Harburg. Am Wochenende war das 18. Binnenhafenfest. Am verkaufsoffenen Sonntag stand das Thema Inklusion im Mittelpunkt.
Das diesjährige Hafenfest begann mit einem Paukenschlag, den niemand wollte: Am Freitagabend spülte gegen halb neun Uhr ein Gewitter mit Starkregen die Besucher vom Kanal- und vom Lotseplatz, inklusive Stromausfall auf einer der beiden Bühnen – eigentlich wollten die Zuschauer in einer lauen Sommernacht das Musikprogramm zum Festauftakt genießen. An den folgenden Tagen blieb es weitgehend trocken. Insgesamt ließen sich jedoch weniger Gäste sehen als in manchen Jahren zuvor.
„Es gab zu viele andere Veranstaltungen in Hamburg“, sagte Stefan Arndt vom Organisationsteam des Hafenfests, Eigner des historischen Binnenschleppers „Omka“. So mag der eine oder andere potenzielle Besucher von der anderen Elbseite den Start der Altonale oder (am Freitag) das Elbjazz-Festival vorgezogen oder aber mit den dunklen Wolken am Himmel gehadert haben. Doch Zehntausende Menschen haben sich auch dieses Jahr an den Kaikanten des Lotsekanals eingefunden und genossen die maritime Atmosphäre von Land aus oder auf dem Wasser.
Schlepper „Omka“ war früher für DDR-Reederei im Einsatz
Zwei besondere Gäste hatte Stefan Arndt an Bord: Hannelore Noack war aus Eisenhüttenstadt (Brandenburg) angereist, um auf dem Schiff mitzufahren, auf dem einst ihr Ehemann als Schiffsführer arbeitete. „Mein Mann Jürgen war 1972 nach Hamburg gekommen, als die ,Omka’ zum VEB Binnenreederei der DDR gehörte“, erzählt die 80-Jährige, die mit ihrer Tochter Barbara Tarnick Harburg besuchte. Damals hatten die DDR und die damalige Tschechoslowakei in Hamburg jeweils ein Hafenbecken gepachtet, den Moldau- und den Saalehafen zwischen der Veddel und dem Kleinen Grasbrook. Dort war Jürgen Noack aktiv.
„Die Arbeiter der Reederei übernachteten auf einem Wohnschiff im Peutehafen. Jeder hatte eine eigene Kajüte“, berichtete Hannelore Noack von vergangenen Zeiten. „Mein Mann fuhr die Arbeiter vom Wohnschiff zu den Binnenschiffen und zurück, die ersten zwei Jahre auf der ,Omka’ und danach auf der moderneren ,Butt’. Noch heute höre ich von Kollegen aus der alten Zeit beim Namen ,Omka’ sofort die Reaktion: Na klar, die kenne ich!“
Leider seien 1992 bei der Abwicklung der Reederei viele Akten vernichtet worden, sagt sie. Fest steht: Das Schiff wurde 1992 an die Werft Wismar verkauft und dann weiter an einen privaten Eigner. Der bot das 1926 erbaute Schiff zur Verschrottung an – nun schlug die Stunde von Stefan Arndt. Er kaufte den „verrosteten Eimer“, wie er sagt, investierte zehn Jahre und „einen Geldbetrag, für den Sie ein Einfamilienhau bauen können“, um den alten Hafenschlepper wieder in Fahrt zu bringen. Inzwischen gehört die „Omka“ zum Binnenhafen. In diesem Jahr feierte dieser sein 18. Fest, die „Omka“ war mit einer Ausnahme immer dabei.
Das Hafenfest bleibe ein Treffpunkt von Freunden, sagte Arndt. Und tatsächlich war immer wieder an den Bühnen, Bierständen oder in den Sitzbereichen ein fröhliches „hallo, ach, ihr seid auch hier!“ zu hören. In diesem Jahr gab es sogar einen Mini-Beachclub zum gemeinsamen Entspannen: Werner Pfeifer hatte sein Bühnenprogramm der Fischhalle auf die kleine Terrasse hinter dem Gebäude verlagert, die derzeit mit aufgeschüttetem Sand umgeben ist. Schnell ein paar Liegestühle aufgestellt, und das Strand-Gefühl ist perfekt. „Zwei Wochen lang haben wir hier den kleinsten Beachclub Hamburgs. Dann wird ein Großteil der Fläche gepflastert“, sagte der Hausherr.
Am Sonntag war im Binnenhafen der mehr los. „Das Wetter ist traumhaft, und wir haben den Tag der offenen Tür der Wasserschutzpolizei, der gut angenommen wird“, sagte Wolfgang Messow von der Kulturwerkstatt Harburg, die das Fest federführend organisiert. Ein kostenloser Shuttledienst verband die Festmeile vom neuen Bootsanleger am Lotsekanal mit dem Polizeigebäude am Überwinterungshafen. Messow: „Viele Besucher lassen sich Zeit und bleiben an den Buden oder vor einer Bühne hängen.“ Messow, der an der Organisation beteiligt und alle drei Tage im Binnenhafen war, schätzt, dass durchschnittlich um die 25.000 Besucher zur Harburger Waterkant kamen.
Zudem lockte der Verkaufsoffene Sonntag Publikum nach Harburg. Allerdings blieben die beiden Veranstaltungen voneinander getrennt. Eigentlich sollte eine kleine Bimmelbahn die Orte verbinden. Doch im letzten Moment stoppte die Behörde für Wirtschaft und Verkehr das Bahnprojekt. Citymanagerin Melanie Gitte Lansmann bedauert das: „Viele Harburg-Besucher wollen zu beiden Veranstaltungen. Ich bin schon mehrfach nach dem Weg zum Binnenhafenfest gefragt worden.“
Der Sonntagsverkauf stand in der ganzen Stadt unter dem Motto Inklusion und Integration. In Harburg wurde er zur „Bühne für alle“ am Lüneburger Tor: mit einem Kulturprogramm, das Künstler mit und ohne Behinderungen gestalteten. Durch den Nachmittag führte launig und eloquent Michel Arriens, der sich selbst „Inklusionsaktivist“ nennt.
Die Aktion „Eine Bühne für alle“, organisiert vom BHH Sozialkontor, fand bereits 2017 statt. Als Fest, auf dem Menschen mit und ohne Handicap zusammen kommen. Auch damals war Michel Arriens als Moderator im Einsatz. Der Kleinwüchsige freut sich über die Kooperation mit der Harburger Geschäftswelt anlässlich des Verkaufsoffenen Sonntags. „Auf vielen inklusiven Veranstaltungen sieht man im Publikum fast ausschließlich Menschen, die ebenfalls Behinderungen haben, und deren Angehörige“, sagte Arriens.
Der Verkaufsoffene Sonntag biete eine gute Möglichkeit, Begegnungen mit Normalbürgern zu schaffen, die sonst keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderungen haben, sagte Arriens und lobte die Stadt, die das Thema gesetzt hatte. „Noch brauchen wir die Inklusion, um Menschen herbei zu holen. Unser Ziel ist, die Inklusion abzuschaffen.“