Wilstorf. Umzug zum Campus am Hanhoopsfeld war ursprünglich für Oktober 2018 geplant. Morgen um 8 Uhr startet dort nun endlich der Unterricht.
Die Arena ist das Herzstück des Schulcampus Hanhoopsfeld: von morgen an das neue Domizil der Lessing Stadtteilschule, die bislang auf die zwei Standorte am Soldatenfriedhof und am Sinstorfer Weg verteilt gewesen ist. Das Ende dieser Zerrissenheit hat länger auf sich warten lassen als geplant: Ursprünglich sollte der Unterricht der Stadtteilschule an der neuen Adresse schon am 17. Oktober 2018 starten. Doch die außergewöhnlich große Hitze des vorausgegangenen Sommers hatte zu einem zeitweiligen Baustopp mit entsprechender Verzögerung geführt. Deshalb nun definitiv Start der neuen Ära: morgen, 8 Uhr!
„Wer über gewisse Dinge seinen Verstand nicht verliert, der hat keinen“: Dieses Zitat von Gotthold Ephraim Lessing fällt ins Auge. Es prangt an einer Wand in der Arena, Kernstück des Multifunktionsgebäudes („Haus Conti“), das Stadtteilschule und Alexander-von-Humboldt-Gymnasium von nun an gemeinsam nutzen – während der Mahlzeiten, bei Theateraufführungen oder Konzerten – und Platz für 600 Menschen bietet.
Dass Rudolf Helmut Kauer, Leiter der Stadtteilschule seinen Verstand noch nicht verloren hat, liegt allein daran, dass zwei Tugenden bei ihm besonders ausgeprägt sind: Geduld und Zuversicht. Ohne sie ist der Umzug einer Schule dieser Größenordnung (970 Schüler, 110 Lehrer und Pädagogen) wohl kaum unbeschadet zu überstehen. Doch auch er räumt ein: „Es ist ein Kraftakt, der allen mehr abverlangt als erwartet.“
Der Startschuss dazu fiel gleich nach der Ausgabe der Zwischenzeugnisse am 29. Januar. Während die Schüler - bis auf die Abiturienten – bis morgen frei haben, arbeiten Kauer und seine Kollegen seither von morgens früh bis abends spät. Unter anderem gilt es, mehr als 6000 Umzugskartons auszupacken und rund 19.000 Möbelstücke aufzubauen. Dass das bis morgen früh gar nicht alles zu schaffen ist, ist klar: „Aber die Grundversorgung steht“, sagt Kauer: „Der Unterricht startet.“ Er rechnet damit, dass bis zum Sommer alles an seinem Platz und sämtliche Arbeiten abgeschlossen sein werden.
Schulcampus Hanhoopsfeld: ein Mammutprojekt, bestehend aus dem Neubau der Stadtteilschule sowie dem Erweiterungsbau für das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, das mit knapp 45 Millionen Euro Hamburgs größtes Schulbau-Vorhaben und nach Fertigstellung nun neue Heimat für gut 1600 Schüler ist.
Die Lessing Stadtteilschule: sie verteilt sich jetzt über 7800 Quadratmeter und fünf Gebäude mit Namen aus Lessings Werken: das Hauptgebäude beherbergt drei Häuser – „Nathan“ mit Verwaltung und Lehrerlounge, „Saladin“ mit Dreifeld-Turnhalle sowie Box- und Tanzraum und schließlich „Rahel“ mit mehreren Werkstätten („Lessing produktiv“). Dann sind da zwei Klassengebäude („Emilia“ und „Appiani“) sowie eines für naturwissenschaftliche Fachräume und mit Hörsaal sowie Dachterrasse samt spektakulärem Panoramablick („Orsina“).
Und eben „Haus Conti“ mit besagter Arena, Lehr- und großer Produktionsküche, Kunst-, Musik- und Bandräumen. Dazwischen immer wieder Freiflächen, die schon in absehbarer grün sein sollen und Platz bieten zum Toben, Ausruhen, Abhängen und natürlich auch für einen Schulgarten samt Gewächshaus.
Beim Rundgang durch die Gebäude gestern ploppen beim unbedarften Besuch Zweifel auf, denn überall wird noch gearbeitet: Hier soll ab morgen unterrichtet werden? „Das wird“, sagt Kauer. Seine Zuversicht ist unerschütterlich. Und erprobt: 2010 war er der Geburtshelfer der Lessing Stadtteilschule als Zusammenschluss des Lessing-Aufbaugymnasiums sowie der früheren Haupt- und Realschulen Sinstorf und Hanhoopsfeld. Dass er stressresistent ist, gilt seither als erwiesen.
Dazu passt, dass er unbedingt auch diesen Umzug zum Hanhoopsfeld wuppen wollte. Dabei hätte er sich 2017 in den Ruhestand verabschieden können. Aber er ist einer, der zu Ende bringt, was er anfängt. Und auch gerne die Ernte einfährt: ein Jahr noch am neuen Standort regieren, darauf hat er sich mit der Schulbehörde geeinigt. Bedeutet, erst im Januar 2020 ist für ihn Schluss.
Vorher aber stehen noch einige Feiern an. Morgen nach dem Unterricht erst mal ein kleiner Umtrunk mit den Kollegen, die nach seiner Einschätzung in den vergangenen Tagen und Wochen bis an ihre Grenzen gegangen sind, und im Mai dann das offizielle Einweihungsfest.
Dass es auch danach noch aussehen wird, als sei die Schule längst nicht fertig, ist dem Zeitgeist geschuldet: Der Sichtbeton in Treppenaufgängen und Fluren sieht aus, als fehlte der Anstrich. Stimmt aber nicht: „Das ist so gewollt“, sagt Kauer. Und man ahnt – er selbst hätte nichts gegen Farbe gehabt.
Lessing – Dichter, Denker, Aufklärer
Gotthold Ephraim Lessing( 1729 – 1781) war ein bedeutender Dichter der deutschen Aufklärung. Mit seinen Dramen und seinen theoretischen Schriften, die vor allem dem Toleranzgedanken verpflichtet sind, hat dieser Aufklärer der weiteren Entwicklung des Theaters einen wesentlichen Weg gewiesen und die öffentliche Wirkung von Literatur nachhaltig beeinflusst. Lessing gilt als der erste deutsche Dramatiker, dessen Werk bis heute ununterbrochen in den Theatern aufgeführt wird. Lessing war ein vielseitig interessierter Dichter, Denker und Kritiker. Als führender Vertreter der deutschen Aufklärung wurde er zum Vordenker für das neue Selbstbewusstsein des Bürgertums. Seine Schriften zeichnen sich aus durch eine oft treffsichere Polemik.