Harburg. Bezirksamtsleiterinnenwahl: Bei einem Groko-Bruch wäre die Opposition zur Unterstützung bereit.
Zerbricht die große Koalition (Groko) aus CDU und SPD in der Harburger Bezirksversammlung an der Frage der Bezirksamtsleiterinnenwahl oder nicht? CDU und SPD hüllen sich in immer beharrlicheres Schweigen. Klar ist allerdings, wer mehr zu verlieren hat: Die CDU hätte es deutlich schwerer, ohne die SPD Mehrheiten zu beschaffen, als die SPD ohne die CDU. Grüne und Linke haben ihre Bereitschaft erklärt, die SPD-Wunschkandidatin Sophie Fredenhagen mitzutragen. Ganz bedingungslos ginge das allerdings nicht.
„Wir würden nur dann mit der SPD stimmen, wenn definitiv die Groko aufgelöst wird“, sagt Britta Hermann, Fraktionsvorsitzende der Grünen, „und wenn danach in der Bezirksversammlung eine Politik der wechselnden Mehrheiten zum Zuge kommt.“
Auch die Linkspartei will der SPD nicht mehr einfach so helfen. „Wir halten Sophie Fredenhagen für eine geeignete Kandidatin“ , sagt der Linken-Fraktionsvorsitzende Jörn Lohmann, „und wir würden die SPD auch unterstützen, sie zu wählen. Aber dafür müsste uns die SPD auch zusagen, uns in inhaltlichen Fragen entgegenzukommen – beispielsweise bei unser Forderung nach Ombudsleuten für die Jobcenter im Bezirk.“
Den Wunschzeitplan der SPD für die Wahl Fredenhagens noch im August könnte das gefährden, denn viel Zeit, um Inhalte zu verhandeln, bliebe nicht. Die Einladungsfrist für Sondersitzungen der Bezirksversammlung beträgt zehn Tage. Zwar ist der bezirkspolitische Terminkalender im August leer, so dass man nicht auf den sonst für Bezirksversammlungssitzungen üblichen letzten Dienstag im Monat – dessen Einladungsfrist würde Sonnabend enden – angewiesen ist, sondern noch bis Freitag, 31. August Zeit hätte. Aber auch für diesen Termin tickt die Uhr: Die Einladung muss am Dienstag, 21. August erfolgen.
Der Fraktionsvorstand der Linken hat seitens des Partei-Kreisvorstandes das Mandat zu verhandeln, müsste danach allerdings wieder Rücksprache mit dem Kreisvorstand halten. „Das geht innerhalb weniger Tage, aber erst einmal müssen wir verhandeln. Wenn die SPD so lange wartet, bis sie auf uns zukommt, hat sie selbst Schuld“, sagt Lohmann.
Aus Harburger Politikkreisen war zu hören, dass SPD-Kreisschef Frank Richter in diesen Tagen mit Grünen und Linken spricht. Bestätigen will das niemand. Erste Sondierungsgespräche hatte es bereits Anfang Juli im Vorwege der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD gegeben. Bei der allerdings entschied sich die SPD, ihrem bockigen Koalitionspartner noch eine Chance zu geben und eine Frist bis Ende Juli zu setzen, der Kandidatin Fredenhagen zuzustimmen und diese Ende August zu wählen.
Zuvor hatte die CDU die Bereitschaft zum Entgegenkommen angedeutet. Gleich nach dem koalitionsrettenden SPD-Beschluss bremste die CDU jedoch schon wieder: Ultimaten ließe man sich von der SPD nicht aufzwingen, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf Dieter Fischer.
Schon nach dem Delegiertenbeschluss hatte sich die Grünen-Fraktionschefin Britta Hermann enttäuscht geäußert: „Wir waren bereit, uns aktiv an konstruktiven Alternativen zu beteiligen. Für uns wäre es an der Zeit gewesen, von der Groko in eine Politik von wechselnden Mehrheiten überzugehen. Der Verbleib in der Groko ist eine Entscheidung gegen eine Weiterentwicklung Harburgs. Stattdessen steht eine endlose und überflüssige Diskussion in der Groko zur Besetzung der Bezirksamtsleitung im Vordergrund, deren Inhalte sich niemanden erschließen.“
In der Tat hat die CDU seit der Absage der Bezirksamtsleiterwahl Ende Juni nie dargelegt, was sie eigentlich gegen Fredenhagen hat. Die SPD hingegen hat klare Argumente für ihre Kandidatin: Führungserfahrung und gute Vernetzung in der Hamburger Verwaltung, und die Möglichkeit, sofort das Amt anzutreten.
Bei aller Verschwiegenheit macht SPD-Kreisschef Frank Richter eines deutlich: „Wir bestehen auf dem Wahltermin Ende August!“
Auch mit der CDU sei man darüber noch im Gespräch. Mit wem die SPD bei der CDU noch verhandelt, ist nicht klar: Ralf-Dieter Fischer ist in dieser Woche nicht in Hamburg, heißt es aus seinem Büro.
Viele Kombinationsmöglichkeiten
Die Harburger Bezirksversammlung hat 51 Abgeordnete. 19 davon gehören der SPD an, 14 der CDU. Für eine Stimmenmehrheit ohne den Koalitionspartner müsste sich die SPD lediglich das Votum von sechs Abgeordneten anderer Parteien sichern, die CDU bräuchte schon 12. Grüne und Linke stellen je fünf Abgeordnete, die Neuen Liberalen und die AfD je drei. Die FDP hat zwei Bezirksabgeordnete und deshalb keinen Fraktionsstatus. In einem System wechselnder Mehrheiten gäbe es viele Kombinationsmöglichkeiten für themenbezogene Kooperationen.