Ashausen. In vielen Ortschaften des Landkreises kümmern sich Heimatvereine um das kulturelle Erbe. Nur selten sind sie so mitgliederstark
Der Heimatverein Ashausen startete wie so viele Heimatvereine im Landkreis Harburg: Es fanden sich einige besorgte Bürger zusammen, um ein Stück Kulturgeschichte zu bewahren, ein denkmalgeschütztes Rauchhaus. Das geschah um das Jahr 2000 herum. Inzwischen ist der Heimatverein 460 Mitglieder stark und mischt in der Kommunalpolitik mit – statistisch ist jeder achte Ashäuser ein Vereinsmitglied, Familienangehörige nicht mitgerechnet. Seit der Gründung im April 2001 führt Reinhard Behr als erster Vorsitzender die Geschicke eines Vereins, der zeigt, wie sich Dorfkultur (be-)leben lässt.
„Die beste Mitgliederwerbung sind unsere Veranstaltungen“, sagt Behr. Vor allem das jährliche Weinfest Mitte September und der Weihnachtsmarkt „Kunst & Punsch“ locken zahlreiche Besucher aus dem Dorf, der Gemeinde Stelle und dem gesamten Raum Winsen in das rund 170 Jahre alte Rauchhaus mit dem Namen Dat Ole Huus (Das Alte Haus). „Bei den Veranstaltungen erzählen unsere Mitglieder gern von den Aktivitäten des Vereins und werben somit Neumitglieder“, sagt Behr. Und das offenbar mit viel Erfolg: Im Jahr 2007 wurde die Mitgliederzahl dreistellig. Zum Jahresende 2011 verdoppelte sie sich auf 200. Schon ein Jahr später wurden 300 erreicht, und 2016 die 400er-Marke überschritten.
Inzwischen ergänzen eine jährliche Radtour und verschiedene andere Termine den Veranstaltungsreigen. So wird jedes Jahr am Vereinsgründungstag (26. April) ein neuer Flurstein gesetzt. Behr: „Zur 700-Jahr-Feier von Ashausen war ein Jubiläumsbuch über die 88 bekannten Fluren des Ortes erschienen. Die Flurnamen bezeichnen einzelne Geländeflächen. Wir haben beschlossen, jedes Jahr einen Flurstein zu setzen, um die Bezeichnungen bekannter zu machen.“ 2018 wurde mit „Up’n Moor“ der 17. Stein gesetzt.
Für jeden Stein hat sich innerhalb der Mitgliedschaft ein Stifter gefunden, dessen Namen auf einem kleinen Hinweisschild verewigt wird. Behr: „In Absprache mit dem nächsten Spender wird der Stein ausgesucht und der entsprechende Flurname von einem Steinmetz eingearbeitet. Uns haben auch schon Nichtmitglieder gefragt, ob sie einen Flurstein spenden können.“ Die Antwort laute dann: „Gern, aber dann musst Du bitte erst Mitglied werden!“
Nicht nur Steine, auch Info-Tafeln weisen auf die lokale Geschichte hin. Rund um den Dorfkern erläutern 22 solcher Informationstafeln Details zum ehemaligen Kiesabbau am Ortsrand, zu den Sportanlagen, dem Autobahnbau (A39) Mitte der 1980er Jahre, einem Gräberfeld aus dem achten/neunten Jahrhundert oder zur Motorsportstrecke Luhe-Ring. Derzeit arbeiten die aktiven Vereinsmitglieder daran, auf einer eigenen Route den Ortskern mit Informationstafeln auszustatten. Dabei darf „Dat Ole Huus“ nicht fehlen. Mit viel Engagement von Freiwilligen, bezahlten Handwerkern und öffentlichen Fördermitteln erhielt das alte Fachwerkhaus ein neues Dach, eine neue Wand und im Nebengebäude (ehemaliges Schweinehaus) eine kleine Küche und Toiletten für Veranstaltungsgäste.
Ashäuser Verein mit neuem Vorsitz, Buchholz sucht noch
Der Heimatverein Ashausen greift auch kommunalpolitische Themen auf, etwa in Form einer Informationsveranstaltung zu den Ausbauplänen der Deutschen Bahn im April 2015. Einer der damaligen Vortragenden, der Lärmschutzexperte Christian Popp (64), hat Anfang Februar den Vereinsvorsitz von Reinhard Behr (69) übernommen. Der Heimatverein stelle „eine gesellschaftliche Kraft im Dorf dar“, sagt der gebürtige Ashäuser. Ihm seien die örtliche Nahversorgung, die Verkehrssituation und die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum für ältere Menschen wichtig, kündigte Popp nach seiner Wahl an.
Größere Heimat- und Museumsvereine gibt es auch in Buchholz, Hollenstedt (Estetal) oder Hittfeld. Fast 350 Mitglieder zählt der Geschichts- und Museumsverein Buchholz. Er betreibt das Museumsdorf Seppensen und unterhält die Holmer (Wasser-)Mühle. Auch hier wird es einen Wechsel an der Vereinsspitze geben – der erste Vorsitzende Dr. Ehrhard Deisting war im Dezember 2018 im Alter von 77 Jahren verstorben. „Wir werden bei unseren Vorstandswahlen im März ein Problem haben, das Amt des ersten Vorsitzenden zu besetzen“, sagt Ulrich Berthold – der 78-Jährige ist seit 27 Jahren der zweite Vorsitzende des Vereins und hat keine Ambitionen, noch „aufzusteigen“. Auch die Mitgliederwerbung werde immer schwieriger, so Berthold. Das gelte vor allem in Hinblick auf jüngere Leute.
Hollenstädter Verein pflegt Landschaft des Estetals
Der Heimat- und Verkehrsverein Estetal in Hollenstedt betreibt dagegen vorwiegend Natur- und Landschaftspflege. So sind jährlich 200 Apfelbäume zu beschneiden und 140 Sitzbänke instand zu halten,, um das Estetal für die Besucher noch attraktiver zu machen. Der Verein betreut für das Archäologische Museum in Harburg zudem den Ringwall Alte Burg, eine mittelalterliche Wallanlage. Und er fördert – wie andere Heimatvereine auch – die plattdeutsche Sprache: Während des Winterhalbjahrs findet einmal im Monat ein Plattdeutscher Abend mit Lesungen, Vorträgen oder Erzählungen statt.
Auch die Estetaler würden sich gern verjüngen: „Ich versuche, junge Leute als Mitglieder zu werben, aber das ist nicht so einfach“, sagt Ludwig Hauschild, der seit einem Vierteljahrhundert dem Verein vorsteht. Doch es gibt auch Lichtblicke: „Auf unserem jüngsten plattdeutschen Abend, zu dem in der Regel um die 50 Zuhörer kommen, sprachen mich zwei junge Leute um Mitte 20 an und sagten, dass sie im Verein gern mitmachen wollen – da ist man erst einmal sprachlos.“
Ähnlich wie in Ashausen und Buchholz ist der Heimatverein in Hittfeld entstanden, um ein historisches Gebäude zu erhalten. Er ging aus einem Arbeitskreis hervor, der zunächst für den Erhalt des vom Abriss bedrohten Kortsehlschen Hauses kämpfte. Das Fachwerkgebäude der ehemaligen Bäckerei Kortsehl wurde 1995 beseitigt. Aus dem Arbeitskreis wurde drei Jahre später der Heimatverein. Heute hat der Verein 250 Mitglieder, doch das ist seinem Vorsitzenden Henning Drewes noch nicht genug: „Je mehr Leute wir sind, desto mehr Einfluss kann man nehmen.“
Der Heimatverein hat enge Kontakte zu den Aktiven des erfolgreichsten Museumsvereins des Landkreises: Die Karoxbosteler Wassermühle gehört zu Hittfeld, der Mühlenverein zählt mehr als 1000 Mitglieder und erhielt 2018 den Deutschen Denkmalschutzpreis. Das Projekt zeugt sich seinen eigenen Nachwuchs: Am „Lernort Mühle“ können Schüler verschiedener Altersgruppen erleben, wie früher der Alltag ohne Strom aussah, Wissenswertes über Pferde, Hühner oder Honigbienen lernen oder der Frage „Wo kommt unser Essen her?“ nachgehen. Oder sie informieren sich einfach über die Historie der alten Kornmühle, die rund 100 aktive Helfer, die „Mühlenretter“, seit 2012 wieder flott gemacht haben.
Arbeitskreis Hallonen-Rundweg Matthias Clausen: 0175 9301951
Erntefestverein Scharmbeck
Osterkamp 30, 21423 Winsen
Förderverein Kulturbahnhof Holm-Seppensen
Telefon: 04187 900771
Förderverein Naturkundliches Museum und Schulungsstätte
Handeloh, Telefon: 04188 7413
Geschichts- und Museumsverein Buchholz und Umgebung
Ulrich Berthold: 04187 9097912
Heimat- und Kulturverein Undeloh u. U., H. Müller: 04189 428
Heimat- und Verkehrsverein Estetal, Telefon: 04165 80319
Heimatmuseum Vierdörfer Dönz Telefon: 04186 247663
Heimatverein Ashausen
Reinhard Behr: 04174 650515
Heimatverein Auetal u. U.
Geschäftsstelle: 04184 543
Heimatverein Bullenhausen
G. Thonfeld: 040 76910078
Heimatverein Eckel
Marco Stöver: 04105 77165
Heimatverein Egestorf
Telefon: 04175 8257
Heimatverein Hittfeld u. U.
Henning Drewes: 04105 2963
Heimatverein Rosengarten
Bernhard Giese: 04108 8186
Jesteburger Arbeitskr. f. Heimatpflege, H. Meyer: 04183 2286
Kulturverein Marxen
Bernd Thiel: 04185 4213
Verein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde in Tostedt u. U.
Geschäftsstelle: 04182 7071598
Mühlen
Verein Wassermühle Karoxbostel Emily Weede: 04105 2443
Horster Wassermühle
Peter Spichale: 04105 84925
Mühlenfreunde Dibbersen
W. Messow: 04181 290018
Windmühlenverein
Werner Borrèe: 04172 6686