Winsen. Projektbeirat „Alpha-E“ wirft der Bahn vor, ein viertes Gleis zu planen und Absprachen aus dem Bürgerdialog zu ignorieren.
Dass für die stark befahrene Bahnstrecke zwischen Hamburg und Hannover eine zukunftsfähige Lösung gefunden werden muss, darin sind sich alle Beteiligten einig. Wie diese aussehen sollte, war zuletzt im Dialogforum Schiene-Nord (DSN) von Bürgern sowie Vertretern von Bahn, Politik und Planung diskutiert worden. Das erarbeitete Konzept Alpha-E, fand seinen Weg in den Bundesverkehrswegeplan. Im Kern geht es darum, die Bestandsstrecken auszubauen und bei Bedarf Ortsumfahrungen zu integrieren.
Doch nun wirft der an dem Verfahren beteiligte Projektbeirat Alpha-E der Deutschen Bahn vor, das dort aufgebaute Vertrauen in eine konstruktive Zusammenarbeit zu missbrauchen. „Wir haben aufgedeckt, dass hinter verschlossenen Türen seitens der Deutschen Bahn bereits seit längerem zusätzliche Gleise auf der Strecke Ashausen-Celle geplant wurden, die weder dem Konsens aus dem Dialogforum Schiene-Nord noch dem Bundesverkehrswegeplan entsprechen“, sagt Sprecher Peter Dörsam.
Entgegen der im Bürgerdialog erzielten Lösung plane die Bahn ein weiteres zusätzliches Gleis zwischen Ashausen und Celle, die Strecke würde somit viergleisig. „Damit setzt die Deutsche Bahn ihre Glaubwürdigkeit bei den Menschen zwischen Hannover, Hamburg und Bremen aufs Spiel, und Beteiligungsprozesse wie das DSN werden ad absurdum geführt“, sagt Joachim Partzsch, ebenfalls Sprecher.
„Ein zusätzliches Gleis ist mit uns nicht zu machen. Das beschlossene Alpha-E ist eine tragfähige Lösung, die unter Berücksichtigung der Interessen der Bürger erarbeitet wurde. Wir stehen für dessen Umsetzung in unserer Region unter den Bedingungen der Region. Alles andere ist nicht diskutabel“, betonen Dörsam und Partzsch.
Der Projektbeirat setzt seine Mitarbeit an den Runden Tischen der Deutschen Bahn deshalb zunächst aus. Er erwarte jetzt vertrauensbildende Maßnahmen und klare Bekenntnisse von Bund und Bahn zum Alpha-E, wie es im Abschlussdokument des DSN festgeschrieben wurde. „Nur unter diesen Voraussetzungen können eine weitere Planung und Realisierung des Alpha-E überhaupt wieder möglich werden“, so die Sprecher. Sie zählten auf das Wort von Enak Ferlemann, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, der sich zum Alpha-E bekannt habe.
Die sogenannte Alpha-Variante E sieht einen bedarfsgerechten Ausbau von bestehenden Strecken im Dreieck Bremen–Hamburg–Hannover vor. Hierbei geht es in erster Linie um zusätzliche Kapazitäten für die Güterzuganbindung der deutschen Seehäfen und die damit verbundenen besonderen Belastungen für die Bevölkerung.
Kritik am Vorgehen der Bahn kommt auch vom Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU). Dessen Vertreter Eckehard Niemann nannte es einen „unfassbaren Vertrauensbruch“, dass die Bahn offenbar heimlich Plan-Berechnungen für ein viertes Gleis zwischen Ashausen, Winsen und Uelzen sowie ein drittes Gleis zwischen Uelzen und Celle erstellt hätten. Der LBU unterstützt deshalb den Beschluss des Projektbeirats, bis zu einer klaren Rückkehr der Bahn-Verantwortlichen zu den Ergebnissen des Dialogforums und des Bundesverkehrswegeplans die Mitarbeit an den Runden Tischen auszusetzen.
Anders werden die aktuellen Planungen der Bahn in Lüneburg gedeutet. Hier begrüße man „die Überlegungen der Bahn, den Güterverkehr über eine weiträumige Umfahrung an Lüneburg vorbeizuführen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Darauf deute die Wahl des Landschaftsraumes hin, für die die Bahn eine sogenannte Sensitivitätsbetrachtung starte. Dieser umfasse auch den Raum für eine mögliche Neubautrasse parallel der A 7.
„Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der dieser Trasse auch den Vorzug vor der DSN-Variante gibt. Ein dreigleisiger Ausbau könne keine Lösung für die Zukunft sein, so Mädge. Das Dialogforum war aus seiner Sicht „allenfalls weiße Salbe, um den Menschen das Gefühl zu geben, sie könnten mitreden“.
Dies wiederum kritisiert LBU-Vertreter Niemann. Mädge verunglimpfe damit die Einbindung von Bürgern, Landkreisen und Kommunen im Zuge des Dialogforums. "Das Ergebnis des Dialogforums Schiene wird von der Bahn nicht in Frage gestellt". so ein Bahnsprecher. "Zur Zeit wird exakt die im Bedarfsplan des Bundes verankerte Variante beplant".
Der Projektbeirat:
Im Projektbeirat sitzen acht Vertreter betroffener Kommunen und Landkreise und acht Vertretern der Bürgerinitiativen. Er ist unabhängig von Bund, Land und Deutscher Bahn AG. Der Beirat begleitet den Umsetzungsprozess der Inhalte aus dem Dialogforum und setzt sich insbesondere für den Gesundheits- und Lärmschutz ein.