Buchholz. An der Gesundheitsfachschule Buchholz sind mehr männliche Auszubildende ins neue Lehrjahr gestartet als jemals zuvor.

Als Niedersachsens Gesundheitsministerin Dr. Carola Reimann Ende Juni zum Pflegegipfel im Krankenhaus Buchholz weilte, forderte sie dort mehr wirksame Anreize für die Arbeit in Pflegeberufen. „Dazu zähle ich neben Schulgeldfreiheit eine angemessene Ausbildungsvergütung und eine Imageaufbesserung“, so Reimann. Um auf diese Weise nicht zuletzt auch mehr männliche Akteure in die vorrangig von Frauen geprägte Pflege zu bekommen.

Die anhaltende öffentliche Diskussion zum Thema Pflegenotstand ist in der Nordheide offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen. Als in der Gesundheitsfachschule im Gewerbegebiet Vaenser Heide am 1. August das neue Lehrjahr begann, nahmen dort gleich sieben junge Männer ihre Ausbildung auf. „Das ist Rekord für unsere Schule, mehr als fünf waren es noch nie“, sagte die neue Schulleiterin Eva Husung.

Aus ihrer Sicht hätten sich die Zukunftschancen in diesem Beruf deutlich verbessert. Durch eine erhöhte Durchlässigkeit bei der Weiterbildung und zum Studium, sichere Arbeitsplätze und eine größere Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung.

„Ich arbeite einfach viel lieber mit Menschen als mit Maschinen“, gesteht Jan Homann. Der 20-Jährige aus Ollsen in der Samtgemeinde Hanstedt hat bereits 2015 sein Abitur gemacht. Um sich zu orientieren, absolvierte er anschließend ein Bundesfreiwilligenjahr, arbeitete beim Krankentransport und als Pflegehelfer in der Waldklinik Jesteburg. „Dieses Metier hat mich schon immer interessiert. Außerdem halte ich es für eine lohnende Aufgabe, selbst etwas gegen den Pflegenotstand zu tun.“

Die Pflegeschüler (v.l.) Jan Homann, Jan Schaefer, Amir Khalaf und  Tobias Schmill mit der Leiterin der Pflegeschule Eva Husung in der Bibliothek
Die Pflegeschüler (v.l.) Jan Homann, Jan Schaefer, Amir Khalaf und  Tobias Schmill mit der Leiterin der Pflegeschule Eva Husung in der Bibliothek © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Namensvetter Jan Schaefer aus Bardowick bei Lüneburg sammelte nach dem Abitur erste Erfahrungen während eines Freiwilligen Sozialen Jahrs, unter anderem auf der Intensivstation des Krankenhauses Winsen. „Verantwortung für das Wohl anderer zu übernehmen, halte ich prinzipiell für einen positiven Beweggrund“, sagt der 20-Jährige. Er macht allerdings auch keinen Hehl daraus, dass er mit der Pflegeausbildung Punkte für einen späteren Studienbeginn sammeln will.

Amir Khalaf stammt aus einer Medizinerfamilie. Ein Onkel ist Arzt, ein anderer Onkel Apotheker. Für den 19-Jährigen, der vor drei Jahren mit seinen Eltern vor dem Bürgerkrieg aus dem nordsyrischen Hasaka nach Deutschland geflohen ist, stellt anderen Menschen zu helfen, eine großartige Aufgabe dar. „Sie reizt mich aber auch deshalb, weil dieser Bereich sehr kommunikativ ist und Teamwork eine besondere Rolle spielt“, erklärt Amir.

Der aktive Fußballer und Referee träumt davon, später einmal auf einer unfallchirurgischen Station zu arbeiten: „Gern auch als Arzt, selbst wenn das sicher noch ein weiter Weg ist.“ Doch mit der dreijährigen Ausbildung an der Pflegefachschule werde er nun den nächsten Schritt gehen, nachdem er zuvor schon drei Jahre als Pflegeassistent im Heidehaus Jesteburg, dem Krankenhaus Buchholz und in Neu Wulmstorf gearbeitet habe.

Tobias Schmill sieht sich stark durch die Tätigkeit seiner Mutter bei der GesundHeits GmbH Deutschland geprägt. Der 17-Jährige aus Jesteburg absolvierte ein Praktikum auf der Intensivstation der Waldklinik und entdeckte dort seine Berufung. „Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie man mit kleinen Gesten große Wirkung bei den Patienten erzielen kann“, berichtet er. Deren Dankbarkeit verschaffe ihm oft selbst ein „gutes Gefühl“.

Dass sogar Ministerin Reimann bei ihrem Besuch in Buchholz ein „ausgeprägtes Imagedefizit der Pflegeberufe“ konstatierte, „die physisch und psychisch ungeheuer anspruchsvoll“ seien, ficht die neuen Pflegeschüler nicht an. Den Schichtdienst etwa beurteilen sie unisono sogar als vorteilhaft. „Diese antizyklischen Arbeitszeiten sind doch ganz praktisch. So hat man unter der Woche frei und kann zum Beispiel ganz in Ruhe einkaufen gehen, wenn die anderen arbeiten“, befand Jan Schaefer.

Der deutlich gestiegene Zulauf an der Pflegeschule dürfte indes auch auf die erstklassigen Rahmenbedingungen in der Gesundheitsfachschule zurückzuführen sein. Das neue Gebäude in der Vaenser Heide wurde erst Anfang Juli eingeweiht. Den 90 Auszubildenden stehen unter anderem drei helle Unterrichtsräume mit interaktiven Whiteboards, Dokumentenkamera und freiem WLAN-Zugang zur Verfügung. Hinzu kommen eine Bibliothek mit diversen Fachmedien, ein Computerarbeitsraum sowie ein Aufenthaltsraum mit Küche.

Ein nicht zu unterschätzendes Argument dürften nicht zuletzt die attraktiven Ausbildungsentgelte sein. „Im ersten Lehrjahr sind es 1048 Euro, im dritten 1200. Damit zählt die Pflege zu den bestbezahlten Ausbildungsberufen überhaupt“, sagt Eva Husung.

2500 Praxisstunden

Drei Jahre dauert die Ausbildung an der Gesundheitsfachschule. In dieser Zeit müssen von den Auszubildenden mindestens 2100 Theorie- und 2500 Praxisstunden absolviert werden.

Von 8 bis 15 Uhr dauert der Unterricht montags bis freitags an der Schule. Dem Blockunterricht folgen mehrwöchige Praktika.

Träger der Schule sind die Kreiskrankenhäuser Buchholz und Winsen. Kooperationen gibt es mit der Waldklinik Jesteburg, der Psychiatrischen Klinik Lüneburg und ambulanten Pflegediensten.

Fachabteilungen wie Chirurgie, Neurologie, Innere Medizin und Psychiatrie müssen ebenso durchlaufen werden wie Einsätze in der Wochenbettpflege und der ambulanten Pflege.