soll „Elektra“ sowohl Strom als auch Wasserstoff bunkern können.

Der Strom fließt in leistungsfähige Akkumulatoren im Schiffsrumpf. Der Wasserstoff wird in auswechselbaren Tanks an Bord gehievt, um Brennstoffzellen zu versorgen. Tanks und Brennstoffzellen stehen an Deck.

Für lange Strecken gibt es Strom aus der Brennstoffzelle

„Im regionalen Betrieb liefern die Akkus ausreichend Antriebsenergie. Aber auf der Langstrecke brauchen wir eine größere Reichweite von 120, 130 Kilometern. Dann produziert das Brennstoffzellen-System den Strom für den Antrieb“, sagt Lichtfuß. Muss der Schubverband vor einer Schleuse warten oder befindet er sich in der Schleuse, können die Brennstoffzellen heruntergefahren werden. Der produzierte Strom lädt dann die Akkus auf. Ganz abgeschaltet werden die Brennstoffzellen nur bei längeren Liegezeiten, denn die Technik mag häufiges An- und Abschalten nicht.

„Elektra“ wird natürlich nicht allein unterwegs sein. Das Schiff schiebt einen Schwergut-Leichter, auf dem die Fracht untergebracht ist. Meistens wird wohl „Ursus“ vorgespannt werden. Den 64,5 Meter langen, 9,5 Meter breiten Leichter hat die BEHALA 2012 in Dienst gestellt. Er wird zum Beispiel Turbinen von Siemens transportieren. Die Aggregate werden in Berlin produziert und (auch) über Hamburg in alle Welt exportiert. Lichtfuß: „Es können aber auch ein oder zwei andere Leichter geschoben werden. Insgesamt darf der Verband nur nicht länger als 165 Meter werden.“

Versorgungsstation in Lüneburg

Drei Versorgungsstationen sollen auf der Strecke Hamburg-Berlin entstehen. Im Berliner Westhafen wird ein Ausgangspunkt sein, der zweite (für Hamburg) ist in Lüneburg geplant. Die Investitionskosten von voraussichtlich rund 110.000 Euro für die Infrastruktur in Lüneburg übernimmt zur Hälfte der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, zur anderen Hälfte die Hafen Lüneburg GmbH.

Deren Geschäftsführer Lars Strehse hofft darauf, dass der regelmäßig verkehrende Schubverband nicht nur zur Energieaufnahme vorbei kommt, sondern auch ab und zu den Güterumschlag in Lüneburg beflügelt: „Wenn der Schubverband hier zum Bunkern liegt, könnten gleichzeitig Massen- oder Stückgut be- und entladen werden.“ Lüneburg stehe bereit, so Strehse.

„Wenn Herr Lichtfuß anruft und uns sagt, das Schiff sei bestellt, dann fangen wir an, die E-Ladestation und die Anlage für das Wasserstoff-Tanken zu bauen.“

Aufladen dauert sieben bis acht Stunden

Der dritte Versorgungspunkt ist etwa mittig auf der Strecke geplant. „Wir müssen irgendwo liegen können, wo wir nicht stören“, sagt der BEHALA-Projektleiter Lichtfuß – das Aufladen der Akkus wird sieben bis acht Stunden dauern. „Wir sind im Gespräch mit dem Hafen Haldesleben an der Elbe, nördlich von Magdeburg. Aber das ist noch nicht sicher.“

Die Strecke Hamburg-Berlin ist knapp 400 Kilometer lang. je nach Beladung wird „Elektra“ dafür vier bis sechs Tage brauchen. Um die Umwelt deutlich zu entlasten, soll der Wasserstoff für die Brennstoffzellen mittels Windenergie erzeugt worden sein. Bislang ist dieser sogenannte grüne Wasserstoff jedoch Mangelware.

Logistiker Lichtfuß ist zuversichtlich, dass seine „Elektra“ zukünftig in den Genuss des Öko-Treibstoffs kommen wird: „So wie wir langsam wachsen, wird auch der grüne Wasserstoff allmählich auf den Markt kommen.“