Undeloh . Stute und Wallach standen auf Weide am Neubaugebiet in Undeloh. Die Tiere erlitten stark blutende Bisswunden an den Läufen.

Seit Mitte vergangener Woche herrscht große Verunsicherung im Heidedorf Undeloh. Auf der Weide hinter dem Neubaugebiet sind in der Nacht zum 13. Juni zwei Pferde angegriffen worden. Sie wiesen Verletzungen an den Vorderbeinen und in einem Fall auch an der Hinterhand auf. Schnell war von einer Wolfsattacke die Rede. „Das ist bisher aber nichts weiter als eine Vermutung. Umfassende Untersuchungen sind zwar eingeleitet worden, aber längst noch nicht abgeschlossen“, erklärte Bettina Dörr, Sprecherin des zuständigen Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).

Vier Großpferde standen zur fraglichen Zeit auf der Koppel. Zwei von ihnen, eine Stute und ein Wallach sind betroffen. „Es handelt sich um absolut gesunde Pferde, das macht die Attacke umso brisanter“, sagt Henry Homann, erfahrener Reiter und Sohn des Bürgermeisters. „Jetzt geht die Angst um. Weil jeder fürchtet, schon bald könnten eigene Tiere gefährdet sein. Selbst Hundehalter sind alarmiert“, so Homann.

Im Umfeld des kleinen Heidedorfes sollen Schäfer, Jäger und Mitglieder des Vereins Naturschutzpark Lüneburger Heide schon des öfteren Wölfe gesichtet haben. Das hätte die Sorge der Undeloher nur noch vergrößert. „Pferde sind normalerweise wehrhafte Tiere. Deshalb kommen angesichts der Verletzungen fast nur Wölfe als Verursacher in Frage“, mutmaßt Homann.

Das wollte Marc Sander so nicht bestätigen. Er ist einer von acht ehrenamtlichen Wolfsberatern im Heidekreis. Sie werden stets hinzugezogen, wann immer Wölfe gesichtet werden oder im Verdacht stehen, Schäden an Nutztieren verursacht zu haben. Sander war am 13. Juni auch an Ort und Stelle, um gemeinsam mit einer Veterinärin und einer Biologin die Umstände des Vorfalls auf der Undeloher Weide zu dokumentieren.

„Bestätigen kann ich Bissverletzungen, bei denen auch viel Blut geflossen ist“, sagte Sander dem Abendblatt. Nachdem die Wunden versorgt worden seien, hätten sich die Verletzungen aber als weniger dramatisch erwiesen, als zunächst angenommen. „Ob die Wunden tatsächlich Wölfen zuzuschreiben sind, muss sich erst noch zeigen“, so Sander.

Als Täter kommen auch Luchs, Hund oder Fuchs infrage. Aus diesem Grund sind bei den Pferden mehrere Abstriche genommen worden. Die Gewebeproben werden jetzt im Senckenberg-Institut in Gelnhausen bei Frankfurt, dem nationalen Referenzlabor für Wolfsgenetik, unter anderem einer DNA-Analyse unterzogen.

Tatsache sei indes, dass Wölfen vor allem Schafe, Ziegen und Kälber zum Opfer fallen würden. Pferde gehörten hingegen eher nicht ins typische Beuteschema. „Mit ihren Hufen können sie Angreifer schwer verletzen. Das riskieren Wölfe für gewöhnlich nicht, müssen sie als Futterbeschaffer doch stets für sich selbst sorgen“, erläutert Sander. Andererseits seien in Skandinavien auch Fälle dokumentiert worden, in denen Wölfe sogar Elche zur Strecke gebracht hätten: „Dann können sie natürlich auch Pferde töten“, so Sander.

Laut aktuellem Wolfsmonitoring sind in Niedersachsen derzeit 13 Rudel, vier Paare und ein einzelner Wolf unterwegs. Der Landkreis Harburg gilt aktuell nicht als festes Revier des Canis lupus. Allerdings steht im Raum Hanstedt eine achtköpfige Gruppe unter Beobachtung, zu der sieben Welpen gehören. „Allerdings ist bislang noch unklar, ob es sich um ein neues Rudel, oder aber um ein durchwanderndes Rudel aus dem benachbarten Schneverdingen handelt“, so NLWKN-Sprecherin Bettina Dörr.

Im Landkreis Harburg sind im laufenden Jahr bereits zwei weitere Fälle von Nutztierrissen aktenkundig geworden. Am 14. März wurden in Ashausen drei Schafe Opfer einer Wolfsattacke. In Nindorf waren es am 1. März sogar sechs Schafe, darunter vier Lämmer. Hier steht der Nachweis der Täterschaft allerdings noch ebenso aus, wie in Undeloh.

Unterdessen sind in ganz Niedersachsen seit Jahresbeginn auch schon 14 Wölfe tot aufgefunden worden, zwei davon im Landkreis Harburg: Am 19. März ein weiblicher Welpe an der A39 bei Winsen und am 3. Mai ein männlicher Altwolf an der A7-Anschlussstelle Egestorf. „Wir haben in diesem Jahr deutlich mehr tote Wölfe registriert, als etwa in Brandenburg und Sachsen“, sagte Verena Harms, stellvertretende Leiterin des niedersächsischen Wolfsbüros. Zwölf kamen bei Verkehrsunfällen ums Leben, zwei sind illegal getötet worden.