Heimfeld. Hamburg Wasser baut in den Harburger Bergen vier neue Förderbrunnen. Sie sollen zwei alte Standorte ersetzen.

An der Heimfelder Straße, schräg gegenüber vom Privathotel Lindtner, treibt ein Bohrer Rohre in den Boden. Seit Monaten laufen hier, am Rand des Waldgebiets Haake, Bohrarbeiten – zunächst zur Untersuchung des Untergrundes, jetzt zum Bau eines Brunnens. Hier wird Hamburg Wasser demnächst Rohwasser gewinnen, um die Harburger weiterhin zuverlässig mit Trinkwasser versorgen zu können.

Der Bauplatz ist einer von vier Standorten, die zwei bestehende Brunnen südlich von Moorburg ersetzen werden. Letztere werden voraussichtlich zum Ende des kommenden Jahres stillgelegt, weil sie auf oder nahe an der Trasse der geplanten A26-Ost liegen.

„Für das Wasserwerk Süderelbmarsch müssen wir eine Förderkapazität von 3,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr ersetzen“, sagt Ricardo Blank, Abteilungsleiter der Wasserwerksgruppe Süd. Das entspreche dem Wasserbedarf einer Mittelstadt wie Stade (rund 46.000 Einwohner).

„Wir werden vier neue Brunnen bauen, deren Potenzial wir auf jeweils rund 800.000 Kubikmeter abgeschätzt haben. Der erste dieser Brunnen entsteht jetzt an der Heimfelder Straße.“ Auch die anderen drei Standorte liegen in dem Waldgebiet: einer etwas weiter oberhalb an der Buskehre, die anderen beiden westlich der A7. Ein fünfter (Reserve-)Standort in Meyers Park bleibt vorerst unberührt.

Angesichts der zahlreichen Wohnungsbauprojekte werde es immer schwieriger, geeignete Flächen für die Trinkwassergewinnung zu finden, sagt Blank. Wo sie genau liegen, ermittelt Hamburg Wasser zunächst mit Hilfe eines hydrologischen Computer-Modells, untermauert mit realen Werten von zahlreichen Messstellen. So ist beispielsweise bei der Planung eines neuen Brunnens darauf zu achten, dass er älteren Brunnen nicht das Wasser abgräbt.

An der Kuhtrift gab es Probleme mit Waldbesitzer

Im nächsten Schritt wird ermittelt, wie sich der neue Standort an die bestehenden Rohwasserleitungen anschließen lässt. Vor der ersten Probebohrung muss feststehen, dass die Grundstücke, auf denen der Brunnen und seine Pipelines zum Rohrnetz errichtet werden sollen, verfügbar sind. Es können städtische Grundstücke sein, oder private, auf denen sich Hamburg Wasser eine Grunddienstbarkeit zur Wassergewinnung oder -durchleitung eintragen lässt.

Nicht jeder Grundeigentümer ist damit einverstanden. „Die öffentliche Daseinsvorsorge hat nicht für alle dieselbe hohe Priorität wie für uns“, sagt Ingo Hannemann, Technischer Geschäftsführer bei Hamburg Wasser. So war die Anbindung der beiden Standorte an der Heimfelder Straße zunächst entlang der Kuhtrift über das Gelände der ImmoForst OHG anvisiert. Also über die Flächen, auf denen der Investor Heinrich Schabert einen Kletterpark errichten wollte, aber keine behördliche Genehmigung bekam.

Das mag dazu beigetragen haben, dass die Gespräche mit Hamburg Wasser erfolglos blieben. Blank: „Wir haben über ein Jahr ergebnislos verhandelt. Weil wir Klarheit brauchten, werden wir die Rohrleitungen nun durch städtischen Forst führen.“ Die Rohre werden frostsicher in einem Meter bis 1,4 Meter Tiefe verlegt.

Sind die potenziellen Standorte rechtlich abgesichert, so werden zunächst Erkundungsbohrungen in den Boden getrieben. „Die ersten beiden Aufschlussbohrungen an der Heimfelder Straße haben wir 2017 durchgeführt, die zwei westlich der A7 in diesem Jahr“, sagt Blank. Dabei wird bis in die geplante Fördertiefe von gut 280 Metern gebohrt und dabei Bodenproben genommen. Auch wird probehalber Wasser gefördert – zum einen, um dessen Qualität zu überprüfen, zum anderen um genauer zu ermitteln, mit welchen Mengen gerechnet werden kann.

In der Nachbarschaft des Hotels Lindtner ist inzwischen das Mantelrohr des Brunnens gesetzt – es hat einen Durchmesser von 70 Zentimetern und reicht bis zu einer Tiefe von 225 Metern. Als nächstes werden die Filter gesetzt, durch die die Grundwasserader angezapft wird – bis in eine Tiefe von 283 Metern. Dazu läuft derzeit eine sogenannte Pilotbohrung. Ende Oktober soll dann der zweite Brunnen an der Buskehre gebaut werden. „Wenn die Brunnen in Betrieb sind, werden dort nur kleine Häuschen in der Größe einer Garage im Wald stehen“, sagt Ingo Hannemann. „Sie werden geräuschlos Wasser fördern, denn die Pumpen sitzen in 60 bis 80 Metern Tiefe.“

Viele Brunnen sind alt und müssen bald ersetzt werden

Wenn alles gut läuft, wird das neue Harburger Quartett mindestens 40 Jahre lang Wasser liefern – das ist in etwa die Lebenserwartung der Förderbrunnen. Sie werden in ein Netz von mehr als 460 Brunnen integriert. Viele sind in die Jahre gekommen und müssen bald ersetzt werden – das Durchschnittsalter aller Brunnen beträgt 39 Jahre.

Um die Versorgungssicherheit langfristig zu erhalten, sollten potenzielle Brunnenstandorte planerisch festgeschrieben werden, schlägt Hannemann vor: „Bebauungspläne können solche Standorte ausweisen, etwa in Grünanlagen. Oder es werden Dienstbarkeiten eingetragen.“ Die wachsende Einwohnerzahl Hamburgs und Witterungsextreme wie die lange Trockenheit in diesem Sommer stellten Hamburg Wasser vor neue Herausforderungen, so Hannemann. Der Harburger Brunnenbau ist ein kleiner Mosaikstein zur Zukunftssicherung.

Wasserwerke

16 Wasserwerke arbeiten das geförderte Rohwasser zu Trinkwasser für die Hamburger auf. Vier Werke liegen südlich der Elbe: Die Wasserwerke Neugraben, Süderelbmarsch und Bostelbek versorgen den Bezirk Harburg von Neuland bis Cranz und auch die Elbinsel Wilhelmsburg. Das etwa 30 Kilometer südlich von Hamburg gelegene Wasserwerk Nordheide beliefert die Stadt seit 1982.

Die vier Süd-Werke arbeiten im Verbundbetrieb. Eine Besonderheit ist die Topographie des Versorgungsgebiets, die zu zwei Druckzonen führt: Ein Wasserbehälter in Heimfeld sorgt für konstanten Druck in der sogenannten Hochzone. Für die niedere Zone ist ein in Ehestorf gelegener Wasserbehälter zuständig.

Historisch gab es zwei weitere Wasserwerke im damaligen Bezirk Harburg. Das Wasserwerk Moorburg musste nach der Sturmflut 1962 stillgelegt werden; das Wasserwerk Wilhelmsburg wurde wegen drohender Grundwasserversalzungen geschlossen.