Harburg. Immobilienberater prognostizieren steigende Büromieten bis 15 Euro. Quartier hat durch höheren Anteil von Wohnen gewonnen.

„Wir sind in der Entwicklung des Binnenhafens gerade einmal bei der Hälfte angekommen.“ Das sagt Marc Rohrer vom Büroimmobilienberater Cushman & Wakefield, der global zu den größten drei Unternehmen der Branche zählt. Seit Februar ist die Beratungsfirma im Harburger Binnenhafen aktiv.

Damals erhielt sie den Zuschlag, den Verkauf eines großen Immobilienpakets im Wert von geschätzt mehr als 100 Millionen Euro zu organisieren. Mit dabei ist das Wahrzeichen des Binnenhafens, der 75 Meter hohe Channel Tower, der Palmspeicher und die ihn umgebenden modernen Bürogebäude am Westlichen Bahnhofskanal (Channel 1–4).

Rund 50.000 Quadratmeter Bürofläche sollen den Eigentümer wechseln, sagt Rohrer, der in der Hamburger Niederlassung von Cushman & Wakefield den Investmentbereich leitet. Im gesamten Binnenhafen gibt es 160.000 bis 170.000 Quadratmeter Bürofläche. Und die wird immer teurer vermietet.

„Die Spitzenmieten für Büroräume südlich der Elbe werden im Binnenhafen gezahlt“, sagt Rohrers Mitarbeiter Florian Peters. Er hatte zuvor zehn Jahre lang in Hamburg Büroimmobilien vermietet. „Wir haben derzeit Mieten von 10,50 bis 14 Euro pro Quadratmeter, und sie werden weiter steigen, insbesondere wenn der Hamburg Innovation Port (HIP) auf den Markt kommt.“ Für den ersten Bauabschnitt wurde im Juni der Grundstein gelegt.

Büromieten seien in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen. Mieter von Neubauten seien bereit, 14 bis 15 Euro zu zahlen, sagt Peters. Er beobachte den Binnenhafen schon länger und freue sich über die Entwicklung – „ohne die Technische Universität wäre sie nicht möglich gewesen“.

Erst durch sie sei es gelungen, viele junge Technologie-Unternehmen im Binnenhafen anzusiedeln. Durch die TUHH sei der Binnenhafen der wichtigste Innovationsstandort in Hamburg, „wenn nicht in Norddeutschland“, sagt Peters.

Technische Universitättreibt die Entwicklung an

Mit dem Startup Dock und der TuTech ist die Technische Universität maßgeblich daran beteiligt, dass es im Binnenhafen eine lebendige Gründerszene gibt. Zudem ist die TU mit eigenen Instituten vertreten und, so Rohrer, ein „Treiber der weiteren Entwicklung“. Sie wird der Hauptmieter im ersten Bauabschnitt des Technologiezentrums HIP werden.

Dort werden 6000 Quadratmeter Nutzfläche entstehen, die zum Großteil für die TUHH maßgeschneidert werden. „Wir haben besondere Ansprüche, brauchen wenig Büroraum, aber viel Platz für Labore und Werkstätten“, sagt Ralf Grote, der als Leiter der Präsidialabteilung das politisch beschlossene Wachstum der TU managt.

Grote gehört auch dem Vorstand des channel hamburg e.V. an, einem Zusammenschluss von Firmen und Institutionen, die im Binnenhafen residieren. Er plädiert für ein qualitatives Wachstum des Quartiers: „Freie Grundstücke, die entwickelt werden können, gibt es immer weniger.

Deshalb sollte die Entwicklung neu justiert werden: etwas weg vom Immobilienmanagement hin zum Quartiersmanagement. Wir haben im Binnenhafen inzwischen ein Mix aus Büronutzung, Wissenschaft, Gewerbe und Wohnen. Damit verbunden sind unterschiedliche Interessen, die es abzuwägen gilt.“

Das Wohnen habe den Standort bereichert, sagt Peters, „hier ist abends etwas los, inklusive Gastronomie“. Dass es noch Luft nach oben gibt, zeigt die Tatsache, dass derzeit zwei Gastro-Räumlichkeiten leer stehen: Das „Mühlenstein“ (zuvor „Marinas“) am Schellerdamm hat vor gut zwei Jahren geschlossen, und zum Juli dieses Jahres ist auch das „Nordlicht“ am Veritaskai erloschen.

Das Gebäude, in dem das „Mühlenstein“ betrieben wurde – inklusive Terrassenbereich auf dem Westlichen Bahnhofskanal – gehört zu dem jetzt im Verkauf befindlichen Immobilienpaket. „Wir werden dem neuen Investor ans Herz legen, dort wieder eine Gastrofläche einzurichten“, sagt Rohrer – schon wegen des attraktiven Außenbereichs, der in diesem Sommer sicherlich ein Anziehungspunkt im Binnenhafen geworden wäre.

40 Prozent der TU-Studenten wohnen in Harburg

Ralf Grote geht davon aus, dass es im Binnenhafen, gerade im Zusammenhang mit dem HIP, in Zukunft ein größeres Angebot an Wohnraum und Gastronomie für Studenten geben wird. „Wir würden das gern selbst auf unserem Grundstück an der Harburger Schloßstraße 36 realisieren und sind dazu mit dem Studierendenwerk im Gespräch.“ Noch befinden sich dort die Laborräume des Instituts für Umwelttechnik und Energiewirtschaft. Es soll im kommenden Jahr in den ersten Bauabschnitt des HIP umziehen.

Grote wünscht sich, dass mehr TU-Studenten ihren Wohnort im Bezirk Harburg haben – „der Anteil wächst, er liegt jetzt bei 40 Prozent“. Die Kritik mancher Harburger, „ihr“ Binnenhafen sei schon jetzt nicht mehr wiederzuerkennen, verliere an Charme und sei unerschwinglich geworden, kann Grote nicht nachvollziehen: „Wir betreiben hier keine Gentrifizierung auf Kosten der Harburger. Hier hat niemand gewohnt, der durch die Entwicklung hätte verdrängt werden können.“