Landkreis Harburg. Die interaktive Karte ist im Internet einsehbar. Sie zeigt: Die meisten Unfälle passieren auf Autobahnen und an Kreuzungen.
Genau 874 Personen wurden 2017 im Landkreis Harburg bei Verkehrsunfällen verletzt. Seit dieser Woche kann sich jeder die jeweiligen Unfallorte auf einem interaktiven Unfall-Atlas im Internet anschauen. Die Daten zeigen, dass Verkehrsunfälle im Landkreis besonders häufig an Kreuzungen passieren. Doch auch auf Autobahnen kommt es auf bestimmten Streckenabschnitten zu einer Häufung. In der Statistik werden jedoch nur Verkehrsunfälle aufgelistet, bei denen auch Personen verletzt wurden.
Regelmäßig kommt es auf der Autobahn 1 zwischen dem Maschener Kreuz und der Landesgrenze Hamburg zu Auffahrunfällen. Besonders im Berufsverkehr geht es ab dem Maschener Kreuz häufig nur noch im Schritttempo in Richtung Hamburg. Auffällig sind die ersten 1,2 Kilometer vom Maschener Kreuz bis zur Brücke Seevetalstraße. Dort passierten 2017 insgesamt zwölf Unfälle. Bei zwei Unfällen wurden Autofahrer schwer verletzt.
Zu einem besonders folgenschweren Verkehrsunfall kam es im März 2017, als ein Lastwagenfahrer ein Stauende zu spät erkannte und einem anderen Lkw auffuhr. Ein mit Lebensmittel voll beladener Anhänger kippte, die Ladung landete auf der Bahn. Die Bergung zog sich über viele Stunden hin, der Verkehr staute sich bis in die Hamburger Innenstadt hinein. um und verteilte seine Ladung auf der Autobahn. „Wir haben aber keine gravierende Häufung von Unfällen festgestellt”, sagte Wilhelm Buhr, Leiter der zuständigen Autobahnpolizei Winsen
Zwar komme es zwischen dem Maschener Kreuz und der Landesgrenze Hamburg vor allem wegen baustellenbedingter Staus in den vergangenen drei Jahren zu mehr Auffahrunfällen. Doch im Vergleich zu anderen Autobahnabschnitten in Niedersachsen könne nicht von besonderer Unfallhäufung die Rede sein. Das ist mehreren Maßnahmen zu verdanken, die Autofahrer im ersten Moment gar nicht bemerken.
„Wir haben im Bereich des Maschener Kreuz’ zum Beispiel mehrere Stauwarnanlagen installiert”, sagte Buhr. Sie zeigen ab einer Geschwindigkeit von unter 60 km/h auf dem jeweiligen Autobahnabschnitt eine Stauwarnung an. Außerdem gibt es seit wenigen Jahren die länderübergreifende Baustellenkoordinierung Hamburg. Vertreter aus Hamburg, dem nördlichen Niedersachsen und dem südlichen Schleswig-Holstein kommen zusammen, um die Baustellen auf den Autobahnen abzustimmen. Immer mit dem Ziel, Staus zu vermeiden. Denn gerade die Unfälle, die am Stauende oder im Stau passieren, können so vermieden werden. Tatsächlich passieren die meisten Unfälle auf den Autobahnen im Landkreis Harburg in der Nähe von Anschlussstellen oder Abfahrten zu anderen Autobahnen.
Wie beispielsweise im Buchholzer Dreieck. Dort verunglückten sechs Personen. Ein Kradfahrer starb ohne Beteiligung eines weiteren Fahrzeugs. Auch an den Anschlussstellen Thieshope, Egestorf (beide A7), Winsen-Ost (A39) sowie den Parkplatzauf- und Abfahrten Schaapskaben Ost (A7) und Stellheide (A1) passieren statistisch gesehen mehr Unfälle. Insgesamt verunglückten vier Personen tödlich auf den Autobahnen im Landkreis. Das Verkehrsaufkommen ist immens: Alleine auf der Autobahn 1 nahe Meckelfeld sind täglich mehr als 100.000 Fahrzeuge unterwegs.
Auch abseits der Autobahnen gibt es nur wenige Straßen, wo besonders viele Fahrzeuge verunglücken. Die insgesamt 874 Verkehrsunfälle mit Verletzten verteilen sich auf das gesamte Netz der Land- und Gemeindestraßen. Eine Auffälligkeit gibt es allerdings in Meckelfeld an der Glüsinger Straße. Auf einem Straßenabschnitt von nur 500 Metern gab es acht Verkehrsunfälle. Eine Fußgängerin wurde von einem abbiegenden Autofahrer erfasst und starb. Bei den übrigen Unfällen kam es vor allem zu Sachschäden, Menschen wurden allenfalls leicht verletzt.
Besonders viele Verkehrsunfälle ereigneten sich innerorts an Kreuzungen. So auch in Winsen an der Kreuzung Lüneburger Straße/Ecke Bahnhofstraße. Dort krachte es sieben Mal. Es gab einige Leichtverletzte. Bei vier Unfällen waren Fußgänger oder Radfahrer beteiligt. Erst kürzlich fuhr ein Autofahrer wenige Meter hinter der Kreuzung in ein Wohnhaus und wurde schwer verletzt.
In Neu Wulmstorf ist die vielbefahrende B73 ein Unfallschwerpunkt. Insgesamt 22 Unfälle ereigneten sich auf der nicht einmal 2,5 Kilometer langen Strecke. Zuletzt am Mittwochmorgen krachten dort vier Autos ineinander. Auch in diesem Fall wurde niemand schwer verletzt – es blieb bei leichten Blessuren. Auch hier: ein Auffahrunfall.
21 Unfälle ereigneten sich in den Straßen um die Buchholzer Innenstadt. Überdurchschnittlich oft waren dort jedoch Radfahrer und Fußgänger beteiligt. In Tostedt konnte die Gemeinde einen Unfallschwerpunkt an der Bundesstraße 75 entschärfen. Seit diesem Sommermonaten gibt es an der Kreuzung zur Bahnhofstraße eine neue Ampelschaltung. „Seitdem gab es keinen Linksabbiegerunfall mehr”, sagte Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam. 2017 wurden dort noch sechs Personen verletzt. Auch die Bahnhofstraße sollte für die auf der Straße fahrenden Radfahrer sicherer gestaltet werden. Die Gemeinde beantragte bei der Straßenverkehrsbehörde Tempo 30. Das lehnte diese jedoch ab.
Während viele Unfallschwerpunkte durch Abbiegefehler oder nicht beachten von Fußgängerwegen zu erklären sind, gibt es für vier Unfälle in der Lüneburger Heide keine Erklärung. Innerhalb von einem Kilometer passierten zwischen Wesel und Lüneburg auf der Kreisstraße 27 vier Pkw-Unfälle.
Werden Unfallschwerpunkt erkannt, macht sich eine Kommission daran, Lösungen zu entwickeln, um die Gefahrenstellen zu entschärfen. Dies Unfallkommission besteht u. a. aus Vertretern des Landkreises Harburg, der Polizei sowie der Verkehrsbehörde. So wurden in den vergangenen Jahren beispielsweise an der B75 in Kakenstorf oder am Evendorfer Kreuz Fahrbahnmarkierungen verändert und Tempolimits gesenkt. Mit Erfolg. Der Unfall-Atlas weist dort keine Unfallhäufungen mehr aus. Diese Maßnahmen zeigen aber nur Wirkung, solange es nicht zu einem klassischen Vorfahrtsverstoß kommt.
Unfall-Atlas
Im interaktiven Atlas der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder ist für 2017 jeder Unfall mit Personenschaden in Niedersachsen verzeichnet. Er basiert auf den Daten der Polizei. Nach der Definition sind Unfallopfer, die länger als 24 Stunden in einem Krankenhaus liegen, schwer verletzt.
Kritisiert wird der Atlas dafür, dass er keine Ursachen für den Unfall aufzeigt. Diese sind jedoch in der polizeiinternen Statistik angegeben. Die Onlinekarte kann seit dieser Woche unter dem folgenden Link aufgerufen werden: www.unfallatlas.statistikportal.de