Harburg . Wie wertschätzend gehen die Harburger Bezirkspolitik und die Verwaltung mit den Kulturschaffenden im Bezirk um? Die Politik diskutiert kontrovers.
Am 28. Februar läuft die Anhandgabe der Dreifaltigkeitskirche an das Kulturprojekt 3falt aus. Über 73 Kulturveranstaltungen vom Schreibworkshop bis zur Dichterlesung, von der Chorprobe bis zum Techno-Fest haben in der denkmalgeschützten aber liturgisch weitgehend ungenutzten Kirche an der Neuen Straße stattgefunden. Nicht nur die Initiative 3falt ist der Meinung, dass damit die Tauglichkeit des Gebäudes als Kulturzentrum erwiesen sei, auch viele Harburger wollen, dass es hier weitergeht. Ob das so sein wird, ist allerdings unklar. Die Kirche möchte das defizitäre Gebäude gewinnbringend abgeben. Ein Widerspruch, den eine Kulturinitiative nicht unbedingt aufzulösen vermag. Aus der Kommunalpolitik kam lange nichts. Am Dienstag befasste sich die Bezirksversammlung mit dem Thema. Die 3falt-Initiatoren sind enttäuscht.
Wie wertschätzend gehen die Harburger Bezirkspolitik und die Verwaltung mit den Kulturschaffenden im Bezirk um? Zu wenig, meint die Bezirksabgeordnete Barbara Lewy von der Fraktion der Neuen Liberalen (NL) und fordert ein Umdenken. Wertschätzend genug, sagt Holger Böhm von der SPD, aber von Künstlern und Kulturschaffenden müsse auch etwas Initiative kommen. In der aktuellen Stunde, die die NL zu Beginn der Bezirksversammlungssitzung beantragt hatten, wurde kontrovers diskutiert.
„Gerade das Projekt 3falt zeigt, dass Harburg eine lebendige Kulturzene hat, die sich gut selbst organisieren kann, weil ihr nichts anderes übrig bleibt“, sagte Barbara Lewy. „Von der Bezirkspolitik wird diese Szene aber oft herablassend behandelt. Kultur ist aber kein elitäres Freizeitvergnügen sondern fördert Begegnung, Integration und Partizipation, hat also einen sozialpolitischen Effekt. Am Beispiel Wilhelmsburg kann man sehen, wie die Förderung von Stadtteilkultur einen Stadtteil aufwerten kann.“
Unter anderem forderte Lewy, dass Kultur keine kommunalpolitische Nebensache sein sollte, lediglich eine der drei Zuständigkeiten des Ausschusses für Kultur, Sport und Freizeit. In der Tat gehören dem Ausschuss auch Abgeordnete an, die eher Experten für die Themenbereiche Sport und Freizeit sind. „Wenn hier Kreative mit Projekten auf die Bezirksversammlung zukommen, scheitern sie an verstaubten Strukturen und Ansichten“, sagte Lewy.
Holger Böhm fand diesen Vorwurf ungerechtfertigt: „Alle sind bemüht, das Projekt 3falt zu unterstützen“, sagte er. „Aber die Kulturschaffenden müssen auch aus dem Quark kommen und ein Konzept vorlegen.“
„Ich habe schon unzählige Konzepte zur 3falt geschrieben“, sagt Heiko Langanke, einer der führenden Köpfe der Kulturinitiative. „Ich wüsste nicht, warum ich für den Ausschuss jetzt noch eines aufsetzen sollte.“
Vertreter von Bezirksamt und Bezirksverwaltung befinden sich derzeit in so genannten „Werkstattgesprächen“ über die Zukunft des Kirchengebäudes. „Die Leute von der 3falt waren da nur als Zaungäste zugelassen. durften eine Viertelstunde lang ihre Bilanz erklären und dann wieder gehen“, sagt Barbara Lewy, „das würdigt in keiner Weise die Arbeit, die diese Menschen in den letzten Monaten geleistet haben.“
Heiko Langanke bezweifelt, dass dies etwas genützt hätte. „Der Bezirk geht immer noch davon aus, dass die Kirche das Gebäude vermieten würde. Aber Gemeindevertreter haben mehrmals öffentlich gesagt, dass das Gebäude verkauft werden soll.“
Pastorin Sabine Kaiser-Reis von der Trinitatis-Gemeinde will sich dazu nicht äußern. „Der Gemeinderat tagt dazu Mitte März. Ich will da nicht vorgreifen“, sagt sie, „und was der Gemeinderat beschließt, muss anschließend auch noch mit dem Kirchenkreis abgestimmt werden.“
Diese Abstimmung ist auch nicht ohne Probleme. Denn bislang ist der Kirchenkreis strikt dagegen, Grundstücke zu verkaufen. Ohne Grundstück ist das Kirchengebäude allein aber für Interessenten weniger attraktiv.