Binnenhafen. Marodes Baudenkmal im Binnenhafen wird für zwei Millionen Euro im Internet angeboten – Geschichtswerkstatt wirft Besitzer Versagen vor.
Kommt die Kampagne der Geschichtswerkstatt Harburg zur Rettung der Likörfabrik Louis Hilke im Binnenhafen zu spät? Im Rahmen des Denkmaltags am vergangenen Wochenende hatten die Mitarbeiter mit mehreren Aktionen auf die bauliche Situation des 1859 entstandenen Gebäudekomplexes am Karnapp 15-16 aufmerksam gemacht. Doch offenbar hat Eigentümer HC Hagemann den Kampf um den Erhalt längst aufgegeben: Das Objekt steht auf der Online-Plattform Immobilien-Scout 24 zum Verkauf – für zwei Millionen Euro.
„Ich schätze Arne Weber wirklich sehr, da er im Binnenhafen viele Impulse gesetzt und strategisch sehr viel auf den Weg gebracht hat. Aber bei diesem prägenden Baudenkmal hat er unserer Ansicht nach versagt“, äußerte sich Birgit Caumanns, Vorstandsmitglied der Geschichtswerkstatt, gegenüber dem Abendblatt.
Arne Weber selbst erklärte auf Nachfrage erneut, die ehemalige Likörfabrik sei aufgrund ihres baulichen Zustands nicht mehr zu restaurieren. „Das ist wirtschaftlich einfach nicht darstellbar“, so der Chef des Bauunternehmens HC Hagemann. Der Verkauf wäre unterdessen nur eine Option. Bei „entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen“ sei eine Entwicklung des Projekts noch immer denkbar.
Die hätte es laut Caumanns längst geben können. Für städtebaulichen Denkmalschutz gebe es schließlich diverse Förderprogramme mit einer Finanzausstattung in erheblichem Umfang. Das bestätigte auch Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner: „Im Rahmen des RISE-Programms Städtebaulicher Denkmalschutz besteht die Möglichkeit, die Sanierung der Hilke-Häuser rentabler zu gestalten als dies ohne öffentliche Mittel möglich wäre.“ Nur seien diese eben nicht in Anspruch genommen worden, so Caumanns: „Das war offensichtlich gar nicht gewollt.“
Dabei habe es bei jedem Gespräch über Hilke in den vergangenen Jahren seitens HC Hagemann Zustimmung zum Erhalt der fast 160 Jahre alten Gebäude gegeben. Laut Penner zuletzt erst Mitte dieses Jahres. Federführend sei dabei allerdings nicht der Bezirk, sondern das Denkmalschutzamt.
An konkreten Planungen, welcher Nutzung die Immobilie zugeführt werden könnte, mangelte es in den zurückliegenden Jahren nicht. Bereits 2006 hatte Weber öffentlich „eine Renaissance“ der Likörfabrik als „neuen gastronomischen Treffpunkt“ in Aussicht gestellt.
Im September 2012 war dann von einem Neubau zwischen TuTech-Gebäude und Westlichem Bahnhofskanal unter Einbeziehung der ehemaligen Likörfabrik die Rede. Diesmal allerdings in Form einer Kantine und weiteren Büroräumen für die benachbarte TuTech.
Im April 2013 waren die Pläne dann von HC Hagemann-Prokurist Dr. Ingo Hadrych im Harburger Stadtplanungsausschuss sogar konkretisiert worden. Die beiden Hilke-Häuser am Karnapp sollten, ebenso wie der alte Schornstein vollständig erhalten bleiben, der Innenhof würde durch einen Neubau ergänzt. In den oberen Etagen seien zudem Seminar- und Konferenzräume geplant.
Die Fertigstellung war seinerzeit „vielleicht schon für Mitte 2014“ avisiert worden. Ob die baufälligen Hilke-Bauten durch den jahrelangen Leerstand überhaupt noch zu retten sind, darf derweil bezweifelt werden. Zwischenzeitlich hatte das Denkmalschutzamt zwar dem weiteren Eindringen von Regenwasser mittels einer provisorischen Eindeckung Einhalt geboten. Den massiven Schwammbefall aufhalten konnte diese Maßnahme aber nicht.
Als „Drama ohne Ende“ hatte Klaus Barnick von der Geschichtswerkstatt das Geschehen rund um die Hilke-Häuser kurz vor dem Denkmaltag gegeißelt. So wurden denn am Wochenende während einer Radtour am Sonnabend und am Rande der Ausstellung zum Thema in der Geschichtswerkstatt am Sonntag weitere Unterschriften zum Erhalt der alten Likörfabrik gesammelt.
Die Unterschriftenlisten liegen zudem in der Kulturwerkstatt am Kanalplatz, im Kunstverein im Bahnhof Harburg und in der „3falt – Kunst, Kultur, Kreativität“ in der Neuen Straße 44 aus.
„Auch ich unterstütze alle Maßnahmen, die zum Erhalt des Denkmalensembles führen“, ließ Baudezernent Jörg Heinrich Penner wissen. Das betreffe sowohl den heutigen Eigentümer als auch einen möglichen neuen Eigentümer, falls die Likörfabrik tatsächlich verkauft werden sollte.