Harburg . Die Diskussion um die umweltpolitisch dringend notwendige Reduzierung von Plastikmüll hat den Einzelhandel in Harburg erreicht

Die Diskussion um die umweltpolitisch dringend notwendige Reduzierung von Plastikmüll hat den Einzelhandel in Harburg erreicht. Vor allem bei der Frage, ob weiterhin Plastiktüten ausgegeben werden sollten, hat es in den vergangenen Monaten in vielen Geschäften ein Umdenken gegeben. Bei immer mehr Geschäftsbetreibern und Kunden – im Phoenix-Center wie auch in anderen Shops in der Harburger Innenstadt – ist ein Wandel hin zu umweltfreundlicheren Alternativen spürbar. Das Abendblatt hat sich umgehört.

In dem Modegeschäft „Das macht Sinn Hamburg“, werden seit einem Vierteljahr gar keine Plastiktüten mehr verkauft. Stattdessen gibt es kostenlose Papiertüten in verschiedenen Größen. Mit der Neuerung sind die Kunden größtenteils zufrieden, einige von ihnen bringen sogar ihren eigenen Beutel mit. Bei Tally Weijl werden bereits seit zwei Jahren nur noch Papiertüten herausgegeben. Bei Kunden sei das sehr gut angekommen, berichten Mitarbeiter – obwohl die Papiertüten 20 Cent kosten. Seit der Umstellung auf Papiertüten komme es häufiger vor, dass Kunden ihre eigenen Beutel mitbringen. Pimkie bietet im Gegensatz dazu keine Papier-, sondern nur Plastiktüten an. Diese sind, wie in der bundesweiten Regelung aus dem Jahr 2016 festgelegt, kostenpflichtig, so dass man sie für 15 Cent beim Kauf erhalten kann. Seit zweieinhalb Jahren sind auch in den C&A-Filialen die Plastiktüten kostenpflichtig. Hier gibt es auch umweltfreundlichere Alternativen, wie eine sogenannte Shoppertüte, eine faltbare Tasche oder den klassischen Jutebeutel. Zwar müssen die Kunden dafür mehr als einen Euro zahlen. Die Taschen sind allerdings auch dauerhaft nutzbar. Zwar entschieden die Kunden sich öfters noch für Plastiktüten, doch „ein kleines Umdenken ist schon da“ und die Kunden bringen ihre eigenen Taschen mit, sagt Petra Vollmar aus der Harburger Filiale. Deichmann im Marktkauf-Center gibt seit 2016 ebenfalls keine Plastiktüten mehr umsonst heraus. Ganz verzichtet wird auf die Plastiktüte zwar noch nicht, als Alternative werden jedoch auch Stoffbeutel für 95 Cent angeboten. Im Gegensatz dazu bietet der Schuhladen „CCC Shoes&Bags“, der sich im Phoenix Center befindet, ausschließlich kostenlose Papiertüten an. An Plastiktüten steht der Filiale nur eine Anzahl von 20 Tüten im Monat zur Verfügung, weshalb sie in der Regel nur bei schlechtem Wetter, beispielsweise bei starkem Regen, herausgegeben werden. Das Büchergeschäft Thalia im Phoenix Center folgt dem Beispiel und verzichtet seit Januar diesen Jahres auf den Verkauf von Plastiktüten. Stattdessen können Kunden Stoffbeutel und stabilere Taschen für einen kleinen Aufpreis erhalten – oder ihre Bücher einfach lose mitnehmen.

Gitta Thamse, Mitarbeiterin im Reformhaus Engelhardt, ist begeistert von den Plastik-Alternativen: Mehrmals verwendbare Papiertüten kosten hier 20 Cent, normale Synthetikbeutel 1,50 Euro, die Nylonvariante gibt es in verschiedenen Mustern für 4,99 Euro. Die Supermarktkette Rewe hat Papiertüten, Stoffbeutel und Tiefkühltaschen im Sortiment, die preislich zwischen 49 Cent und vier Euro liegen. Plastiktaschen sind hier seit drei Jahren nicht mehr vorhanden. „Einige Kunden sind unzufrieden und bevorzugen Plastik, da Papiertüten schnell kaputt gehen“ sagt ein Angestellter in der Filiale im Phoenix Center.

In dem Fall werden diese jedoch vom Unternehmen ersetzt. Viele Käufer bringen dort selber Tüten, Beutel und Körbe mit. Die Hamburger Drogeriekette Budnikowsky beschäftigt sich traditionell intensiv mit dem Thema Umwelt und versucht, den Anspruch in das unternehmerische Handeln einfließen zu lassen. Bereits seit 2014 kosten Plastiktüten hier 20 Cent, Papiertüten unterschiedlicher Größen und Stoffbeutel mit und ohne Aufdruck sind in einer Preisspanne von zehn Cent bis vier Euro erhältlich. Dennoch greifen auch dort Kunden oft noch aus Gewohnheit zur Plastiktüte.

Auch von Fast-Food-Imbissen wird ein Umdenken erwartet

Die Fast-Food-Imbiss-Kette McDonalds im Marktkauf-Center Harburg versucht, möglichst plastikfrei und umweltfreundlich zu agieren – die Becher sind aus Pappe, das Besteck ist aus Holz. Strohhalme sind allerdings weiterhin aus Plastik. Besonders schwierig ist es für asiatische Imbissbuden und Dönerläden, auf Plastik zu verzichten. Auch dort ist das Mitnehmen von Speisen ein wichtiges Marketingprinzip und wird in Zukunft ein Umdenken in der Fast-Food-Branche erfordern.

Der Umschwung bezüglich der Plastiktüten in den Harburger Unternehmen orientiert sich an der Regelung der EU-Kommission aus dem Jahr 2016, mit der „Ex-und-Hopp“-Einstellung vieler Verbraucher eingedämmt werden sollte. Laut Umweltbundesamt ist der Verbrauch an Plastikbeuteln seit der „Gratis-Verordnung“ aus dem Jahr 2016 um 55 Prozent reduziert worden. Durch die freie Vereinbarung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) können Konzerne individuell über die Preishöhe entscheiden, sollten sich aber an der Richtlinie von 20 Cent orientieren. Die sehr dünnen Plastiktüten in Obst- und Gemüseabteilungen und sogenannte „Hemdchen-Beutel“ an Frischetheken sind von der Verordnung ausgenommen.

Die Tatsache, dass der weitgehende Verzicht auf Plastiktüten das Problem der wachsenden Müll-Flut nicht stoppen kann, ist längst ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In allen EU-Mitgliedsstaaten sollen deshalb Plastikgegenstände, für die es Alternativen gibt, ab 2021 verboten werden. Dazu gehören Messer und Gabeln, Geschirr, Strohhalme, Verpackungen für warme Speisen und Wattestäbchen.

„Wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir Kunststoffe herstellen und verwenden, wird 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fisch“ sagte dazu der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans.