Neu Eckel. Für Hummeln und Bienen: Landwirtschaftsverbände fördern Blumenpflanzungen auf Brachland. Doch immer wieder werden die Blumen gepflückt.

Es duftet etwas nach Kamille am Rande des fast erntereifen Rapsfeldes zwischen Klecken, Eckel und Buchholz. Daneben, auf einem scheinbar unbestellten Feld schaukeln unzählige Kohlweißlinge über blühende Halme, ein leises Summen von Hummeln und Bienen ist zu vernehmen. Ottmar Petersen, Landwirt aus Klecken, ist dem Aufruf der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gefolgt und hat hier statt Getreide Blühpflanzen ausgesät und damit eine Bienenweide geschaffen.

Die landwirtschaftlichen Beratungsträger hatten im Frühjahr das Kuratorium gegen Insektensterben ins Leben gerufen, um Landwirte dazu anzuregen, auf Brachflächen Blühpflanzen auszusäen. Auch auf ihrem Internetportal www.landwirtschaft-harburg.de weisen die landwirtschaftlichen Interessenvertreter auf die Aktion hin.

„Wir haben großes Interesse daran, die Insekten zu erhalten“, betont Ulrich Peper, Leiter der Landwirtschaftskammer-Außenstelle in Buchholz. Dank der warmen Witterung ist 2018 ein gutes Insektenjahr. „Wir wollen Insekten eine Zukunft geben“, sagt Peper. Die Blühflächen seien dabei nur eine Maßnahme.

Die Landwirte erhalten – wie für alle Anbausorten – für Blühflächen Fördermittel. Die Basisförderung beträgt 300 Euro pro Hektar – das deckt meist gerade die Kosten, Gewinne lassen sich mit Blühflächen kaum erzielen.

Stärker gefördert werden die Blühstreifen an Feldrändern, die meist dort angelegt werden, wo landwirtschaftliche Maschinen nicht hinkommen, wo Abstandsgebote gelten oder wo der Boden weniger Erträge erwarten lässt. Die Kehrseite der Medaille: Immer wieder kommt es vor, dass Spaziergänger sich an der Blütenpracht bedienen und sich Sträuße für Zuhause pflücken. Die Landwirte müssten dann Subventionen zurückzahlen.

Marienkäfer sind als Blattlausfresser sehr willkommen auf dem Acker
Marienkäfer sind als Blattlausfresser sehr willkommen auf dem Acker © Corinna Panek | Corinna Panek

„Es ist nicht erlaubt, Blumen von den Blühflächen zu pflücken“, betont daher Ulrich Peper. Nicht einmal das Betreten sei erlaubt: „Auch Insekten leiden unter Stress, verursacht durch Lärm, Verkehr, Baumaßnahmen oder auch Lichtemissionen“, sagt Peper. Die Blühstreifen und -flächen bieten nicht nur den kleinen geflügelten Tierchen Zuflucht und Nahrung, sondern auch Vögeln oder Hasen.

„Wir haben daher in Winsen, Eckel, Lindhorst, Garstedt, Hollenstedt, Vahrendorf und Hanstedt Infotafeln aufgestellt“, erklärt Hartmut Peters vom landwirtschaftlichen Beratungsring Hohe Geest. Mit einem Trick – der an dieser Stelle nicht verraten wird – werden die Passanten auf das Schild aufmerksam gemacht.

Zum Einsatz kommen Blühpflanzenmischungen, die mehrere Vorteile haben: Die Blütezeiten verteilen sich von Anfang Juni bis Mitte Oktober, die Insekten finden über Monate abwechslungsreiche Nahrung vor, und es werden mittlerweile vorwiegend Pflanzen ausgesät, die weniger attraktiv für die Blumenvase daheim sind. „Für diese Zwecke gibt es ja auch die Selbstpflücker-Blumenfelder, zu erkennen an der Kasse am Eingang“, sagt Ulrich Peper.

Für Bienen, Wespen und Schmetterlinge gibt es zum Beispiel Senf, Lupinen, Phacelia, Ölrettich und Sonnenblumen. „Ob sie üppig blühen, ist nicht wichtig. Vielmehr zählt, wie viel Pollen und Nektar sie liefern“, sagt Hartmut Peters. „Die Landwirte haben aber auch ihre Freude daran“, sagt er. Ackerbesitzer Ottmar Petersen kann das nur bestätigen. Vielleicht sät er auch im kommenden Jahr an selber Stelle Blühpflanzen aus. Rundherum baut er noch Raps, Wintergerste, Winterroggen, Sommergerste und Rüben an – und derzeit auf knapp 4 Hektar Blühpflanzen. Außerdem hält er 800 Mastschweine.

Die Landwirtschaftsverbände regen auch den regelmäßigen Austausch zwischen Imkern und Landwirten an. Zur Bestäubung der Obstblüten und des Getreides müssen sie Hand in Hand arbeiten. Die Erträge der Bauern sind unmittelbar von den bestäubenden Insekten abhängig. „Deswegen sind wir sehr daran interessiert, dass es Insekten gut geht“, sagt Ulrich Peper.

Doch mit Blühflächen allein ist es nicht getan: So werden die als insektenschädigend geltenden Pflanzenschutzmittel der Sorte Neonicotinoide zum Jahresende verboten. „Wir wollen den integrierten Anbau forcieren“, sagt Peper. Das bedeutet, es werden Pflanzenschutzmittel erst spät angewendet, nicht beim ersten Auftreten eines Schädlings, es kommen selektiv wirkende Mittel zum Einsatz. Langfristig kann dies aber auch zu einem Wechsel der Anbausorten führen.

Etwa beim Raps: Die Erlöse aus dem Rapsanbau sanken in den vergangenen Jahren, andererseits ist die gelb blühende Ölsaat empfindlich für Schädlinge. „Das kann dazu führen, dass der Rapsanbau noch weiter zurückgeht“, sagt Peper.

Nicht zuletzt könnten auch private Gartenbesitzer ihren Beitrag leisten, indem sie Insekten Brut- und Ruhezonen schaffen und insektenfreundliche Blühpflanzen einsetzen.

Verbraucherhinweise und mehr

1035 Hektar Blühflächen sind im Landkreis Harburg in diesem Jahr von den Landwirten angelegt worden. Das entspricht drei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche.

Die Internetseite www.landwirtschaft-harburg.de informiert über das Projekt. Darüber hinaus stellen sich landwirtschaftliche Betriebe vor, die sich zum Beispiel auch als Direktvermarkter empfehlen. Über ein Kontaktformular können die Nutzer Fragen an die Landwirte stellen, einige Antworten werden auf der Internetseite auch veröffentlicht.