Sie heißen „Schwerelos“, „Blabla“, „Fischhalle“ oder „2 nach 4“. Über die Namen von Kneipen und Restaurants machen sich nur wenige Besucher und Passanten Gedanken. Was haben die Namen zu bedeuten? Und wer steckt dahinter? Jörg Riefenstahl und Lars Hansen haben sich auf Spurensuche begeben. 14 ausgewählte Harburger Kneipen, Lokale, ihre Wirte und die Antworten auf die Namensfrage stellen wir Ihnen heute vor.

    Einlaufkurve:

    Sie tragen Namen wie „Schwerelos“, „Blabla“, „Fischhalle“ oder „2 nach 4“? Jeder kennt sie. Doch die Namen von Kneipen und Restaurants finden nur selten Beachtung. Was steckt hinter den mehr oder weniger originellen Bezeichnungen? Was haben die Namen zu bedeuten? Und wer steckt eigentlich dahinter? Das Abendblatt hat sich in Harburg auf Spurensuche begeben. Und zum Teil überraschende Antworten bekommen. 13 Kneipen und Gatronomie-Betriebe und ihre Wirte stellen wir Ihnen heute vor.

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    Völlig losgelöst im „Schwerelos“

    Im Achterbahnrestaurant „Schwerelos“ im ehemaligen Palmspeicher kommen Speisen und Getränke seit 2010 aus luftiger Höhe über ein Gewirr von 17 Gleisen direkt an die Tische der Gäste. „Unser Name ist Programm. ,Schwerelos’ ergibt sich aus dem Konzept, Speisen mittels Schwerkraft an die Tische zu transportieren“, sagt Betriebsleiter Dennis Lebel. Mit dem Fahrstuhl werden die Gerichte fünf bis zehn Meter nach oben befördert, bevor sie von hier aus ihre kurze Reise zum Gast antreten. Das Verfahren ist patentiert. Bestellt wird am Tablet-PC, das Publikum ist bunt gemischt. Man kann im „Schwerelos“ auch Junggesellenabschiede und Kindergeburtstage feiern.

    Restaurant „Schwerelos“, Harburger Schlossstraße 22, (Di.-Do. 16 bis 23 Uhr, Fr. u. Soa. 11.30 bis 23 Uhr)

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    Alles außer Fisch in der „Fischhalle“

    Als der Journalist und Gastronom Werner Pfeifer vor gut einem Jahr das Bistro und Kulturzentrum „Fischhalle“ eröffnete, staunten nicht wenige über den Namen. Das historische Gebäude war einigen Harburgern vielleicht noch als ehemalige Heuerstelle der Hafenarbeiter ein Begriff. Aber Fischhalle? „Wir haben einen alten Namen, der vergessen war, wiederbelebt“, verrät Werner Pfeifer, der das Gebäude liebevoll restauriert hat. „Ursprünglich war es eine städtische Fischhalle. Ein Altonaer Fischhändler lagerte hier von 1906 bis 1908 seine Waren.“ Heute vergnügen sich die Gäste in der „Fischhalle“, die auch die Harburger Geschichtswerkstatt beherbergt, an einem bunten Programm mit Live-Musik, Literatur und Tanz. Nur Fische gibt es nicht.

    „Fischhalle“, Kanalplatz 16 (Bistro Mi. bis Fr. 12 bis 20 Uhr, Soa. 15 bis 22 Uhr, So. 10 bis 18 Uhr. Variable Öffnungszeiten bei Veranstaltungen)

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    „La Leyla“, die Königin der Nacht

    Die „Alte Laterne“ in der Lasallestraße gehörte lange Zeit zum Phoenix-Viertel wie polnische und portugiesische Gastarbeiter. Aber diese Zeiten sind vorbei: Als in der „Laterne“ zum letzten Mal das Licht ausging, übernahmen Suzan und Leyla die Eckkneipe. Die beiden Schwestern mit türkischen Wurzeln sind unzertrennlich und machten mit viel Engagement aus der ehemaligen Pinte eine frische, moderne, orientalisch angehauchte Multi-Kulti-Bar mit feurigen Latino- und Balkannächten. „La Leyla ist wie ein Jugendzentrum für Erwachsene“, sagt Suzan, die sich den Namen ihrer Schwester auf den Unterarm tätowiert hat. „La Leyla bedeutet ,die Nacht’ im Sinne von ,die einzige Nacht’“, ergänzt Namenspatin Leyla.

    „La Leyla“, Lasallestraße 18 (Mo.-Fr. 14 bis 4 Uhr, Soa. u. So. ab 16 Uhr Open End)

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    Auf ein Bier zum „Schnulzenwirt“

    In den 1980er-Jahren haben Klaus und Jutta Mannek „Die Schnulze“ aus der Taufe gehoben. Nach Andy Hinrichs steht seit 2006 Schnulzenwirt Tim hinterm Tresen der urigen Kneipe und zapft Bier. Im Fenster liegt seit ewigen Zeiten eine nikotingeschwängerte MZ. Ein uraltes Grammophon und eine kaputte Violine hängen an der Wand. Auch sonst wirkt die einfache Kneipe wie aus der Zeit gefallen – und vielleicht gerade deshalb so gemütlich. „Studenten und Stammgäste kommen gern hierher und trinken ein Bier“, erzählt der Schnulzenwirt. Aus den Lautsprechern tönt Musik der 60er-, 70er- und 80er-Jahre bis heute. Hans Albers kann schon mal dabei sein. „Eine Schnulze ist ein altes Musikstück. Oder ein alter Film. ,Die Schnulze’ ist Inbegriff für Gemütlichkeit. Das passt doch“, sagt der Wirt.

    „Die Schnulze“, Winsener Straße 56 (Di. bis Soa., ab 18 Uhr Open End)

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    Ohne Sperrstunde im „2 nach 4“

    Als das „2 nach 4“ im Jahr 1982 im Phoenix Viertel eröffnete, galt in Hamburg noch die Sperrzeit um 4 Uhr früh. Danach trafen sich Nachtschwärmer in den ganz wenigen Kneipen, die länger geöffnet hatten. Ob das „2 nach 4“ dazu gehörte – und der Name eine Anspielung auf die verkürzte Sperrzeit ist? Schon möglich, beschwören will es aber niemand. Vielleicht kommt der Begriff auch aus der Seefahrt. „Kein Bier vor vier“, heißt es. Bilar hat die kleine Kneipe erst vor wenigen Monaten als Pächter übernommen. „Meine Tante hat hier schon gefeiert, als Jugendliche“, erzählt der Garstwirt. Die Gäste im „2 nach 4“ sind so bunt gemischt wie das Phoenix Viertel. „Wir haben hier viele ,Außengeländer’, sagt Bilar augenzwinkernd. „Und Stammgäste, die schon seit ihrer Jugend hierherkommen.“

    „2 nach 4“, Eddelbüttelstraße 4 (täglich ab 10 Uhr Open End)

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    „Corner“ – rund um die Uhr am Phoenix Center

    Gefühlt gibt es das Corner schon eine Ewigkeit. Wohl kaum ein Harburger Nachtschwärmer, der nicht irgendwann einmal in der Eckkneipe auf einen Absacker gelandet wäre. „Das Corner heißt schon immer so. Seit mehr als 50 Jahren. Corner, die Ecke. Wir haben den Namen beibehalten“, sagt Corner-Wirt Ali, waschechter Harburger mit kurdischen Wurzeln. „Ich bin in Harburg geboren. Meine Eltern haben bei Phoenix gearbeitet“, erzählt der Wirt, der im Phoenix Viertel aufgewachsen ist. Vor fünf Jahrenm hat Ali die Kneipe übernommen. Unterstützt wird Ali von Kurt, der sozusagen zum Inventar des Corner gehört. „Kurt ist der zweite Wirt. In den 1950er-Jahren befand sich hier übrigens die Filiale einer Bank“, erzählt Ali. Nachtschwärmer aller Nationen trudeln in seinen Laden, am Wochenende geht auf der kleinen Tanzfläche die Post ab. Geöffnet ist 365 Tage im Jahr praktisch rund um die Uhr. Mit einer Ausnahme: Zwischen 6 und 7 Uhr wird das Corner geputzt.

    „Corner“, Wilstorfer Straße 82, (geöffnet 365 Tage im Jahr rund um die Uhr)
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    Spielerisch im „Knobel Eck“

    Seit die Wirtsleute Heidi und Ingo Boelke das „Knobel Eck“ 1994 in Heimfeld eröffneten, wird an den Kneipentischen gespielt. Regelmäßig lädt Wirtin Heidi zum Preisknobeln. Gewinnern winken Fleisch- und Wurstwaren als Preise – wie eh und je, seit 24 Jahren. Skatturniere gehören in der Raucherkneipe mit Sparklub der Vergangenheit an. Zwischen Schmuckspiegeln mit Whisky-Werbung thront stattdessen eine Dartscheibe an der Wand. Nummernschilder aus den USA schmücken den Tresen – geheime Sammelleidenschaft von Ingo, der noch nie in Amerika war. Ingo hält sich dezent im Hintergrund. Er kümmert sich auch liebevoll um die Anpflanzungen vor seiner Kneipe. „Den Namen Knobel Eck haben wir uns ausgedacht“, sagt Heidi, die in der Skatkartenstadt Altenburg aufgewachsen ist, selbst aber nie Skat gespielt hat. „Eine Eckkneipe, in der geknobelt wird. Das ist das Knobel Eck, ganz einfach.“

    „Knobel Eck“, Denickestr. 94 (täglich ab 15 Uhr Open End, So. Ruhetag)

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    Clubrevoluzzer: Marias Ballroom

    Marias Ballroom hat Harburgs Clubkultur revolutioniert. Erst vor fünf Jahren gegründet, ist der Musikclub in der Lasallestraße, mitten im Phoenix-Viertel mittlerweile eine Adresse, die man in ganz Hamburg kennt – und deren Erfolg auch andere Wirte ermutigte, mehr Live-Musik zu wagen. Mit dem Namen hat es diese Bewandtnis: Ursprünglich war der Ballroom Untermieter des Clubraums der „Gaststätte bei Maria“. Mittlerweile hat Ballroom-Wirt Heimo Rademaker auch den vorderen Schankraum gepachtet und schick gemacht. „Hier können wir auch Veranstaltungen mit weniger Publikum machen; in der Woche zum Beispiel“, sagt er.

    „Marias Ballroom“ Lassallestraße 11, (Di. bis Do. ab 18 Uhr bis Ende, Fr. und Soa. ab 19.30 Uhr bis Event-Ende, So. nur bei Events geöffnet)

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    Die Stumpfe Ecke ist eine

    Warum die „Stumpfe Ecke“ „Stumpfe Ecke“ heißt, kann man nur noch mutmaßen. Das Haus zwischen Rieckhof und Marktkauf, in deren Erdgeschoss sich die Szenekneipe befindet, steht seit 1910 und stellt durch seinen trapezförmigen Grundriss tatsächlich eine stumpfe Ecke am Platz dar. „Die Kneipe hieß wohl schon immer so“, sagt Sabine Trefzer, seit dem Jahr 2000 Ecke-Chefin. „Ein Gast hat ein Harburger Branchenbuch von 1913 ausgegraben, in dem die „Stumpfe Ecke“ bereits verzeichnet ist.“

    Damit ist die stumpfe Ecke die älteste durchgehend betriebene Kneipe Harburgs. Seit den 80er-Jahren ist die „Ecke“ eine Szene-Kneipe, seit 2000 ist Sabine Trefzer Wirtin. Es gibt gemütliche Sofas, Doppelkopf-Abende und Aschenbecher.

    „Zur stumpfen Ecke“, Rieckhoffstraße 14 (Di. bis Soa., 18 Uhr bis last Order)

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    Der Name von der Insel: „Bla Bla“

    Das „Bla Bla“ in der Seevepassage gibt es seit mehr als 33 Jahren. Den Namen haben die Gründungswirte Cay Drölle und Constantino Englezos geklaut: Kurz vor der Eröffnung und immer noch ohne Idee, wie ihr Laden heißen sollte, feierten sie zwei auf Sylt. Das Tanzlokal, in dem sie versackten, hieß „Bla Bla“. Die Harburger Kneipe dann auch. Außer dem Namen mopsten die Gründer dort auch noch ein Piccolofläschchen Sekt, das heute noch zum Blabla-Inventar gehört.

    Wirtin Heike hat das Blabla vor 29 Jahren übernommen, nachdem sie vorher hier bedient hatte. Wenig später übernahm sie auch ihren Stammgast Torsten und heiratete ihn. Die zwei führen den Laden zusammen. Wer gerade nicht da ist, erzieht die Söhne. Gerade hat das Blabla sich neu aufgehübscht: Palettenmöbel und Polster bieten den Gästen – normale Harburger mit Sinn für ein ausgewogenes Durst-Preis-Verhältnis – zeitgemäß Platz.

    „Bla Bla“ Seevepassage 1-3 (Mo. bis Do. 11.30 bis 0.00 Uhr, Fr. u. Soa. bis 2 Uhr)

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    „Horse In Pub“ – Bürger, Bier und Burger

    Als das verschlafene Straßendorf Langenbek in der Kaiserzeit seine erste Wachstumsphase hatte, entstanden auf der Westseite der Winsener Straße mehrere mehrgeschossige Häuser. Die Großstadt hatte das Dorf eingeholt. Eines dieser Häuser war „Schulenburgs Club- und Bierlokal“. 1909 wurde es eröffnet. Hier trafen sich die Zeiten: Vor dem Haus eine Benzinzapfsäule hinter dem Haus Schweineställe und eine Schlachtstube für den Bedarf der Küche. Das Lokal schloss in den 90er Jahren, Büros zogen ein. Das Haus ist noch in Familienbesitz. Vor einem Jahr erkannte Gastro-Profi Matthias Hilk das Potenzial der Räume, pachtete sie und richtete die Gaststätte wieder her. In nur kurzer Zeit hat sich das Burgerbistro mit großem Craft-Beer-Angebot zu einem Langenbeker Nachbarschaftstreff entwickelt. „In den alten Sachen gab es ein Foto aus den 20er Jahren, das zeigte, wie ein Langenbeker Bauer auf seinem Arbeitspferd in die Gaststube geritten war“, sagt Hilk. „Daher rührt der Name ,Horse In Pub’“

    „Horse In Pub“, Winsener Str. 170 (täglich ab 12 bis 22 Uhr, Fr. u. Soa. bis 23 Uhr)

    Literarischer Kneipenname: „Komm du“

    Seit Dezember 2012 heißt die ehemalige „Gerichtslaube“ an der Ecke Helmsweh/Buxtehuder Straße „Komm du“. Das war nicht die einzige Veränderung. Aus dem reinen Speiselokal war ein Kulturcafé geworden: Lesungen, Konzerte, Improvisationstheater und Ausstellungen geben dem gastronomischen Genuss einen intellektuellen Rahmen. Die Einrichtung ist bunt zusammengewürfelt, so dass jeder Gast eine Ecke nach seinem Geschmack finden kann. Von Mittagstisch bis Abendessen, von Wasser bis Whisky bieten Britta Barthels und ihr Team eine breites Spektrum auf der Speisekarte. Britta Barthels ist von haus aus Tänzerin und stammt aus einer kulturell beschlagenen Familie. Ihr Vater Helmut ist Schriftsteller. „„Komm du“ ist eigentlich der Titel einer seiner Kurzgeschichten“, sagt Britta Barthel

    Kulturcafé „Komm du“, Buxtehuder Str. 13 (Mo bis Fr 7.30 bis 17 Uhr, Soa 9 bis 17 Uhr, an Veranstaltungstagen Open End)

    „Donnerwetter“ – In der Nähe blitzt es oft

    Das „Donnerwetter“ an der Cuxhavener Straße ist die einzige Kneipe in Neugraben, die zurecht die Vorsilbe „Kult“- verdient. Seit 33 Jahren werden in der alten Villa Biere gezapft, Gäste bekocht und Freundschaften geschlossen. So manche Eltern, deren Kinder heute hier einkehren, haben sich einst hier kennengelernt. Gegründet wurde das Lokal von Heiko-Hornbacher. Es ist die Keimzelle seines Gastro-Imperiums. „Damals fuhren wir aus Neugraben noch mit dem Nahverkehrszug Richtung Kiez“, erinnert er sich. „Das musste anders werden“ .

    Seit 18 Jahren schon ist Mattthias Winkelmann Chef und Pächter im Donnerwetter. „Wenn ich mich wohlfühle und Spaß habe, geht es meinen Gästen genauso“, sagt er. „Nur so kann man ein gutes Lokal führen.“

    „Donnerwetter“, Cuxhavener Str. 284 (Mo. bis Do. 17 bis 23 Uhr, Dr. u. Soa. bi 1 Uhr, So. bis 22 Uhr)

    „Zur Außenmühle“, Vinzenzweg 20 (Di bis Soa 10 bis 21 Uhr, So ab 15 Uhr Tanztee Eintritt 4 Euro)

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