Bispingen. Mit Hilfe von Naturschützern wir die Art wieder heimisch. Sie war in Norddeutschland schon ausgestorben.
Auf samtenen Pfoten erobert sie verloren gegangenes Terrain zurück: Die Wildkatze ist in zahlreichen Wäldern der Lüneburger Heide wieder heimisch geworden. „Uns gelang in diesem Jahr erstmals der Nachweis einer Wildkatze in Bispingen im Herzen der Lüneburger Heide – dies ist der nördlichste Nachweis dieser Art in ganz Deutschland“, berichtet Andrea Krug, Wildkatzenexpertin beim BUND Niedersachsen.
Verschiedene Nachweise im Südlichen Heidekreis und in der Südheide belegten, dass sich die Ausbreitungsgrenze der Wildkatze allmählich nach Norden verschiebt, sagt auch Andreas Jacob vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Die wilden Katzen sind sehr scheu und lassen sich kaum sehen. Sie werden mit Hilfe von Lockstöcken ausfindig gemacht: Holzpflöcke werden mit Baldrian getränkt. Der Geruch lockt Katzen an, die auf der Suche nach einem Partner die Wälder durchstreifen. Die Tiere reiben sich intensiv an den Holzpflöcken und hinterlassen dabei neben dem eigenen Geruch auch einige Haare.
Diese werden von Helfern eingesammelt und anschließend im Forschungsinstitut Senckenberg in Gelnhausen (bei Frankfurt/Main) genetisch untersucht. Dadurch lässt sich feststellen, ob die Haare tatsächlich von Felis silvestris stammen, so der lateinische Name, oder ob sich ein Reh, Dachs oder eine Hauskatze an dem Holz geschubbert hat. Mit Hilfe der Genanalytik ist es auch möglich, einzelne Individuen zu identifizieren. Die Daten aus der Haarprobe landen in einer bundesweiten Wildkatzen-Gendatenbank.
2004 startete der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sein Artenschutzprojekt „Rettungsnetz Wildkatze“ im Thüringer Nationalpark Hainich, wo die Katze noch vorkam. Das Ziel war und ist weiterhin, die Waldgebiete Deutschlands miteinander zu vernetzen – mit Hilfe von sicheren Korridoren. Nur so kann die stark bedrohte Art verlorene Lebensräume neu besiedeln. Mehr als 40 BUND-Mitarbeiter, 800 externe Fachleute und gut 1200 Freiwillige engagieren sich in dem Projekt, das zu den größten deutschen Naturschutzprojekten zählt. Rund 3000 Wildkatzen-Haarproben wurden bislang nachgewiesen, etwa doppelt so viele Haarproben im Labor analysiert.
Um herauszufinden, wie sich die kleine Raubkatze in Niedersachsen ausbreitet, stellten Ehrenamtliche des BUND Niedersachsen in den Wäldern zwischen Teutoburger Wald im Westen des Bundeslandes und Lüchow-Dannenberg im Osten rund 300 Lockstöcke auf. Sie wurden regelmäßig kontrolliert, auch mit Unterstützung von anderen Naturschutzverbänden. Bei mehr als der Hälfte der aufgestellten Holzpfähle fanden sich keine Wildkatzenhaare. Aber einige Funde begeistern die Artenschützer.
Das gilt für einen Nachweis in den Wäldern am Grünen Band (dem Naturraum entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze) im Landkreis Lüchow-Dannenberg. „Dieser Fund zeigt, dass es nur noch ein Katzensprung bis zur Göhrde und über die Elbe ist, wo ebenfalls gute Lebensräume für die Wildkatze existieren“, so Dr. Marc Overbeck von den Niedersächsischen Landesforsten.
In weiten Teilen Deutschlands war die Mäusejägerin bereits ausgestorben. Heute durchstreifen wieder 7000 bis 10.000 Wildkatzen unsere Wälder. „Die Nachweise in der Lüneburger Heide häufen sich in den vergangenen Jahren – die Ausbreitungsgrenze verschiebt sich langsam, aber kontinuierlich immer weiter Richtung Elbe. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Wildkatze auch in den Wäldern des Landkreises Harburg auftaucht“, sagt Wildkatzenexpertin Andrea Krug.