Holm-Seppensen/Meckelfeld. In Meckelfeld entstehen 50 Senioren-Apartments. Vorbild ist eine Anlage mit Hausdame in Holm-Seppensen

Gunthild Främcke wollte diese Wohnung mit der großen Terrasse unbedingt haben. „Ich habe mir den Rohbau angesehen und sofort gesagt: Hier will ich einziehen“, sagt die 77-Jährige. Im September 2017 zog sie als erste Mieterin in die Wohnanlage „Wohnen mit Service“ der Johanniter in Holm-Seppensen. Hier kann sie weiterhin selbstständig leben, Freizeitangebote nutzen und erhält bei Bedarf auch Unterstützung im Alltag. Sollte sie einmal stürzen und Hilfe benötigen, ist der Johanniter-Notfallruf in jeder Wohnung installiert.

Damit ist Gunthild Främcke eine von vielen Senioren, die sich für diese neu Wohnform interessieren. Das Konzept kommt gut an. Für die Anlage mit 25 behindertengerechten Wohnungen gibt es eine Warteliste, ebenso wie für die beiden weiteren Häuser, die der Regionalverband Harburg der Johanniter in Buchholz und Sprötze betreibt. In diesem Frühjahr soll der Bau von 50 zusätzlichen Senioren-Wohnungen in Meckelfeld beginnen. Auch dort wird es eine Hausdame geben, die den Bewohnern unterstützend zur Seite steht.

Senioren-Wohnanlage
Senioren-Wohnanlage "Wohnen mit Service" in Holm-Seppensen. Betreiber ist die Johanniter Unfall Hilfe Regionalverband Harburg.  © Lena Thiele | Lena Thiele

Diese Aufgabe übernimmt in Holm-Seppensen Annegret Räthke. Sie ist die gute Seele des Hauses, bestellt Essen für die Bewohner, organisiert Pflegedienste und Termine beim Friseur, beim Arzt, bei der Fußpflege oder Physiotherapie. „Dafür habe ich extra Anbieter gesucht, die ins Haus kommen“, sagt die 62-Jährige bei einem Gespräch im Gemeinschaftsraum des Hauses. Die Senioren kämen mit allen möglichen Anliegen zu ihr. „Ich sorge dann dafür, dass der Fernseher repariert wird, das Bett bezogen oder ein Antrag geschrieben wird.“

In diesem Moment kommt eine Bewohnerin durch die Tür auf sie zu. „Na, Süße, was ist?“, fragt Annegret Räthke. Die Dame hat ihren Wohnungsschlüssel vergessen. Die Hausdame seufzt, guckt tadelnd und sagt dann lachend. „Ich bin ja froh, dass du überhaupt rausdackelst.“ Und schon greift sie einen Schlüssel, der an einem Band um ihren Hals hängt. Die Senioren können für den Hausnotruf auch einen Schlüssel hinterlegen. Dann muss im Notfall das Wohnungsschloss nicht zerstört werden.

Bevor sie Hausdame wurde, hat Annegret Räthke bereits 27 Jahre als kaufmännische Angestellte in der Verwaltung des Johanniter-Regionalverbands Harburg gearbeitet. Nun pendelt sie zwischen den Wohnanlagen in Holm-Seppensen und Sprötze. „Ich bin immer im Wechsel vor- oder nachmittags hier, so dass die Bewohner mich jeden Tag erreichen können.“ Und die Senioren halten ihre Hausdame auf Trab. „Wie im Kindergarten ist das hier“, sagt sie und die Lachfältchen kräuseln sich schon wieder um ihre Augen. „Aber ich mag es, mit den Menschen Freud und Leid zu teilen, jeder Tag ist anders.“

Etwa einmal im Monat gibt es gemeinsame Kochabende. Gemeinsam mit allen Bewohnern, die Lust dazu haben, kocht Annegret Räthke dann in der Küche, die zum Gemeinschaftsraum im Untergeschoss des Hauses gehört. Es gibt Suppe, Grünkohl oder Spargel, jeder kann nach seinen Möglichkeiten mithelfen. „Letzens haben wir mit 22 Senioren kreolischen Eintopf gekocht“, sagt die Hausdame. Und im Sommer wird auch mal auf der angrenzenden Terrasse gegrillt.

Gunthild Främcke, die bereits zuvor lange in Holm-Seppensen gewohnt hat, schätzt die Gemeinschaft. „Wir machen hier sehr viel, das macht mir einfach Spaß.“ An den Wänden ihrer rund 70 Quadratmeter großen Wohnung hängen selbst gemalte Bilder, auf kleinen Schränkchen stehen getöpferte Figuren und auf der Terrasse wachsen in Kübeln viele Grünpflanzen. „Man muss ja auch selbst sehen, dass man fit bleibt“, meint die Seniorin. Ihren Umzug hat sie nie bereut. „Ich habe hier eine schöne Wohnung, eine nette Gemeinschaft, eine wunderschöne Umgebung und vor der Tür gibt es Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und den Bus.“

Das Wohnkonzept solle auch dazu beitragen, Einsamkeit zu vermeiden, sagt Sonja Schleutker-Franke, Pressesprecherin der Johanniter in Harburg. „Die Familienstrukturen haben sich verändert, auch die Frauen arbeiten und haben weniger Zeit, ihre Eltern im Alltag zu unterstützen oder auch zu pflegen.“ Der Kontakt ist vielen dennoch wichtig. In der Anlage wohnen 30 Menschen zwischen 72 und 97 Jahren, viele sind hierhergezogen, weil ihre Kinder in der Nähe wohnen. Die meisten seien noch sehr fit, sagt Schleutker-Franke, nur etwa ein Drittel sei auf Pflege angewiesen.

Das Wohnen mit Service sei ein guter Übergang, um möglichst lang selbstständig zu bleiben, meint Annegret Räthke. Vielen älteren Menschen falle es schwer, sich von ihren großen Häusern und Wohnungen mit Garten oder Werkstatt zu trennen. „Aber man sollte sich das rechtzeitig überlegen und umziehen, solange man sich noch gut einleben kann.“