Gesundheitsamt des Kreises schlägt Alarm. Schilder warnen vor Blaualgen. Nur Seen in Holm-Seppensen und Hörsten sind unbelastet.
Die Sonne lässt den Pulvermühlenteich glitzern. Perfekte Bedingungen, um sich nach einem Bad unter dem wolkenfreien Himmel trocknen zu lassen. Astrid Stelzer vergräbt ihre Füße im Sand und sucht mit der dreijährigen Emma-Sophie Schatten unter ihren bunten Sonnenschirmen. Großmutter und Enkelin könnten in Meckelfeld sorglos planschen und schwimmen – wären da nicht die orangefarbenen Warnschilder, die vor Blaualgen warnen. Aufgestellt von Mitarbeitern des Kreis-Gesundheitsamtes.
Die Bakterien trüben das Wasser zwar ein und machen das Ufer rutschig. Astrid Stelzer und Emma-Sophie hält das aber nicht davon ab, ins Wasser zu gehen. „Uns ist noch nie etwas passiert und Kinder müssen hier sowieso Schwimmflügel tragen. Viele nehmen zusätzlich auch noch Gummitierchen mit in den See – ein Risiko weniger“, sagt Stelzer. Allerdings erzählt sie auch, dass es kostenbedingt keinen Bademeister mehr gebe. Wer kontrolliert also die Schwimmflügel-Pflicht bei Kindern?
Die meisten Badegäste an der Pulvermühle sind ebenso unbesorgt wie die alte und die junge Dame. Sie haben noch keine Blaualgen gesichtet. „Es sind so viele Schadstoffe in der Luft. Da spielen die Blaualgen doch gar keine Rolle“, sagt Agniszka Riek, die mit ihrem achtjährigen Jonathan zum Teich gekommen ist.
Ohnehin ist das Wasser am Ufer zunächst eher klar, am Anfang etwas sandig und erst nach ein paar Metern schlickig. Siegfried Müller hat trotzdem ein mulmiges Gefühl: „Seit es das Warnschild gibt, war ich nicht mehr im Wasser“, sagt Müller. Er befürchtet, krank zu werden. Andere Badegäste haben die Warnschilder noch gar nicht wahrgenommen.
In drei Badeseen haben sich die Bakterien ausgebreitet
Der Pulvermühlenteich ist jedoch nicht der einzige und auch nicht der am stärksten von Blaualgen befallene See im Landkreis. In Ramelsloh wurden schon am 19. Juni zum ersten Mal Blaualgen festgestellt, wie Jürgen Albrecht, Gesundheitsingenieur im Gesundheitsamt der Kreisverwaltung, sagt. Der Badeteich ist im Landkreis der See, der am stärksten von Algen befallen ist.
Außer am Pulvermühlenteich haben Mitarbeiter des Gesundheitsamtes am vergangenen Montag im See im Maschener Moor erstmals Blaualgen festgestellt. Die Algenfelder driften an der Oberfläche bei Wind hin und her. Daher können Schwimmer sie an diesen beiden Badestellen noch umgehen.
Algenfrei sind dagegen der See im großen Moor Hörsten und der kleinere Badeteich in Holm-Seppensen, der von seinem Durchfluss profitiert. In beiden Gewässern kann man gut baden. Sie sind der Tipp von Albrecht, der als Maschinenbau-Ingenieur zusätzlich auch Umwelt- und Hygienetechnik an einer Fachhochschule in Lübeck studiert hat.
Am See im großen Moor herrscht am Donnerstag somit auch reges Treiben. Kinder spielen im Wasser, essen Eis und haben ihre Sandschaufeln mitgebracht. Jugendliche sonnen sich und haben ihre Handtücher am Strand ausgebreitet. Eine ältere Dame ist gerade aus dem Wasser gekommen: „Ich freue mich, dass ich in diesem Jahr schwimmen kann. Im vergangenen Sommer waren die Temperaturen dafür ja weniger geeignet,“ sagt sie.
Grundsätzlich nehmen Mitarbeiter des Landkreises alle vier Wochen Proben aus den Seen. Das schreibt das EU-Recht vor. Jetzt im Sommer wird aber jede Woche kontrolliert.
Die gute Nachricht: Verboten werden musste das Baden bisher aufgrund der Bakterien noch nicht. Die schlechte Nachricht: Albrecht geht davon aus, dass sich bei anhaltend warmen Wetter die Algen noch weiter ausbreiten.
Während die Gewässer im Landkreis Harburg nun in der ersten Hälfte des Sommers Abkühlung bieten, haben die Badewilligen im Hamburger Bezirk Harburg gar keine Möglichkeit, einfach im Grünen schwimmen zu gehen.
In Harburg gibt es keine Seen und Flüsse für Schwimmer
Den schönen Sommer wohl voraus ahnend hatten die FDP-Bezirksabgeordneten Viktoria Ehlers – damals noch Pawlowski – und Carsten Schuster eine Anfrage an das Bezirksamt gestellt, ob und wo man in Harburgs Gewässern eine Badestelle einrichten könnte. Die Antwort war ernüchternd: Es gibt keine geeigneten Seen und Flüsse in Harburg. Intensiv geprüft wurden die Außenmühle und der Neuländer Baggerteich.
Für den Neuländer Baggerteich wurde 2009 eine Machbarkeitsstudie für eine abgetrennte Badestelle in Auftrag gegeben. Das Projekt wurde aber schon aus Kostengründen nicht weiterverfolgt. 1,4 Millionen Euro Investitions- und jährlich 55.000 Euro Betriebskosten schienen unwirtschaftlich. Außerdem sind der See und dessen Umgebung Landschaftsschutzgebiet.
Duschen, Toiletten, ein Kiosk oder gar eine Wasserrutsche, könnten deshalb nirgends aufgebaut werden. Eine geringe Sichttiefe und abrutschgefährdete Abbruchklanten im ehemaligen Baggersee sind ebenfalls Ausschlusskriterien für das Baden. So gehen auch nur wenige der Liegewiesenbesucher am See tatsächlich in den See: Ewald Berg zum Beispiel. „Man muss mit dem Boden wirklich etwas aufpassen“, sagt er, „aber ich kenne die sicheren Stellen.“
Vorschlag: Ein Badeschiff für den Binnenhafen
Etwas weiter sonnt sich Studentin Annkatrin Meier. „Eigentlich gehe ich hier nicht ins Wasser“, sagt sie, „aber neulich haben mich Freunde einfach mit hineingezerrt.“ Nun genießt sie den Nachmittag.
Der Außenmühlenteich wurde als stark nährstoffreiches, Gewässer eingestuft. Wollte man das Wasser aufbereiten, wäre mit hohen Kosten verbunden. Hintergrund: Der Teich ist stark durch Enten- und Hundekot verunreinigt. Die Umweltbehörde hat ausdrücklich von einer Badenutzung im Außenmühlenteich abgeraten. Noch vor dem Harburger Freibad, das in den 90er-Jahren dem Midsommerland wich, hatte es allerdings an der Außenmühle eine Badeanstalt im Teich gegeben, ebenso wie am Seevekanal in Höhe Kanzlershof.
„Meine Hoffnung ist, dass es im Binnenhafen eines Tages ein Badeschiff geben wird“, sagt Viktoria Ehlers. „Das wäre ein cooler und innovativer Freizeitspaß und würde prima zu Harburg passen.“
Informationen zu Cyanobakterien
Blaualgen sind eigentlich Bakterien, Cyanobakterien. Sie entstehen bei einer zu hohen Wassertemperatur, in Verbindung mit einem hohen Stickstoff- und Phosphorgehalt. Erkennen kann man das Bakterium an bläulichen Schlieren auf dem Wasser. Bei starker Blüte bilden sich nicht nur solche Schlieren, sondern auch Schaumberge oder rahmartige Schichten auf der Wasseroberfläche. Dies kann sowohl in tiefen als auch in flachen Gewässern geschehen.
Hautkontakt mit den Algen oder versehentliches Schlucken von algenhaltigem Wasser kann zu Übelkeit, Erbrechen und Hautrötungen führen. Die Bakterien können ein Toxin erzeugen, das gesundheitsschädlich ist. Weil die Haut von Kindern besonders empfindlich reagiert, sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder nicht in Uferbereichen spielen. In ihnen kann der Wind die Cyanobakterien anreichern. Tiere können sogar an einer Blaualgenvergiftung sterben.
Trübt sich Wasser durch die Blaualgen ein, kann es schwierig werden, verunglückte Personen in einem See zu finden. Algenteppiche sind jedoch wind- und wetterabhängig und können sich wieder auflösen.
Weitere Informationen zu den Badeseen gibt es unter http://www.apps.nlga.niedersachsen.de/eu/batlas/