„Fitmacher“ sind Menschen, die uns in Bewegung bringen. Heute: Peter Renck, der bei beim Moorburger SV die Supersenioren trainiert.

Seine ersten Fußballerfahrungen machte Peter Renck auf der B73. In den 1950er-Jahren. Damals war die Straße zwischen Hamburg und Cuxhaven, auf der heute über 40.000 Autos täglich unterwegs sind, noch einspurig. Die Kinder aus den angrenzenden Häusern konnten die stündlich vorbeifahrenden Autos an zwei Händen abzählen. Und sie nutzten die Fläche zum Spielen.

Als sein Vater ihn das erste Mal offiziell zum Fußballtraining mitnahm, war Peter Renck bereits zwölf. Trainiert wurde beim Verein Borussia Harburg, dessen Anlage auf dem Gelände des heutigen Seniorenpflegeheims Eichenhöhe lag. Hermann Renck war zu jener Zeit ein bekannter Fußballspieler, feierte große Erfolge in der zweiten Liga. Er wollte, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt.

Peter Renck, 67, spielt seit 32 Jahren beim TSV Moorburg Fußball und ist eine feste Größe in der Verteidigung der Supersenioren.
Peter Renck, 67, spielt seit 32 Jahren beim TSV Moorburg Fußball und ist eine feste Größe in der Verteidigung der Supersenioren. © HA | Hanna Kastendieck

„Ich hatte aber nicht halb so viel Talent“, sagt Peter Renck, „dafür aber um so mehr Spaß.“ Freude am Spiel, am Wettkampf und an der Gemeinschaft, die bis in die Gegenwart andauert. Und er steht noch immer Woche für Woche auf dem Platz. Über Borussia kam er zum Bostelbeker SV und schließlich zum Moorburger TSV. Inzwischen ist er 67 und als Verteidiger bei den „Supersenioren“ nicht wegzudenken.

Die Truppe vereint leistungsstarke Fußballer, die in die Jahre gekommen und trotzdem am Ball geblieben sind. So wie Gerd Müller, 71, der als 17-Jähriger im FC Normania am Alten Postweg angefangen hat, oder Peter Jaß, 74, der seit der Fußball-WM 1954 mit dem Kickervirus infiziert ist.

Zum Team gehört auch Hans-Georg Wente, 64, der seit 60 Jahren den Ball tritt und seinem Verein bis heute treu geblieben ist, sowie Rolf Ulatowski, 70, seit 61 Jahren Fußballer. Sein Verein ist der FTSV Alternwerder, mit dem der Moorburger TSV seit 2003 eine Spielergemeinschaft hat. Insgesamt 15 Spieler hat die Mannschaft. Der Jüngste ist 57, der Älteste 74 Jahre alt.

Die Moorburger Supersenioren trainieren mittwochs auf dem Vereinsplatz am Moorburger Elbdeich, an den Wochenenden haben sie Punktspiele.
Die Moorburger Supersenioren trainieren mittwochs auf dem Vereinsplatz am Moorburger Elbdeich, an den Wochenenden haben sie Punktspiele. © HA | Hanna Kastendieck

Zwei Stunden wird gekickt, aber ganz ohne Verbissenheit

Sie treffen sich jeden Mittwoch von 19 bis 21 Uhr zum Training auf dem Platz am Moorburger Elbdeich 257 a. Während nebenan in den Räumen der ehemaligen Grundschule Moorburg Musiker ihre Bässe dröhnen lassen, kommen die Herren auf dem Platz ganz schön ins Schwitzen. Zwei Stunden wird gebolzt, mit dem nötigen Ernst aber ohne Verbissenheit.

An den Wochenenden geht es zu den Punktspielen nach Sasel, Ellerau, Eggenbüttel oder St. Pauli. Gespielt wird auf Kleinfeld, sieben gegen sieben. Viermal wurden sie in den vergangenen zwölf Jahren Meister. Und auch in dieser Saison spielen sie wieder ganz oben mit.

Zum Einen, weil sie die Sache mit dem nötigen Ernst betreiben. Zum Anderen, weil sie ein eingespieltes Team sind. 1984 gründeten sie die Mannschaft. Viele der damaligen Spieler stehen noch heute auf dem Platz. Nur selten kommt mal ein Neuzugang, so wie Michael Knepper, der seinen Verein in Vahrendorf verließ, um seine fußballerische Karriere in Moorburg zu Ende zu führen.

„Weitere Spieler sind also herzlich willkommen“, sagt Peter Renck, der die Truppe auch als Vereinsvorsitzender viele Jahre zusammengehalten hat. Den Vorsitz hat er inzwischen abgegeben. Sein Engagement für die Mannschaft ist geblieben.

Unzählige Pokale stehen in den Regalen im Clubhaus.
Unzählige Pokale stehen in den Regalen im Clubhaus. © HA | Hanna Kastendieck

Ebenso seine Sympathie für den Verein in Moorburg, diesem sterbenden Stadtteil. 230 Mitglieder sind es derzeit, die sich auf der Anlage unweit der A 7 sportlich betätigen. Doch es werden von Jahr zu Jahr weniger. „Bei 750 Einwohnern, die der Stadtteil zählt, reicht der Nachwuchs nie für einen ganzen Jahrgang“, sagt Peter Renck. „Wir haben nur eine Chance, wenn die Stadt den Ort wieder lebendig macht, in dem sie die Hafenerweiterungspläne endlich ad acta legt.“

Um Moorburg attraktiv zu machen, beteiligte sich Peter Renck in der Vergangenheit an der Gründung des Vereins Elbdeich, der eine Plattform für Kunst, Kultur, Musik, Sport, Spaß und Jugendarbeit im Ort sein will. Darüber hinaus organisierte der pensionierte Softwaretrainer mehrfach das Moorburg-Festival.

Ganz oben auf der Prioritätenliste aber steht der Fußball. „Mit deinen Teamkollegen verbringst du mehr Zeit als mit deinen besten Freunden“, sagt er. „Das muss schon passen.“ Zwei bis dreimal die Woche stehen die Supersenioren zusammen auf dem Platz, nach jedem Fußballspiel gibt es für alle eine Kiste Bier. Gemeinsam sind sie schon auf Mallorca gewesen, an der Mecklenburger Seenplatte und zuletzt in Cottbus zur viertägigen Kanufahrt im Spreewald. Die Herren treffen sich zu Spieleabenden, gehen Kegeln und feiern nicht nur zu Weihnachten, sondern auch zum Abschluss der Saison.

„Wir sind eine bodenständige Truppe“, sagt Gerd Müller, ehemaliger Chemielaborant und Verteidiger der Supersenioren. „Bei uns geht’s ländlich rustikal zu. Das gefällt mir.“ Seine Mitspieler schwärmen von Gerds Fitness. „Er ist mit seinen 71 Jahren noch unglaublich schnell“, sagen sie. Mitspieler Rolf, 70, hingegen ist für seine Übersicht und das gute Pass-Spiel bekannt. Und Hendrik Beckmann, 65, sorgt als Kapitän für die richtige Einstellung in der Mannschaft.

Verstärkt wird die Truppe regelmäßig durch jüngere Spieler der Supersenioren Ü40, Ü50 sowie der Altherrenmannschaft. Jugendmannschaften gibt es inzwischen keine mehr „Das war mal anders“, erinnert sich Hans-Georg Wente wehmütig. Als er vor 60 Jahren seine ersten Bälle über den Platz kickte, war die A 7 gerade im Bau. Es gab keine Containerbrücken und kein Hafenerweiterungsgesetz. Stattdessen gab es viele Kinder, ein lebendiges Dorf und einen quirligen TSV, bei dem nicht nur die Senioren super waren.

Fußball im Alter

In Deutschland folgen nur knapp ein Viertel der Männer den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sich fünfmal wöchentlich für 30 Minuten zu bewegen. Fußball spielen trägt dazu bei, die Selbstständigkeit und Mobilität bis ins hohe Alter zu erhalten.

Studien der Uni Kopenhagen und der FIFA-Forschungsgruppe F-MARC belegen, dass Fußball im Alter gesund ist. Demnach haben Männer, die ihr Leben lang Fußball spielen, im Alter von 70 Jahren den Gleichge­wichtssinn und die Muskelbeweglichkeit von 30-jährigen untrainierten Männern.

Die beliebteste Sportart in Deutschland fördert Ausdauer, Beweglichkeit, Kraft und Koordination zugleich und sorgt als Mannschaftssportart für soziale Kontakte. Deswegen trägt regelmäßiges Kicken nicht nur zur physischen, sondern auch zur psychischen Gesundheit bei.

Eine Altersgrenze für das Fußballspielen gibt es nicht. Allerdings sollte vor der sportlichen Belastung abgeklärt werden, ob die Herzkranzgefäße gesund sind. Idealerweise sollten sich Spieler vorher einem Belastungs-EKG unterziehen.

Der Verein

Im März 1897 wurde die Moorburger Turnerschaft „Gut Heil“ gegründet. 1913 folgte die Gründung der Arbeiter-Turnerschaft in Moorburg. Beide Vereine schlossen sich 1933 zum Moorburger TSV zusammen. Man einigte sich auf die neuen Vereinsfarben Schwarz-weiß.

Am 17. Februar 1962 brach über Hamburg die größte Sturmflut seiner Geschichte herein. Moorburg lag mitten im Katastrophengebiet und wurde durch mehrere Deichbrüche vollkommen überflutet. Direkt am Sportplatz brach in großer Breite der Deich. Jeglicher Sportbetrieb in Moorburg war unterbrochen.

Vereinsfarben Schwarz-Weiß: Der Wimpel des Moorburger TSV steht auf dem Tresen im Clubhaus
Vereinsfarben Schwarz-Weiß: Der Wimpel des Moorburger TSV steht auf dem Tresen im Clubhaus © HA | Hanna Kastendieck

Der großen Katastrophe folgte eine spontane Hilfsaktion. Verbände, Behörden und Nachbarverein legten zusammen und halfen beim Bau eines neuen Sportplatzes, der im September 1964 erstmalig bespielt werden konnte.

Neben Fußball wird beim Moorburger TSV aktuell Badminton, Turnen, Karate und Kickboxen angeboten. Der Vereinsbeitrag liegt monatlich zwischen fünf und zwölf Euro. Weitere Infos: www.moorburgertsv.de