Harburg. Ob Sammelbus Moia oder Car2Go und Co: Angebote für Gemeinschafts-Mobilität konzentrieren sich nördlich der Elbe in der City.

Es klingt toll: Ein elektrischer Kleinbus, den man sich per App dorthin bestellen kann, wo man einsteigen will, und der einen für kleines Geld dorthin bringt, wo man hin will – eventuell mit einem kleinen Umweg, denn die App hat schon Mitfahrer mit ähnlichen Zielen ausgesucht. Das schont die Umwelt genauso wie den Geldbeutel der Fahrgäste und sichert gleichzeitig die Erlöse der Betreiber. Moia, so heißt dieser Dienst, der in der Freien und Hansestadt Hamburg schrittweise erprobt wird, wirkt, wie eine Win-win-win-Situation. Nicht allerdings für Harburg, denn Harburg bleibt, genau wie Bergedorf, außen vor. Harburgs Bezirkspolitiker sind enttäuscht.

Moia-Pressesprecher Christoph Ziegenmeyer bedauert die Situation. „Grundsätzlich wollen wir das ganze Stadtgebiet abdecken“, sagt er. „In unserer ersten Teststadt, Hannover, gelingt uns das bereits, und das nur ein halbes Jahr nach dem Start. Auch in Hamburg ist dies unser Ziel. Wir haben für die zweijährige Erprobungsphase in der Hansestadt leider nur eine Konzession für 500 Fahrzeuge bekommen. Das reicht nach unseren Berechnungen für ein Testgebiet von 300 Quadratkilometern.“

Die Fläche der Freien und Hansestadt Hamburg ist 750 Quadratkilometer groß. Deshalb begrenzt Moia das Testgebiet. In Absprache mit der Behörde für Wirtschaft Verkehr und Innovation wurde das Testgebiet zunächst begrenzt: Die virtuelle Grenze verläuft derzeit am nördlichen Elbufer und entlang der A1 sowie mitten durch die Walddörfer. Das abgedeckte Gebiet geht von Rissen bis Billstedt und von Bergstedt bis zur Hafencity. „Wir können unser Gebiet nicht endlos strecken, ohne die nötigen Fahrzeuge zu haben“, sagt Ziegenmeyer, „denn das Prinzip, mit dem die Menschen zum Umsteigen vom eigenen Auto auf die Mitfahrt im Ridesharing gebracht werden sollen, beinhaltet, dass wenige Minuten nach der Bestellung ein Wagen beim Kunden ist und dass die Umwege durch das Fahrten-Teilen möglichst kurz gehalten werden.“

Die Harburger Bezirkspolitiker befriedigt diese Antwort nicht. Vorsitzender des Verkehrsausschusses der Bezirksversammlung ist Rainer Bliefernicht (CDU) . Er sieht die idealen Testgebiete ganz woanders: „In der Hamburger Innenstadt, innerhalb des Ring 2, ist der öffentliche Nahverkehr hervorragend ausgebaut und vernetzt“, sagt er. „Nirgendwo braucht man länger als ein paar Minuten zur nächsten Metrobus- oder Bahnhaltestelle. Dort braucht niemand wirklich Carsharing oder Ridesharing. Wo wir solche Systeme wie Moia brauchen, ist dort, wo der Takt und das Netz des Nahverkehrs dünner werden, in den Randlagen der Städte!“

Ähnlich sieht es Holger Böhm von der SPD-Bezirksfraktion. Er hatte diese Situation vorausgesehen und bereits im vergangenen Jahr einen Antrag formuliert, in dem die Verkehrsbehörde aufgefordert wird, den Moia-Versuch auch und gerade im Bezirk Harburg durchzuführen. „Schade, das ist mal wieder eine vertane Chance“, sagt er. „Trotz angeblich steigenden Umweltbewusstseins steigt die Zahl der angemeldeten Autos in Hamburg stetig. Um den Trend zu drehen, braucht man attraktive Alternativen, gerade in den Außenbezirken.“

Victoria Ehlers, FDP-Abgeordnete, meint, dass auch Moia eine Chance verschenkt: „Harburg wäre als geschlossenes Testgebiet sehr geeignet“, sagt sie. “Wir haben hier Pendler, Wirtschaftsverkehr, innerstädtischen Verkehr, sogar Hafen und Logistik – und das alles auf viel kleinerer Fläche, als Hamburg. Dazu kommt die TUHH als möglicher Forschungspartner vor Ort.“

Ehlers setzt sich dafür ein, dass möglichst viele innovative Verkehrskonzepte bis zum ITS-Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme und -Services, der 2021 in Hamburg stattfindet, im Bezirk Harburg eingerichtet werden. 2021 könnte auch Harburg dann Moia haben. „Wenn wir nach der Erprobung weitermachen, wollen wir auf 1000 Fahrzeuge erweitern“, sagt Ziegenmeyer. „Damit können wir das ganze Stadtgebiet abdecken.“

Ob das wirtschaftlich attraktiv ist, ist fraglich: Die Car-Sharing-Anbieter beispielsweise meiden Harburg. Es gab schlicht zu wenig Umsatz in der Vergangenheit. Car2Go und DriveNow haben ihre Harburger Geschäftsgebiete stark verkleinert. Die stationären Anbieter haben nur wenig Autos hier, andere Anbieter haben gar keine. Experten vermuten, dass einige Anbieter nur noch hier sind, weil die Bedingungen zur Teilnahme am switchh-System des HVV sie dazu zwingen, an allen Fernbahnhöfen präsent zu sein. „Die SPD setzt sich deshalb in ihrem Bezirkswahlprogramm für ein eigenes Harburger Car-Sharing-System ein“, sagt Holger Böhm.