Harburg . Tochter Yvonne Koch will das Schiff bis November verkaufen. Interessenten sahen sich an Bord um. Gebote starten bei 30.000 Euro.
Was wird aus dem Hausboot von Gunter Gabriel? Ein Event-Schiff oder ein schwimmendes Büro? Wird man dort künftig übernachten und frühstücken können, werden dort ehemalige Fans oder Hausboot-Enthusiasten wohnen oder wird es gar eine Pilgerstätte für Menschen, die sich mit dem 2017 verstorbenen Sänger verbunden fühlen? Vieles ist möglich. Aber eines ist sicher: Die Zeit drängt. Gabriels Tochter Yvonne Koch möchte noch vor dem Winter verkaufen und auch Rudolf Sommerfeld, der Chef der Harburger Jöhnk Werft, würde den Liegeplatz gern ab Ende Oktober anders nutzen.
Noch aber gibt es keinen Favoriten auf den Zuschlag für die „Magdeburg.“ Trotz des Besichtigungstermins für Interessenten am Sonnabend, bei dem erstmals nach dem Tod des Sängers wieder familienfremde Menschen an Bord kamen. „Es gab viele positive Anfragen. Die werde ich jetzt in Ruhe durchgehen“, sagte Koch am Sonntag dem Abendblatt auf dem Weg nach Frankfurt zu einem Konzert. Entscheidend sei, dass der neue Besitzer das Hausboot „nachhaltig“ betreuen könne und es in „liebevolle Hände“ komme.
Vom Termin am Sonnabend nahm Koch rund 30 Selbstauskünfte von potenziellen Käufern mit. Sie hatten sich an Bord auf bereitliegenden Zetteln eingetragen. Zuvor waren bei ihr rund 200 Anfragen per E-Mail oder Facebook eingegangen. Koch will daher, wie sie am Sonntag sagte, auch diejenigen im Auge behalten, die nicht vor Ort waren. Die 52-Jährige ist auf den Kaufpreise angewiesen. Sie hat immerhin 450.000 Euro Schulden als Erbe von ihrem Vater übernommen.
Helfen könnten da die Kiezjungs Michael Gremliza und Sven Jacobsen, die an dem mildwarmen Vormittag mit ihren Harley-Davidson-Maschinen bei der Werft vorgefahren waren. Für die beiden Geschäftsführer der Hamburger Event-Agentur, die in der Hansestadt Touren anbieten, käme eine Nutzung als Schiff für Veranstaltungen oder als eigenes Büro in Frage. Sie haben bereits ein Angebot abgegeben. „Es wird aber sicher schwierig, in Hamburg einen neuen Liegeplatz zu finden“, sagte Gremliza. Beide haben den Sänger gekannt und gemocht: „Er war ein Gerader.“
Erinnerungen kamen am Sonnabend auch bei Robert Schlinkheider hoch, der extra mit seiner Frau Stefanie aus Düsseldorf angereist war. „Ich habe Gunter immer wieder getroffen, aber noch nie auf seinem Boot“, sagte Schlinkheider. Er kann sich gemeinsam mit Freunden ein Bed&Breakfast-Angebot vorstellen. Jetzt hat er in dem Raum einen Platz gefunden, in dem Gabriel komponiert hat. „Wenn ich hier an diesem Tisch sitzt, kann ich ihn spüren.“
Auf 115 Quadratmetern Wohnraum reiht sich an Bord Zimmer an Zimmer. Fast überall vollgestopft mit Büchern, Plakaten, CDs, Platten oder weiteren Erinnerungen neben den Möbelstücken. Die Kammer mit der Koje ist eng, an der Stirnseite hängt eine Weltkarte. Weitläufiger und nicht so vollgestellt ist das Gästezimmer. Die Wanne mit Whirlpool muss wie vieles andere an Bord renoviert werden. Gegenüber sitzt ein mannshoher Spiegel an der Wand. Selbst im WC sind Regale festgemacht, die Bücher aufnehmen. Auf dem Oberdeck geht es ins Büro, in dem Gabriel Lieder geschrieben hat und gleich dahinter in das überbordende Archiv. Tochter Yvonne Koch hat ein Wertgutachten für das Boot über 30.000 Euro – Ausgangspunkt im Bieterverfahren.
Aus Wuppertal-Elberfeld ist Volker Kreft gekommen, der Küster einer dortigen Gemeinde. Nicht wegen des Sängers, sondern weil „ein Hausboot immer sein Traum war.“ Zudem würde er gern im Norden in der Nähe seiner Kinder leben. Innerhalb einer Woche hat er sich entschieden, sich die „Magdeburg“ mal näher anzuschauen.
Schnell entschlossen haben sich auch Klaus Giese und seine Tochter Alica auf den Weg von Bad Pyrmont nach Harburg gemacht. Der Grundschullehrer hatte sporadisch Kontakt mit dem Sänger, fühlte sich von seiner Musik, „seinem Groove“, inspiriert. Das Schiff könne man entweder selbst, als Mietwohnung oder gar als Museum nutzen glaubt Giese. „Ich bin da noch nicht festgelegt.“ Er ist einer der Interessenten, die sich an Bord eingetragen haben.
Dort ist tatsächlich noch alles so, wie es Gabriel bewohnt hat. „Ich habe noch kein Einrichtungsstück herausgenommen“, versichert Koch. Die Räume auf dem Schiff spiegeln damit authentisch das Leben des in Bünde/Westfalen als Günter Caspelherr geborenen Sängers wider.
Yvonne Koch will nun mit weiteren Beratern „gerecht entscheiden“ und „wie ein Goldgräber“ den Richtigen finden. Ohne Zweifel: Das Rennen um das Schiff, das nun schon seit beinahe neun Jahren in der Werft im Binnenhafen liegt, ist eröffnet.