Harburg. Turm, Kirche, Gemeindehaus: Am Freitag ging es los mit der Sanierung. Die wird mindestens zwei Millionen Euro kosten.
Die Johanniskirche an der Bremer Straße ist marode – seit langem und an vielen Stellen. Am gestrigen Freitag ging es los mit der dringend notwendigen und gut zwei Millionen Euro teuren Sanierung. Weil der markante Turm der Gemeinde St. Trinitatis zuerst dran ist, fuhren morgens drei Mitarbeiter der Hamburger Firma Iversen, Dimier – sie ist spezialisiert auf Glocken und Turmuhrenanlagen – an der Bremer Straße vor und sorgten dafür, dass im Laufe des Tages alle fünf Glocken mit Hilfe einer elektronischen Seilwinde abgehängt wurden. Im Wortsinn keine leichte Aufgabe: Die schwerste Glocke wiegt 739 Kilogramm, die leichteste bringt es auf 230.
Bis zum Ende der Arbeiten werden sie in der Kirche vor dem Altar gelagert. Für die kleinste hat sich Küster René Halmschlag allerdings etwas Besonderes ausgedacht: Für sie baut er gerade aus Holz eine provisorische Aufhängung, damit sie in der Zeit nach Ostern, wenn auch die Kirche selbst wegen der Sanierungsarbeiten nicht mehr genutzt werden kann, im Übergangsdomizil, dem großen Gemeindesaal, läuten kann – per Hand in Gang gesetzt: „Mit einem Holzhammer“, sagt der Küster.
Am 1. April wird der Turm eingerüstet
Die Bauplanung sieht vor, dass der Turm vom 1. April an eingerüstet wird. Weil das nicht ohne Kran geht, der auf dem Kirchhof stehen soll, wird von da an der Parkplatz dort gesperrt und zwar bis zum Ende der Sanierung.
Allein am und im Turm ist so einiges zu tun: Da sind zum einen die Uhren. Die Zeiger der einen Uhr zeigen seit Jahren zwölf Uhr an. Ziffernblätter und Zeiger müssen repariert und eine neue Hauptuhr eingebaut werden. Auch das Kreuz oben auf dem Turm soll erneuert werden. Der Beton im Aufgang ist schadhaft und die insgesamt dreizehn Fenster müssen ausgewechselt werden, weil sie undicht sind. Und auch der Glockenstuhl muss überholt werden. Geplant ist, dass die fünf Glocken im Juni wieder eingehängt werden.
Gleich nach Ostern beginnt die nächste Phase der Arbeiten. Dann soll die Kirche eingerüstet werden, deren Dach ist seit Jahren nicht nur undicht, sondern so marode ist, dass die Kirche jedes Mal geschlossen werden muss, wenn Schneelast aufs Dach drückt. Doch das Gemeindeleben geht weiter. Gottesdienste sowie andere Feierlichkeiten und Zusammenkünfte werden dann im großen Gemeindesaal abgehalten.
Container als Ausweichquartier für Büros
Im dritten Bauabschnitt kommen dann die Dachflächen des Gemeindezentrums dran. Zwar sollen die meisten der anfallenden Arbeiten während der Sommerferien erledigt werden, die Büros der Gemeinde können aber auch danach noch eine Weile nicht genutzt werden. Deshalb muss ein Ausweichquartier her. „Wahrscheinlich stellen wir deshalb einen Bürocontainer auf“, sagt Pastor Friedrich Degenhardt.
Dass die überfällige Sanierung nun angegangen werden kann, liegt vor allem daran, dass das seit 2012 unter Denkmalschutz stehende Ensemble aus Johanniskirche, Gemeindezentrum sowie den Pastoraten in der Gebäudeaufstellung des Kirchenkreises-Ost zu denen gehört, die als förderwürdig gelten – in Zeiten knapper Kirchenfinanzen längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Trinitatisgemeinde mit ihren gut 5000 Mitgliedern verfügt jedenfalls lediglich über Eigenmittel in Höhe von rund 170.000 Euro. Zusätzlich hofft Pastor Degenhardt auf Spenden und die Unterstützung von Stiftungen. Die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius hat bereits 20.000 Euro zugesagt. Gespräche mit anderen laufen noch.
Was das geplante Bauende betrifft – angepeilt wird bislang der 1. November –, stößt Degenhardts Zuversicht an Grenzen: „Ich bin froh, wenn Kirche und Gemeindehaus zum 1. Advent wieder voll nutzbar sind.“
Neu in Hamburg
St. Johannis ist Teil der evangelischen Gemeinde St. Trinitatis, zu der auch die Dreifaltigkeitskirche gehört. Der Kirchenbau an der Bremer Straße entstand 1953-54 nach Plänen von Karl Trahn als Ersatz für den kriegszerstörten neugotischen Vorgängerbau von 1892-94.
Der asymmetrische Grundriss der Kirche war neu im Sakralbau Hamburgs. Architektur und Raumkonzept nehmen schweizerische Vorbilder auf. Im Innenraum führt ein gebogener Gang auf ein freistehendes großes Kreuz, das von Altar und Kanzel gerahmt wird. Neue Nutzungskonzepte erforderten 1994 den Umbau nach Plänen von Werner Marquordt.