Harburg. Lessing-Stadtteilschulezieht im Oktober um. Am alten Standort neue Grundschule für 6,7 Millionen Euro.
Der Tag, den Rudolf Helmut Kauer mit mindestens drei roten Kreuzen in seinem Kalender markiert, ist der 17. Oktober 2018. Was es damit auf sich hat, steht auch schon im Jahresplan für das kommende Schuljahr: „Neustart Hanhoopsfeld“ ist dort in der Rubrik für den besagten Mittwoch eingetragen. Nach gut sieben Jahren der Planungen, Verhandlungen und Bauzeit, wird es endlich geschafft sein. Die Lessing-Stadtteilschule, bislang auf zwei Standorte – Am Soldatenfriedhof 21 und Sinstorfer Weg 40 – verteilt, hat dann den Schulcampus Hanhoopsfeld bezogen, den mit 44,9 Millionen Euro größten Schulneubau Hamburgs.
Ein Mammutprojekt, das neben dem Neubau für die Stadtteilschule auch die Erweiterung des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums umfasst. Herz des Campus’ ist eine Multifunktionshalle mit Pausenhalle, Mensa, Küche sowie Räumen für Musik, Kunst und Theater, die beide Schulen gemeinsam nutzen: schulische Heimat für 1600 Schüler.
Rudolf Helmut Kauer ist stressresistent und besondere Herausforderungen gewohnt. Als 2010 in Hamburg die Stadtteilschulen ins Leben gerufen wurden, war er der Geburtshelfer der Lessing-Stadtteilschule, einem Zusammenschluss des Lessing-Aufbaugymnasiums sowie den früheren Haupt- und Realschulen Sinstorf und Hanhoopsfeld. Sein Mission war es, zusammenzuführen, was ursprünglich nicht zusammen gehörte. „Eine richtig heftige Aufgabe“, erinnert sich Kauer noch heute: „Drei Kollegien wurden zu einem. Da galt es, erst mal Verständnis füreinander zu entwickeln.“
Das ist in der aktuellen Situation anders: alle ziehen an einem Strang und wollen nur das eine: endlich den neuen Campus beziehen. Einfach ist es trotzdem nicht. „So einen Neubau zu begleiten, ist ein riesiger Akt“, sagt Kauer. Das bezieht alle ein, seine 120 Kollegen und die insgesamt 950 Schüler, zu denen 320 Fünft- bis Achtklässler gehören, die derzeit noch am Sinstorfer Weg 40 zur Schule gehen.
Um den Umzug zu wuppen, wurde in den vergangenen sechs Wochen vor den Sommerferien Bestandsaufnahme gemacht, auch im Keller des Friedrich-Ebert-Gymnasiums, wo ein Teil der Möbel der Stadtteilschule eingelagert ist. Ein Ergebnis der Inventarisierung: 4372 Möbelstücke werden zu verladen sein. Und auch das wurde schon ermittelt: 1000 Meter Regalfläche werden am neuen Standort benötigt.
Das Einpacken der Kisten soll vor den Herbstferien über die Bühne gehen – vom 24. bis 28. September. Das Umzugsunternehmen ist für die erste Woche der Herbstferien (1. bis 12. Oktober) geordert. Die Lehrer bleiben danach erst mal unter sich, Während die Schüler sich über zwei zusätzliche freie Tage (15./16. Oktober) freuen dürfen, werden sie sich in der Zeit ans Auspacken und Einräumen machen. Dann endlich: 17. Oktober, der Neustart.
Vor allem Schulleiter Kauer sehnt den Tag herbei. Schon im vergangenen Jahr hätte er in Ruhestand gehen können. Kam für ihn aber nicht infrage. „Mindestens ein Jahr will ich in den neuen Räumen noch regieren“, sagt er. Mit einem Augenzwinkern
Und die alten Standorte? Was am Sinstorfer Weg 40 passiert, steht noch nicht fest. „Die weitere Nutzung befindet sich noch in Klärung“, teilt die Finanzbehörde mit. Anders sieht es Am Soldatenfriedhof 21 aus. In dem denkmalgeschützten Gebäude entsteht eine neue vierzügige Grundschule – für 6,7 Millionen Euro soll es von Sommer 2019 an saniert und umgebaut werden und 2020 fertig sein.
Zunächst war vorgesehen, dass hier die Schule Kerschensteiner Straße einzieht. Doch die fühlt sich nach ihrem Umzug an die Baererstraße – ursprünglich nur als Zwischenlösung gedacht – längst so wohl, dass sich dort alle über diese Planänderung freuen.
Für die Behörde besteht indes kein Zweifel, dass eine weitere Grundschule (Arbeitstitel: Schule am Park) dringend gebraucht wird: „Sie wird durch den Anstieg der Schülerzahl im Kerngebiet Harburg auf voraussichtlich 1100 Erstklässler zum Schuljahr 2020/21 langfristig benötigt.“
Respekt und Toleranz im Sinne Lessings
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) wurde als Pfarrerssohn in Kamenz geboren; gestorben ist er in Braunschweig. In Leipzig und Wittenberg studierte er Theologie, Philosophie und Medizin. Danach lebte er u. a. in Berlin, wo er für mehrere Zeitungen schrieb. Mit seinen Dramen und Kritiken ist Lessing der wohl bedeutendste Vertreter der deutschen Aufklärung. Zu seinen Werken gehört das Lustspiel Minna von Barnhelm und die Tragödie Nathan der Weise. Mit dem Nathan schuf er einen großen Beitrag für Toleranz gegenüber der Religionszugehörigkeit von Menschen. Die Lessing-Stadtteilschule leitet daraus ihr Leitbild ab: „An unserer Schule wird Respekt und Toleranz im Sinne Lessings gelebt.“