Neu Wulmstorf. Folgen des Wachstums in Neu Wulmstorf: Rat berät über Steuererhöhung, um neue Schule zu finanzieren.

Auch wer Neu Wulmstorf bisher nur vom Durchfahren auf der Bundesstraße 73 kennt, dürfte mittlerweile ahnen, welche beide Themen die dortigen Politiker auf Trapp halten: Am westlichen Ende der Gemeinde wächst dort derzeit ein neues Quartier heran, das optisch stark an die Neue Mitte Altona erinnert: Bei den so genannten Lessinghöfen - ein riesiger Komplex aus mehreren, mehrstöckigen Wohngebäuden - hat jetzt gerade der Vermietungsstart für den ersten Abschnitt begonnen. Kaltmieten zwischen etwa zehn bis zwölf Euro pro Quadratmeter werden dort aufgerufen - auch das Dimensionen, die die Großstadtnähe erahnen lassen.

Gleich nebenan war direkt an der B 73 gerade in dieser Woche auch Baustart für ein neues Familia-Warenhaus, das im Frühjahr 2020 eröffnen wird und auf reichlich viele Kunden setzen kann: Fast 400 Wohnungen werden in den Lessinghöfen gebaut, was mehr als 1000 Neubürgern entsprechen dürfte. Und auch am Bahnhof war – wie berichtet - kürzlich Baustart für einige hundert neue Mietwohnungen. Und auch dort werden bald viele neue Bürger und damit viele neue Kinder wohnen. Doch die Grundschule im Kernort ist jetzt schon am Rand ihrer Kapazitäten.

„Wir können kein Kind mehr unterbringen“, sagte kürzlich Schulleiterin Astrid Kracht in einer Ausschusssitzung des Gemeinderates. Und der kommt deshalb am Donnerstag kommender Woche zu einer der wohl wichtigsten Sitzungen der letzten Jahre zusammen. Dann geht es um die Entscheidung, ob Neu Wulmstorf für rund 25 Millionen Euro eine neue, große Grundschule bauen will. Und es geht darum, wie das Ganze angesichts einer wenig entspannten Haushaltslage finanziert werden kann.

Ein riesiges Loch für den Tank einer  Sprinkleranlage ist das erste, was man von dem künftigen Warenhaus an der B 73 sieht.
Ein riesiges Loch für den Tank einer  Sprinkleranlage ist das erste, was man von dem künftigen Warenhaus an der B 73 sieht. © HA | Axel Tiedemann

Schulbau und desolate Finanzlage – das sind dann auch die beiden Mammutaufgaben des Ortes. Mehrfach hatte die Verwaltung darauf hingewiesen, dass bei der derzeitigen Planung die geplanten Ausgaben und Einnahmen für das aktuelle Haushaltsjahr nicht ausgeglichen sind. Mit der Folge, dass für den Schulbau benötigte Kredite von der Kommunalaufsicht des Landkreises aller Voraussicht so nicht genehmigt werden kann. Doch harte Sparvorschläge sind bisher aus der Neu Wulmstorfer Kommunalpolitik nicht gekommen.

Sehr wahrscheinlich ist deshalb, dass der Rat am Donnerstag eine Erhöhung der Grundsteuern beschließen wird. SPD-Fraktionschef Tobias Handtke (SPD) hat einen solchen Finanzierungsvorschlag kürzlich bereits öffentlich angedeutet: Es könne notwendig werden, dass die Finanzierung des Schulbaus „auf die Gemeinschaft verteilt werden muss“, sagte er – was nichts anderes als eine Erhöhung derjenigen Steuern sein kann, die eine Gemeinde überhaupt selbst bestimmen kann. Und das sind neben der Hunde- und Vergnügungssteuer für Spielhallen vor allem Grund- und Gewerbesteuern.

Wobei an der Gewerbesteuerschraube kaum jemand drehen möchte, wie viel Ratsmitglieder bereits verlauten ließen. Also die Grundsteuer, die über die Nebenkosten auch von Mietern bezahlt wird. „Ich gehe davon aus, dass irgendjemand im Rat Steuererhöhungen vorschlagen wird“, sagt CDU-Fraktionschef Malte Kanebley. Wie seine Fraktion dazu stehen wird, stehe aber noch nicht fest. „Es würde das Problem aber nicht lösen, wir müssen auch sparen“, so der CDU-Politiker.

Doch selbst wenn die achtköpfige CDU-Fraktion gegen höhere Steuern stimmen sollte, ist eine Mehrheit im Rat dafür sehr wahrscheinlich. Denn auch der Fraktionschef der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) spricht sich wie die SPD dafür aus. „Wir kommen nicht daran vorbei“, sagt UWG-Chef Jan Lüdemann. Er schlägt allerdings eine Art Soli-Beitrag „Bildung“ vor und will dazu die höhere Grundsteuer auf einige Jahre begrenzen. „Wir müssen das Geld in die Bildung investieren, als ein Solidarbeitrag für alle“, sagt er.

Eine andere von Rat und Verwaltung diskutierte Geldquelle lehnt Lüdemann indes ab: So gibt es derzeit den Plan, die neue Grundschule nur auf einem Teil der Grundstücksfläche der ehemaligen Hauptschule zu bauen und den Löwenanteil für den Wohnungsbau zu verkaufen. Im Gespräch sind dabei wieder mehrstöckige Mietwohngebäude. Doch der UWG-Politiker plädiert für den Bau von nur wenigen Einfamilienhäusern. „Sonst müssen wir bald noch eine neue Schule bauen.“

Grundschule mit zentraler Mensa

Ganztagsschule Der aktuelle Verwaltungsvorschlag für eine neue Grundschule sieht den Bau eines dreistöckigen Gebäudes auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße. Geplant ist ein Minischulen-Modell, wobei jeweils Klassen 1 bis 5 eine Einheit bilden sollen. Mit der für August 2022 geplanten Eröffnung als Ganztagsschule soll dort auch eine Mensa ihren Betrieb aufnehmen, die andere Schulen und Kitas im Ort beliefert.