Buxtehude. Ulrich Bildstein und Franck-Thomas Link interpretieren Goethes Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“.

Unter dem Titel „Heimat entsteht da, wo man das Fremde umarmt“ trägt Ulrich Bildstein Gedichte aus Goethes Sammlung „West-östlicher Divan“ vor, Franck-Thomas Link begleitet ihn am Klavier. Die beiden großen Mystiker Johann Sebastian Bach und Georges Gurdjieff liefern den Sound. Bildstein und Link gestalten einen konzentrierten Abend, der vielleicht einen der geglücktesten interkulturellen Dialoge zeigt, den es je gegeben hat.

Als Johann Wolfgang von Goethe 1814 von seinem Verleger Cotta eine frisch ins Deutsche übertragene Gedichtesammlung des persischen Dichters Hafis zukam, war es ihm, als ob er einen Bruder gefunden hätte: „Lust und Pein sei uns, Zwillingen, gemein. Wie du zu lieben und zu trinken das soll mein Stolz, mein Leben sein!“ Hafis (geboren um 1315) ist einer der bekanntesten persischen Dichter und Mystiker.

In seinen Gedichten kommt eine vollkommen undogmatische, auf unmittelbare Erfahrung statt auf Gelehrtenwissen zielende Weisheit zum Ausdruck, die in der Spiritualität der Sufis ihre Heimat hat. Goethe fühlte sich durch seine freie Denkungsart, aber auch durch das freie Versmaß seiner Gedichte, inspiriert und bestätigt. Lange Jahre begleiteten ihn die Verse des Hafis auf seinen Reisen.

Mit Witz und Ernst werden bei Goethe wie bei Hafis die großen Themen des Lebens wie der Umgang mit Vorurteilen, Religion, Liebe und Vergänglichkeit verhandelt. Beide Dichter nehmen eine verblüffend ähnliche Haltung ein. Sie verurteilen Kleingeisterei angesichts der wirklich existenziellen Aufgaben, die sich dem Menschen stellen.

Goethes Gedichte sind freie Nachempfindungen der altorientalischen Poesie, getränkt mit fantastischen Bildern und eigener Lebensweisheit. Der Dichter, der wie kaum ein zweiter die deutsche Sprache geprägt hat, bringt in seiner Gedichtesammlung „West-östlicher Divan“ am Ende seines Lebens zum Ausdruck, dass eigene Errungenschaften und Erkenntnisse nichts wert sind, wenn sie nicht in Dialog treten. Selten findet man abendländisches Denken und morgenländischen Witz so funkelnd vereint wie beim geheimen Rat von Goethe.

Sonnabend, 2. Februar, 20 Uhr, Theater im Hinterhof, Hauptstraße 34, Buxtehude, Eintritt 13 Euro