Neugraben-Fischbek. Campusschule soll nicht am Ohrnsweg gebaut werden, sondern im östlichen Teil von Neugraben-Fischbek. Fertigstellung nicht vor 2023.

Die Entscheidung ist gefallen. Die vierte weiterführende Schule für Neugraben-Fischbek kommt. Allerdings wird diese Campusschule für rund 1100 Schüler nicht vor 2023 fertig und auch nicht am Ohrnsweg gebaut – sondern dort, wo jetzt noch die Frieda-StoppenbrinkSchule steht: an der Neuwiedenthaler Straße 4. Mit dieser Entscheidung überraschte Schulsenator Ties Rabe (SPD) seine Zuhörer bei einer Diskussionsveranstaltung, zu der sein Parteifreund, der Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Czech jetzt in die Stadtteilschule (STS) Fischbek-Falkenberg eingeladen hatte.

Um den Standort sei lange gerungen worden, räumte der Senator ein: „Der Ohrnsweg wäre attraktiv gewesen.“ Und im Westen gelegen, bei den Neubaugebieten. Doch dort, fürchtete der Senator wären Einsprüche und Widerstand programmiert gewesen, unter anderem wegen des nahegelegenen Naturschutzgebietes und mehrerer Tennisplätze in der Nachbarschaft. Der Vorteil des im Osten gelegenen Standortes an der Neuwiedenthaler Straße 4: „Das Gelände gehört bereits der Hansestadt und erfüllt alle planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen schnellen Schulbau.“

Das gut vier Hektar große Areal ist bis jetzt allerdings noch unter anderem die Adresse der Frieda-Stoppenbrink-Schule, seit 2012 eine Bildungseinrichtung des Regionalen Bildungs- und Beratungszentrums Süderelbe, in der rund 90 Schüler (Klassen 5 bis 11) mit den Förderschwerpunkten Sprache, Lernen sowie sozial-emotionale Entwicklung beschult werden. Was aus ihnen und der Frieda-Stoppenbrink-Schule werden soll? Der Senator weiß es nicht.

Überhaupt schwante ihm an dem Abend wohl, dass er die Schulleitung mit diesen Plänen mehr oder minder überrumpelt, weil entsprechende Gespräche noch ausstehen. „Ich gebe zu, das ist jetzt unglücklich.“

Gleich zu Beginn des Abends hatte er eröffnet, dass sich alles noch in der Planung befinde. Fest steht aber, die „Mega-Schule“ (Senator Rabe), ein 40-Millionen-Euro-Projekt, kommt. Für den Senator bedeutet das aber auch: „Wir müssen Wege gehen, die nicht typisch sind für den Schulbau“. Will sagen, es soll alles getan werden, um die vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibungen so weit wie möglich abzukürzen. Ob es auch einen Plan B gebe, wollte ein Zuhörer wissen. Aber da winkte Rabe ab. „Wenn wir uns anstrengen, kann das gelingen“, sagte er und versicherte: „Wir haben immer Wege gefunden.“

Die geplante Schule beschrieb der Senator als eine Mischschule, wie es bereits zwei in Hamburg gebe. Nach dem Vorbild der Gyulia Trebitsch Schule in Tonndorf und der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude, soll es an der geplanten Campusschule Stadtteilschulklassen geben, die alle Abschlüsse, auch das Abitur nach Klasse 13, ermöglichen.

Für Leistungsstärkere werde zusätzlich die Möglichkeit geboten, ab der 7. Klasse den gymnasialen Zweig zu besuchen und somit das Abitur bereits nach 12 Schuljahren abzulegen. Die Behörde plant in Neugraben-Fischbek demnach eine Schule mit 3-4-zügigem Gymnasium sowie 2-3-zügiger Stadtteilschule.

Besonders die Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek hatte sich in der Vergangenheit immer wieder für ein zweites Gymnasium in Süderelbe stark gemacht, weil das Gymnasium Süderelbe längst nicht mehr ausreiche und etliche Schüler auf Gymnasien anderer Stadtteile ausweichen müssten.

Was die Grundschulen im Raum Süderelbe angeht, gab der Senator ein Versprechen, das uneingeschränkt auf Zustimmung stieß: Alle sollen sie ausgebaut werden, so dass von 2023 an bis zu 31 Parallelklassen in jeden Jahrgang augenommen werden können (bisher war von 26 die Rede). Für die Schulen Ohrnsweg, Neugraben und Johannisland bedeutet das: Es werden sechs statt bisher fünf Züge angepeilt.

„Das entspricht einer Investition von zusätzlich rund 20 bis 25 Millionen Euro“, erklärte dazu gestern die Schulbehörde. Allerdings sind auch in diesem Bereich Details noch nicht geklärt. Vor allem zum Zeitplan konnte der Senator nichts Genaues sagen. Er versprach nachzuliefern – spätestens bis Weihnachten.

Nicht alle, die an diesem Abend dabei waren, stellte das zufrieden. „Es brennt doch jetzt schon“, sagte etwa Manfred Sprunkel, der früher als Lehrer und im Schuldienst gearbeitet hat, und bis heute dem Quartiersbeirat angehört. Er kritisierte, dass die bestehenden Schulen teilweise jetzt schon zu klein und vor allem die Wartelisten der Kindertagesstätten ellenlang seien: „Jeden Tag ziehen neue Familien hierher, und die gucken dann in die Röhre.“

Boomtown Neugraben

Im Südwesten Hamburgs, an der Grenze zu Niedersachsen, liegt Neugraben-Fischbek: mit 22,5 Quadratkilometern einer der größten Hamburger Stadtteile. Nach Angaben des Statistikamtes Nord leben dort knapp 29.000 Menschen (Stand: Januar 2018). Doch das ändert sich nahezu täglich, denn es entstanden und entstehen mehrere Wohnprojekte, zum Beispiel Vogelkamp, Fischbeker Heidbrook, Fischbeker Reethen sowie rund um die ehemalige Röttiger Kaserne.

Bagger und Kräne bestimmen das Ortsbild Neugraben, das während der Internationalen Bauausstellung (IBA) als Projektgebiet „Naturnahes Wohnen“ ausgewiesen war. Bis 2025 rechnet man mit einem Zuwachs von 12.000 Bewohnern.